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Die Mitternachtsrose

Die Mitternachtsrose

Titel: Die Mitternachtsrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucinda Riley
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betrachtete den abgetretenen Marmorfußboden und stellte sich die vielen armen Seelen vor, die im Lauf der Jahre hierhergekommen waren, um Trost zu suchen.
    Anthony schien in Gedanken versunken zu sein. Rebecca setzte sich neben ihn. » Glauben Sie an Gott, Anthony? «
    » Meine Urgroßmutter Maud war sehr religiös und hat meine Mutter und später auch mich streng im katholischen Glauben erzogen. Ich persönlich glaube an nichts. Offen gestanden war das immer schon so, obwohl ich in ihrer Gegenwart artig Lippenbekenntnisse abgelegt habe. Sind Sie gläubig? «
    »Über Religion habe ich mir nie viele Gedanken gemacht. Sie war jedenfalls kein wichtiger Teil meiner Kindheit, so viel steht fest.«
    »Der meinen schon. Auch wenn ich nicht mehr darüber nachgedacht haben dürfte als Sie. Für mich war das reine Routine, ohne tieferen Sinn, langweilig wie eine Mathematikstunde. Letztlich sehe ich nur das Chaos, das die Religion im Lauf der Jahrhunderte angerichtet hat. Und Mauds Besessenheit davon hat meiner Familie bloß geschadet. Sie war kein … warmherziger Mensch.«
    Er wandte sich Rebecca mit einem traurigen Lächeln zu. » Wollen wir wieder gehen? «
    » Ja. Danke, dass Sie mir die Kapelle gezeigt haben. «
    » Es war mir ein Vergnügen. «
    » Wo sind Ihre Vorfahren begraben? « , fragte Rebecca, die fürchtete, dass die Gräber sich direkt unter ihren Füßen befanden.
    » In einem grässlichen Gebäude im Park. Wenn Sie möchten, bringe ich Sie hin « , erbot sich Anthony, als sie die lange Galerie zurückgingen.
    » Leider habe ich schlimme Kopfschmerzen. Vielleicht ein andermal. «
    » Hoffentlich fühlen Sie sich morgen gut genug, um mir und unserem jungen indischen Freund Gesellschaft zu leisten. Mrs Trevathans Braten sind nicht zu verachten. «
    » Ich tue mein Bestes. «
    » Rebecca, ich … « Anthony sah sie einen Moment lang an und schüttelte dann den Kopf. » Nichts. Wollen wir hoffen, dass es Ihnen morgen besser geht. Brauchen Sie noch irgendetwas? «
    » Nur ein wenig Schlaf, denke ich. «
    » Ich verziehe mich jetzt wieder in meinen Garten. Danke für den schönen Tag. «
    Anthony entfernte sich in Richtung Terrasse, während Rebecca die Treppe hinaufstieg. In ihrem Zimmer schluckte sie noch eine Ibuprofentablette und legte sich aufs Bett. Zum ersten Mal wünschte sie sich, in einem Hotel zu sein, wo sie ein » Bitte nicht stören « -Schild an die Tür hängen könnte. Sie schloss die Augen und versuchte, sich zu entspannen.

18
    » Rebecca … Rebecca …? «
    Eine Stimme weckte sie. Als sie die Augen aufschlug, sah sie Mrs Trevathan.
    » Sie haben über drei Stunden geschlafen, es ist fast sieben. Ich hab mir gedacht, ich weck Sie lieber, sonst tun Sie später kein Auge zu. Ich hab Tee und Scones für Sie. «
    » Danke. « Rebecca fühlte sich benommen und desorientiert.
    » Seine Lordschaft sagt, Sie hätten starke Kopfschmerzen. Kann ich sonst noch was für Sie tun? Sie sehen sehr blass aus, meine Liebe. «
    » Nein, nein, es ist alles in Ordnung, danke « , antwortete Rebecca, schwang die Beine über die Bettkante und trat an den Tisch. » Nach dem Nickerchen fühle ich mich besser. «
    » Soll ich Ihnen den Tee einschenken? «
    » Ja bitte. «
    » Soweit ich weiß, haben wir morgen zum Mittagessen einen Gast. Sie haben Seiner Lordschaft also von dem indischen Herrn erzählt, der hier gewesen ist? «
    » Ja. « Rebecca sah die Missbilligung in Mrs Trevathans Miene. » Ist das ein Problem? «
    » Nein, nein. Im Moment ist nur alles so hektisch. Wir sind es einfach nicht gewöhnt, dass unser üblicher Tagesablauf durcheinandergebracht wird. «
    » Das kann ich mir vorstellen. Er ist sehr nett zu mir. Doch er wirkt einsam. Es geht mich ja nichts an, aber hat Anthony jemals eine Freundin gehabt? «
    » Nein, nicht wirklich. Man könnte behaupten, dass Seine Lordschaft ein eingefleischter Junggeselle ist, ein Einzelgänger. « Mrs Trevathan lächelte nachsichtig.
    » Ich weiß nicht, ob ich so ganz allein durchs Leben gehen wollte « , seufzte Rebecca und nahm einen Schluck Tee.
    » Jeder, wie er möchte, sage ich immer. Nicht jeder hat in der Liebe ein glückliches Händchen, oder? Außerdem leiste ich ihm ja Gesellschaft. Ich lasse Sie jetzt allein. «
    » Übrigens habe ich Anthony versprochen, ihm das Manuskript von Mr Malik zu geben, damit er es vor dessen Besuch morgen lesen kann. « Rebecca nahm es vom Nachtkästchen und reichte es Mrs Trevathan.
    Diese beäugte die Mappe misstrauisch. »

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