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Die Mitternachtsrose

Die Mitternachtsrose

Titel: Die Mitternachtsrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucinda Riley
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der Natur. Für ein so junges Mädchen bist du sehr klug, Anahita. «
    » Manchmal « , entgegnete ich, als ich die Ferse meines Stiefels in den ausgedörrten Boden bohrte, » ist das ebenso sehr Fluch wie Segen. «
    » Wie meinst du das? «
    » Ich meine, einen Verstand zu haben, der der Welt Sinn abgewinnen möchte. « Ich sah ihn an. » Den meisten Frauen genügt es, hübsch zu sein und viele neue Kleider zu besitzen. «
    » Bei den Kleidern kann ich dir leider nicht helfen « , erklärte er schmunzelnd, » aber ich kann dir immerhin versichern, dass du hübsch bist, sogar sehr hübsch. Doch jetzt machen wir uns lieber auf den Heimweg. «
    Als wir vom Stall zum Haus gingen, sagte Donald plötzlich: » Unsere morgendlichen Ausritte werden mir fehlen. «
    » Mir auch. «
    Er beugte sich vor und küsste mich sanft auf die Wange. » AufWiedersehen, Anni, komm uns bald mal besuchen. Du bist eine ganz besondere junge Dame. Es war mir ein Vergnügen, dich kennenzulernen. «
    Während der gesamten Fahrt zur Schule in Eastbourne war ich euphorisch. Nicht einmal Indiras aufgeregtes Geplapper, wie sehr sie sich darauf freue, Celestria und die anderen Mächen wiederzusehen, und auch nicht der Gedanke, aufs Neue allein zu sein, konnten mir die Laune verderben.
    Denn ich kannte nun jemanden, der mich um meiner selbst willen mochte. Wir waren Freunde, das war alles. Zumindest versuchte ich, mir das einzureden, auch wenn die Erinnerung an seine Lippen auf meiner Wange etwas anderes sagte.

15
    Weil in den zwei folgenden Jahren in Europa der Krieg wütete, konnten Indira und ich nicht nach Indien zurück. Ich blieb während der Ferien in der Schule, während Indira sie bei unterschiedlichen Freundinnen verbrachte. Mir machte das nichts aus, denn viele der Mädchen saßen im selben Bootwie ich, darunter auch meine Freundin Charlotte. Ich nutzte dieZeit, um für meinen bevorstehenden Abschluss zu lernen.
    Indira und ich feierten unseren sechzehnten Geburtstag in der Schule mit Kuchen, die wegen des Eipulvers, das wir zum Backen verwenden mussten, steinhart waren. Indira wechselte zwischen ihren Freundinnen hin und her und ließ sich von mir trösten, wenn eine von ihnen etwas besonders Garstiges gesagt hatte. Irgendwann fand ich mich mit ihrer Launenhaftigkeit ab, weil ich wusste, dass sie, immer wenn ihr Selbstvertrauen erschüttert wurde, zu mir kam.
    Obwohl mich das verletzte, rief ich mir ins Gedächtnis, dass unsere Freundschaft mir immerhin die Bildung verschaffte, die mein Vater sich für mich gewünscht hatte. Ich war eine der besten Schülerinnen meiner Klasse, und die Lehrer begannen, mit mir über die Universität zu sprechen. Natürlich würde mir dieser Weg verschlossen bleiben, aber es freute mich, dass sie so viel von mir hielten.
    Weihnachten 1916 verbrachte ich in Astbury. Es gestaltete sich düster, weil Selina, wie es mir das Singen ja bereits gesagt hatte, die Nachricht erhalten hatte, dass ihr Mann im Oktober in Frankreich gefallen war. Und ein Haushalt in Trauer war kein Ort, an dem man festliche Stimmung erwarten konnte.
    Selina, die in ihrer schwarzen Witwenkleidung schmal und blass wirkte, rang sich bei meinem Anblick ein Lächeln ab.
    » Hallo, meine liebste Anni, wie schön, dein fröhliches Gesicht wieder hier in Astbury zu sehen. «
    Am folgenden Nachmittag bat sie mich, sie auf einem Spaziergang zu begleiten.
    » Es hat mich sehr betrübt, vom Tod Ihres Mannes zu hören, Selina « , sagte ich, als wir durch den mit Raureif überzogenen Garten schlenderten. Dichter Nebel hatte sich herabgesenkt, und die schwache Wintersonne wich der Nacht.
    » Danke « , sagte Selina. » Ich versuche noch, alldem einen Sinn abzugewinnen. Hugo war so jung und hatte das ganze Leben vor sich. Und jetzt… « , sie schwieg kurz, » …ist er tot. Mutter meint, ich soll mich mit Gebeten trösten wie sie. Aber offen gestanden sage ich nur leere Worte vor mich hin. Ich kann mich nicht dazu überwinden, in die Kapelle zu gehen. Findest du es schrecklich, dass ich meinen Glauben nun, da ich ihn am dringendsten benötigen würde, verloren zu haben scheine? «
    » Nein, natürlich nicht. Es fällt schwer zu begreifen, warum einem ein geliebter Mensch genommen wird « , erklärte ich. » Aber die Götter nehmen nicht nur, sie geben auch. Sie haben Ihre hübsche kleine Tochter, in der ein Teil von Hugo weiterlebt. «
    » Ja, und ich danke Gott– oder den Göttern– für sie « , versicherte Selina mir mit leiser Stimme. » Aber

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