Die Monster-Strige
gegen ein Opfer, das rücklings am Boden lag.
Die Doppelspitze durchbohrte den Hals des Opfers.
Allein dieser Tatsache verdankte der Soldat den gnädigen Tod. Der Monster-Vogel aber war noch nicht fertig. Er beschäftigte sich auch weiterhin mit dem Toten, und als er schließlich zufrieden war, breitete er die Flügel aus und stieg hoch in den blauen Himmel, im Schnabel noch immer die Beute.
***
Wir hockten über dem Geschehen und konnten nichts tun. Wir konnten nur entsetzt sein. Obwohl uns der mächtige Körper des Vogels die Sicht nahm, wußte jeder von uns, was dort unten geschah. Wir sahen die hektischen Bewegungen des monströsen Tiers, das aus dieser Höhe mehr einem dunklen Felsen glich.
Er ließ sich Zeit.
Wir flogen weiter.
Die Sichtperspektive veränderte sich, denn wir hatten das Geschehen bereits hinter uns gelassen, und Ken Finlay hinter uns stöhnte laut auf.
Er konnte es ebensowenig fassen wie Suko und ich. Wir hatten als Zeugen miterlebt, wie sich die Monster-Strige einen Menschen geholt hatte!
Ich schaute nach hinten.
Dort saß Finlay wie angenagelt auf seinem Sitz. Aus seinem Gesicht war die Farbe verschwunden, und die Augen wirkten wie zwei leblose Steine.
»Es ist wieder da, John! Du hast es gesehen. Du hast es doch mit deinen eigenen Augen gesehen – oder?«
»Ja!«
Finlay atmete tief ein. Er suchte nach Worten, um seinen Schrecken ausdrücken zu können, aber es fiel ihm nichts ein.
Suko hatte sich an unserem Gespräch nicht beteiligt. Er schaute noch immer nach draußen, und wieder war er es, der uns seine Entdeckung preisgab. »Da ist sie wieder.«
»Wo?«
Er wies schräg nach unten und hatte sich nicht geirrt, denn tatsächlich sah auch ich die Monster-Strige. Diesmal allerdings flog sie, und ihre Beute transportierte sie im Schnabel. Wir sahen einen Arm und ein Bein, aber nicht den Kopf.
Ich stöhnte vor Wut. Wenig später war dieses Gefühl vergessen, denn da konnten wir uns nur wundern. Wir sahen noch zu, wie der riesige Körper kurz abfiel, als wollte er sich wie ein Stein in einen kleinen See fallen lassen, aber dazu kam es nicht mehr.
Kaum hatte er eine bestimmte Stelle in der Luft erreicht, da löste er sich auf.
So jedenfalls war es für uns zu sehen, aber es konnte auch sein, daß ihn die Luft einfach verschluckt hatte. Oder daß sich dort das Tor zu einer anderen Welt befand.
Jedenfalls war die Monster-Strige nicht mehr da. Und wer sie gesehen hatte, für den mußte es ein Alptraum gewesen sein und keine Realität wie für uns.
»Sagt etwas«, flüsterte Ken, weil keiner von uns sprechen wollte.
»Verdammt, ihr müßt…«
»Später«, murmelte ich.
Im Hintergrund lärmten noch immer die Kartenspieler. Aus dem Cockpit kam die Meldung, daß wir landen würden, aber ich schaute nicht aus dem Fenster, um alles zu beobachten, ich dachte an das fürchterliche Geschehen und fragte mich zugleich, ob die beiden Piloten vor uns nichts davon mitbekommen hatten. Der Stimme jedenfalls war nichts anzuhören gewesen. Sie hatte relativ neutral geklungen.
»Wir werden sie fragen«, flüsterte ich.
»Was meinst du, John?«
Ich winkte ab. »Nichts, ich habe ein Selbstgespräch geführt. Aber ich werde mit den beiden Piloten sprechen, denn sie müssen doch etwas gesehen haben.«
»Bestimmt.«
»Sie haben nicht reagiert, Suko.«
»Vielleicht waren sie zu sehr mit den Vorbereitungen zur Landung beschäftigt.«
»Möglich.«
»Ich frage mich nur, ob sie alles gesehen haben, was auch ich mitbekam.« Suko hatte leise gesprochen und schaute dabei auf seine Hände.
Er machte einen nachdenklichen Eindruck.
»Wie meinst du das?«
»Na ja, ich weiß es auch nicht genau, John. Aber ich frage mich, ob wir das gleiche gesehen haben. Alles, meine ich, bis zum bitteren Ende.«
»Jetzt hast du mich neugierig gemacht.«
»Das wollte ich auch.«
»Und warum?«
»Was ist dir aufgefallen, als dieses Flugmonstrum mit seiner Beute plötzlich verschwand?«
Ich begriff die Frage nicht so recht und mußte erst mal darüber nachdenken. »Keine Ahnung, Suko. Ich habe das gleiche gesehen wie du auch. Die Strige verschwand.«
»Ja.«
»Dann ist ja alles okay.«
»Nein.«
Ich wollte noch eine Frage stellen, aber der plötzliche Ruck ließ mich verstummen. Die Maschine hatte Kontakt mit der Landebahn bekommen und rollte aus.
»Nun mal raus damit, Suko! Was ist denn noch passiert?«
»Wenn du es nicht gesehen hast, will ich es dir erklären. Hundertprozentig sicher bin ich mir nicht,
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