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Die Mondspielerin: Roman (German Edition)

Die Mondspielerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Mondspielerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina George
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Rom nach Frankfurt.« Die Fremde lächelte Marianne an. »Bitte schnallen Sie sich an und halten Sie den Gurt während des gesamten Fluges fest verschlossen.«
    Sie setzte den herumlungernden Katzen die Teller mit Hummertatar vor, als teile sie Getränke in zehntausend Fuß über dem Boden aus.
    Die Frau hatte Deutsch gesprochen! Wie lang hatte Marianne niemanden mehr in ihrer Sprache reden hören?
    »Wie … wie lange fliegen wir denn?«, fragte sie.
    Pascale Goichon schenkte ihr ein Lächeln, das sich sofort auflöste.
    »Keine Ahnung«, sagte sie unglücklich. »Ich bin ein bisschen vergesslich geworden, müssen Sie wissen.«
    Auf ihrem Gesicht konnten sich Freude und Trauer nicht entscheiden, sich endgültig niederzulassen. Dann wandte sich Pascale ab und begann, die Namen der Katzen aufzuzählen, während sie ihnen die Tellerchen vor die Schnäuzchen stellte: Petit choux  – kleiner Kohlkopf. Framboise  – Himbeere. Sie beugte sich zu Marianne, als ob sie ihr ein Geheimnis anvertrauen wollte. »Es sind die Seelen von Verstorbenen, und von Hexen. Oder auch von Lebenden, die sich einsam fühlten und ihre Katzenseele auf die Suche nach einem Zuhause schickten.«
    Marianne folgte der Frau in die Küche; dort nahm diese sich das nächste Tablett. Marianne ahnte, dass dies das Frühstück für die Hunde sein würde, die sie gesehen hatte. Sie nahm der Frau das schwere Tablett ab und folgte ihr.
    Pascale streichelte eine Windhündin. »Madame Pompadour. Sie hat ein Theater und eine Porzellanfabrik gegründet. Deswegen bekommt sie ihr Diner von Porzellan aus Sèvres. Compris?!«
    »Selbstverständlich.«
    »Die maîtresses en titre «, dozierte Pascale nun, während sie die Hunde fütterte »waren die Beherrscherinnen der Könige. Mit ihrer Vagina haben sie mehr Regierungsgeschäfte durchgesetzt, als es Historikern lieb wäre.«
    »Ach ja«, sagte Marianne und spürte, wie sie errötete.
    Ein rotblonder Pudel mit abgebissenem Ohr kam auf sie zu. »Anne de Bretagne. Unsere Königin. Sie verheiratete sich mit dem Frankenkönig, um ihr Land vor ihm zu verteidigen. Sie schuf das ›Haus der Prinzessin‹ mit neun dames galantes und vierzig Ehrenjungfrauen. Ein Regierungsbordell.«
    Pascale kitzelte dem Pudel stolz den Bauch.
    Pascale stellte Marianne die anderen Mätressen vor: Madame du Barry, Julia Farnese und Vannozza dei Cattanei, die Mätressen von Papst Alexander VI., Lady Jane Stewart. Zum Schluss deutete Pascale auf einen Dackel, dessen Ohren und Schwanz steil in die Höhe ragten: »Julie Récamier, nach ihr wurde die Recamiere benannt. Ihre Freundin, Baronin de Staël-Holstein, hat über Deutschland gesagt: ›Das Land der Dichter und Dackel‹«, erklärte Pascale.
    »Dichter und Denker«, korrigierte Marianne.
    »Ja, so oder so«, antwortete Pascale. »Und wer sind Sie nun?«
    »Ich bin Marianne Lanz.«
    »Aha. Madame Lance. Ich heiße Pascale.«
    »Was ist denn mit Ihrem Garten los, Pascale?«
    »Wieso?«
    »Ich hatte nie so einen Garten.«
    »Was hatten Sie dann?«
    »Rasen.«
    »Rasen? Was ist das für eine Blume?«
    Marianne ahnte, sie würde so nicht weiterkommen.
    »Haben Sie jemanden, der … der mit Ihnen hier lebt?«
    Pascale dachte nach.
    »Ich weiß nicht«, sagte sie dann traurig. »Ich weiß nur, dass ich nicht mehr ganz richtig ticke. Aber, wissen Sie, Mariann … am schlimmsten ist es, es zu wissen und nichts dagegen tun zu können. Es passiert. Mal bin ich da. Dann ist alles weg.« Sie griff nach Mariannes Hand. »In Amerika nehmen die Leute ihren dummen Omis die Pässe ab, schneiden die Etiketten aus den Kleidern, fahren sie zwei Staaten weiter und setzen sie da aus. Granny-Dumping. Das ist nicht nett, oder?«
    Marianne schüttelte den Kopf. Ihr grauste bei dem Gedanken!

    Emile sah mit verschränkten Armen von der Terrasse aus zu, wie die beiden Frauen den verwilderten Garten durchstreiften. Er hatte den Eindruck, als ob die Frau, die er als neue keginerez des Ar Mor wiedererkannte, sich nicht von einer Verrückten verschrecken ließ. Wer weiß. Vielleicht war sie ja auch verrückt.
    Verrückte hatten es einfach in der Bretagne – es waren die Durchschnittlichen, die hier nicht zurechtkamen. Trotzdem. Sie war keine Bretonin. Nicht mal Französin!
    Emile hinkte ins Haus und kam mit einer Kanne Wasser mit Honig, chouchen, und Gläsern zurück, dazu Baguette mit Kochschinken und Käse. Pascale vergaß, dass sie essen musste. Sie kannte weder Hunger noch Durst, und Emile musste sie daran

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