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Die Mondrose

Die Mondrose

Titel: Die Mondrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Helmin
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wischte er albern an seinen Handgelenken herum. »Ich möchte mir erst etwas aufbauen, einer Frau etwas bieten können, ehe ich … ehe ich ans Heiraten denke.«
    »Soso. Und wie alt wollen Sie sein, wenn Sie das geschafft haben? Neunzig? Meinen Sie, die dralle Miss Adams sitzt so lange züchtig am Herd und dreht Daumen?«
    Es war ein Schuss ins Blaue, den der Wein ihm eingab, und das Zucken, das über das Gesicht des Deutschen glitt, verriet ihm, wie gut er getroffen hatte. »Miss Adams und ich sind Freunde!«, rief er hastig. »Nichts Ehrenrühriges daran – wenn jemand versucht, Miss Adams’ Ruf zu beschmutzen, dann ist er ein Lügner und bekommt es mit mir zu tun.«
    »Soso«, sagte Hector noch einmal. »Aber wenn ich Ihnen nun die Möglichkeit gäbe, sich etwas aufzubauen, wie Sie sagen – wäre es dann nicht Miss Adams, die Sie um ihre Hand bitten würden? Na kommen Sie, März, seien Sie kein Stoffel. Mir können Sie’s doch sagen – glauben Sie, ich hätte nie geliebt?«
    »Doch natürlich, Sir. Mrs Weaver ist …«
    Hector lachte. »Mrs Weaver lassen wir dabei besser aus dem Spiel. Es war Miss Adams, von der wir sprachen. Also was ist, würden Sie nicht gern um sie anhalten?«
    Und ob du das tun wirst – und sie wird dir eine Abfuhr erteilen, wie du im Leben noch keine bekommen hast. Keinen Tag werde ich dich mehr aus den Augen lassen, damit mir dieser Moment nicht entgeht.
    Der Deutsche hatte den schönen Kopf gesenkt, dass das Haar ihm über die Stirn fiel. Welch ein Glück, dass noch niemand ihm beigebracht hatte, wie ein Mann sich ordentlich frisierte. »Es müsste ein großes Haus sein«, sagte er nahezu unhörbar. »Für meine Schwester und mich wären zwei saubere Zimmer genug. Aber Miss Adams …«
    »Die hat Ansprüche, was?«
    »Es steht ihr zu«, erwiderte der Deutsche still. »Sie ist eine Königin.«
    Selten hatte Hector einen Mann etwas so Albernes aussprechen hören, und dennoch berührte es ihn. »Ach, was ich Ihnen sagen wollte, März«, murmelte er gespielt beiläufig, »in der Gasanstalt sind Sie gekündigt. Ich bekomme einen Mann aus London, ich brauche Sie da nicht mehr.«
    Der Schrecken, der die dunklen Züge erstarren ließ, war köstlicher als Champagner. »Ich dachte, Sie wären mit meiner Arbeit zufrieden, Sir …«
    Hector ließ ihn ein, zwei Augenblicke zappeln, dann beugte er sich vor und klopfte ihm auf die Schulter. »Bin ich doch, März. Sie sind nicht gerade mein bestes Pferd im Stall, aber fraglos mein stärkster Maulesel.« Über den Vergleich musste er lachen, ehe er fortfuhr: »Ich gebe Ihnen eine andere Stellung. Sie kommen wieder nach Milton’s Court.«
    »Nach Milton’s Court?« Neuerliches Erschrecken blitzte im Gold der Augen.
    »Das schmeckt Ihnen nicht? Wie bedauerlich. Mir schien, Sie hätten ein gewisses Interesse am Hotelgeschäft.«
    »O ja, Sir!«, rief März eilfertig. »Ich beschäftige mich damit seit längerer Zeit. Wenn Sie meine Unterlagen einsehen wollen …«
    Hector winkte ab. »Ihre Unterlagen brauche ich nicht. Ich lasse meine von Fachleuten erstellen. Was ich brauche, ist ein Mann, der mir Milton’s Court vom Emigrantenpack reinigt und in der Lage ist, einen Umbau zu beaufsichtigen. Aus den Schlafsälen werden Fremdenzimmer. Einfachste Ausstattung, kein Schnickschnack und optimale Nutzung des Raums.«
    »Aber Milton’s Court ist an der Gewürzinsel!«, platzte März heraus und ließ seinen Blick durch den Raum schweifen, als wollte er die verschwenderische Pracht des Luxusrestaurants mit dem traurigen Speisesaal von Milton’s Court vergleichen.
    »Gut erkannt«, bemerkte Hector. »Aber was denken Sie denn? Dass nur die Reichen und Schönen verreisen wollen? Glauben Sie mir, Mann, das, was Sie in diesen Sommern seit der Eröffnung des Piers gesehen haben, ist erst der Anfang – und zwar der Anfang einer Sturmflut, die sich nicht mehr legen wird. In Kürze wird es Ihresgleichen genauso nach einer Sommerfrische verlangen wie den Londoner Geldadel und die Königin. Der Bedarf an bezahlbaren Fremdenzimmern wird enorm sein, und wie sage ich immer – Kleinvieh macht auch Mist.« Eine Weile ließ er das Gesagte im Hirn des Deutschen, das eine langsam mahlende Mühle war, Fuß fassen. »Was meinen Sie?«, fragte er dann. »Sie verwandeln mir meinen Emigrantensumpf in eine respektable Herberge für den kleinen Geldbeutel, und wenn Sie Ihre Sache gut machen, erlaube ich Ihnen, sich als mein Partner in das Projekt einzukaufen. Was das Haus

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