Die Mönche vom Sirius
Krake in Blau und Grün den rutschigen, breiten Nacken der Riesenschildkröte erreichte, entschloss sich Bailor dazu, ihn zu fragen, was er da tat.
Schließlich war es Bailor durchaus bewusst, dass er nach und nach mehr über seine Gastgeber erfahren musste, wenn er lange genug überleben wollte, um doch noch eines Tages von einem Star Corps Schiff gerettet zu werden.
Allerdings gab er sich in dieser Hinsicht keinen Illusionen hin. Er rechnete mit einem längeren Aufenthalt auf Meerwelt. Aber vielleicht gab es ja in der unterseeischen Christophorer-Station, die hier existieren sollte, noch Mönche, mit denen er in Kontakt treten konnte. Möglicherweise war die Station auf der Insel Äquatorland deshalb verlassen gewesen, weil man sich bereits in weiser Voraussicht der Kridan-Aktivitäten zurückgezogen hatte – was wieder drängende Fragen nach der Loyalität des Ordens gegenüber der Menschheit aufwarf.
Zumindest in Bailors Augen. »Was hast du getan?«, fragte er, nachdem er den Translator wieder aktiviert hatte.
Immer so einfach wie möglich formulieren! , dachte er. Und wenn dann mein Translator auch noch eine möglichst einfache Übersetzung findet, dürfte sich die Anzahl der Missverständnisse doch eigentlich in Grenzen halten …
Überraschenderweise gab es diesmal keinerlei Verständnisschwierigkeiten auf der Seite des Meerwelt-Kraken.
»Dem Großen Rücken geht es nicht gut«, gab der Krake in Blau und Grün zurück.
Der Große Rücken – welch ein passender Name für die Riesenschildkröte! , schmunzelte Bailor. Aber noch stand für ihn nicht wirklich fest, in welchem Verhältnis die Gemeinschaft der Meerwelt-Kraken und der Große Kücken nun eigentlich standen. War es eine Art Symbiose zweier Arten, von denen jeder Vorteile aus der Gesellschaft des anderen zog? Oder war dieses Verhältnis weit weniger gleichberechtigt, sodass es eher der Beziehung von Menschen zu ihren Nutztieren glich? Der Große Rücken – eine Art Reitpferd von gigantischen Ausmaßen?
Die Frage war, wer das Sagen darüber hatte, wohin die Reise ging.
Bailor hatte schon erlebt, dass die flossenartigen Extremitäten des Großen Rückens sich scheinbar ohne Beeinflussung durch den Clan von Meerwelt-Kraken in Bewegung gesetzt hatten. Dabei hatte die Riesenschildkröte regelrecht ein wenig Fahrt aufgenommen. Bei ruhiger See schaffte sie vier bis fünf Knoten. Zumindest schätzte Bailor dies, obwohl das mitten auf dem Ozean, auf dem es keinerlei Bezugspunkte gab, sehr schwer zu sagen war.
Bailors Schätzung beruhte auf dem Geschwindigkeitsvergleich mit ins Wasser gesprungenen Fischjägern unter den Kraken.
»Was fehlt dem Großen Rücken?«, fragte Bailor.
»Fehlt nichts.«
»Aber du sagst: Es geht ihm nicht gut.«
»Der Große Rücken stirbt.«
»Wann wird das der Fall sein?«
»Vielleicht bei der nächsten Finsternis. Vielleicht auch schon vorher. Unmöglich zu wissen. Aber wird nicht länger dauern bis zur dritten Finsternis.«
»Bis zur dritten Finsternis von heute an?«
»Ja.«
Der bevorstehende Tod der Schildkröte hatte zweifellos auch Konsequenzen für Bailor. Er konnte nur hoffen, dass das Riesentier dann noch eine Weile an der Oberfläche schwamm. Die Kraken konnten den Großen Rücken problemlos verlassen. Aber für Bailor traf das nicht zu.
»Werdet ihr auf dem Großen Rücken weiter wohnen?«, fragte Bailor.
»Nein«, gab der Krake in Blau und Grün Auskunft. »Nicht möglich.«
»Warum nicht?«
»Erst steigt schlechte Luft auf. Wolke aus Gift. Tötet. Feuer lodert auf, verbrennt alles. Kein Krake kann atmen. Keine Vorräte bleiben genießbar. Alles verwandelt sich in Gruft.«
Bailor nahm an, dass der Krake in Blau und Grün von Fäulnisgasen sprach, die nach dem Tod des Großen Rückens entwichen. Bei einem kilometergroßen Körper war es durchaus nicht unwahrscheinlich, dass es auch zu einem entsprechend großen Volumen an aufsteigenden Giftgasen kam. Der Beschreibung des Kraken in Blau und Grün nach konnte man annehmen, dass er unter anderem mit dem Austreten großer Mengen an Methan rechnete.
»Wenn Gas vorbei – Großer Rücken sinkt auf den Grund von allem.«
Er meint offenbar den Meeresgrund! , ging es Bailor durch den Kopf.
Dass es für das Meer oder den Ozean keine Begriffe in der einfachen Sprache der Kraken gab, wunderte Bailor überhaupt nicht.
Das Meer war einfach alles .
Warum hätte man dafür ein Extra-Wort erfinden sollen?
Die Sprache spiegelte damit ziemlich exakt die
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