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Die Mondrose

Die Mondrose

Titel: Die Mondrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Helmin
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betrifft, so könnte ich Ihnen das Verwalterheim von Milton’s Court zur Verfügung stellen. Zugegeben, es ist nicht Mount Othrys, aber Platz ist reichlich dort, und der Geschmack einer Dame hat schon aus ärgeren Schuppen Schmuckkästlein gemacht.«
    »Sie wollen …« Mühsam suchte der Deutsche sich zu fassen. »Sie wollen, dass Milton’s Court ein Hotel wird? Und Sie wollen mich als Ihren Partner?«
    »Warum denn nicht? Als Unternehmer braucht man auch ein wenig Abenteuerlust, stimmen Sie mir nicht zu?« Victor März sagte nichts mehr. Er starrte Hector nur an. Der genoss seinen Blick in vollen Zügen, ließ sich keinen sprühenden Funken in den goldenen Augen entgehen. Und das ist erst der Anfang, versprach er sich. Alles, was du dir erhofft hast, seit du den Kerl vor den Prügeln der Aufseher gerettet hast, erfüllt sich jetzt. »Mein Buchhalter könnte nächste Woche die Papiere aufsetzen. Natürlich nur, wenn Sie Interesse haben.«
    »Wenn ich Interesse habe?« Fahrig strichen die großen Hände über Gesicht und Haar. »Sie bieten mir die Teilhabe an einem Hotel und fragen mich, ob ich Interesse habe? Mr Weaver, ich habe von einem Hotel geträumt, seit ich hierhergekommen bin, und ich werde es Ihnen vergelten. Ich weiß, ich bin ein Habenichts ohne Bildung, aber das kann sich ändern. Wenn Sie je Hilfe brauchen – bitte denken Sie an Victor März.«
    »Schön gesprochen«, lobte Hector und hob sein Glas, um März zuzuprosten. Seit langer Zeit freute er sich endlich wieder auf das, was vor ihm lag, auf das Erregende, Neue, das jeder Tag ihm bringen konnte.

Kapitel 17
    Frühling
    S ie erpresste ihn. Sie hatte ihn in der Hand. Sobald sie nur zu ihm sagte: »Hast du Daphne nicht genug angetan?«, tat er alles, was sie von ihm verlangte. Seine Patientenkartei hatte sie übernommen und selbst herumgefragt, wer einen Arzt brauchte. Er hatte einen makellosen Ruf, jeder in der Stadt schien ihn zu lieben, aber vor dem, was er aus dem Spital einschleppte, hatten die Leute Angst. Mildred schreckte nicht davor zurück zu lügen: Dr. Weaver erledige für das Spital nur schriftliche Arbeit, er komme mit Patienten nicht in Berührung. Wen sie gewinnen konnte, den behandelte er ohne Widerspruch, und das Geld, das er einnahm, händigte er ihr aus. Sie steckte es in Daphnes Pflege und den Ausbau ihres Hotels. Denn so nannte sie das Altenteil inzwischen – mein Hotel.
    Hyperion arbeitete Tag und Nacht. Zur Wehr setzte er sich nie, denn was ihm dafür blühte, wusste er: Hast du Daphne nicht genug angetan? Soll sie sterben, weil der Mann, der ihr das eingebrockt hat, nicht für ihre Pflege aufkommt? Ich habe geglaubt, du seist der einzige Mann, der nichts von einem Tier hat, aber du bist tierischer als der letzte Dreckskerl aus der Gosse. Es gefiel ihr, ihn zu demütigen. Sie redete sich ein, sie bestrafe ihn damit für das Leid, das er ihrer Schwester zugefügt hatte. Manchmal weinte Daphne und bettelte: »Ich will meinen Mann sehen, Mildred. Warum lasst ihr meinen Mann nicht zu mir?«
    Mildred brachte ihr stattdessen Louis, der sie immer abzulenken wusste. Dein Mann weiß, warum er nicht zu dir darf, dachte sie grimmig. Weil er dich nicht verdient hat. Weil er schuld ist, wenn du stirbst.
    Ende April war Mildreds Anbau fertig. Sie hatte jetzt sechs Suiten und zwei Zimmer für allein reisende Herren zur Verfügung und war von Anfang Mai an ausgebucht. Als Nächstes würde sie einen Teesalon und ein exquisites Restaurant brauchen, etwas im Stil des Cathedral, obwohl neuerdings das Victoriana mit seiner Meeresnähe in Mode kam. Beides waren Grandhotels, ihrem kleinen Betrieb haushoch überlegen, aber das beeindruckte Mildred nicht. Eines Tages würde sie ein Grandhotel besitzen. Dass es dazu nicht genügte, an das Altenteil anzubauen, war ihr bewusst, doch was sie brauchte, würde sie von Hyperion bekommen. Du hast mir alles genommen, und dafür werde ich dir alles nehmen. Deine Frau und den Jungen, den du so sehr liebst. Und am Ende Mount Othrys.
    Der Frühling war herrlich. Daphne wollte in den Garten, und Priscilla schlug vor, sie hinunterzutragen und draußen in einen Korbstuhl zu setzen. Mildred verbot es – ihre Schwester sei zu schwach. Auch dass die mickrige Tochter, die Daphnes Gesundheit ruiniert hatte, ihr gebracht wurde, untersagte sie. Für Esther, die ohnehin nicht lange leben würde, war das Kindermädchen zuständig, schließlich wurde es teuer dafür bezahlt. Mildred hatte die Herrschaft übernommen, und

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