Die Monster von Templeton
tickten vorüber, und meine Bewunderung für meinen Vater wuchs und wuchs. Er war derjenige, an den sich die Siedler wandten, wenn sie eine Straße zu ihrer Parzelle brauchten, wenn sie heiraten wollten oder es einen Zwist zu schlichten galt. Er war ein starker Mann, jemand, den niemand zu Boden ringen konnte. Ich wurde der Adlatus meines Vaters und übernahm mehr und mehr Aufgaben, während er begann, sich mit politischen Angelegenheiten zu befassen. Ich ritt zu den entfernt liegenden Farmen und nahm die Pachtgelder entgegen; ich führte die Bücher. Und das alles für einen wohlwollenden Klaps auf den Rücken. All diese Mühen, all die harte Arbeit in Schmutz und Kälte, nur damit mein Vater den Arm nach mir ausstreckte und mir spät in der Nacht zärtlich das Haar zerzauste, während er mir einen Brief diktierte und sich mir vom vielen Schreiben die Hand verkrampfte.
Als ich noch ein Junge war, sehnte ich mich manchmal danach, wie all die rosigen jungen Leute zu sein, die ich lachend auf ihren Schlitten vorüberfahren und im Park spielen sah. Doch mit vierzehn wusste ich immer noch nicht, wie man junge Männer und junge Frauen anzureden hatte; ich wusste nicht einmal, dass ich überhaupt das Recht hatte, ein Mädchen bewundernd anzuschauen. Während der langen Monate, nachdem die arme Anna das Zeitliche gesegnet hatte, schaute ich mir manchmal verstohlen den präparierten Puma an, der im Herrenclub stand, und verspürte eine unangenehme Ähnlichkeit mit ihm. Wie dieses Tier mit all seinen Drähten und dem ausgestopften Fell hatte mein Vater mich nach seinen Wünschen geformt.
Später wurde mein Vater ein Tory. Wenn ich damals überhaupt Zweifel hegte, dann behielt ich sie für mich. Freilich glaube ich, dass ich damals meinen Vater immer noch allzu sehr vergötterte, um wirklich aufzubegehren. Ich nahm es kaum zur Kenntnis, als Elihu Phinneysich von uns abwandte. Irgendwelchen Klatsch über meinen Vater bekam ich nie zu Gehör, all dieses Gerede über Dienstmädchen, über Bestechungsgelder. Und ebenso wenig bemerkte ich, dass mein Vater, der selber einst eine arme, ungebildete Seele gewesen war, begann, arme, ungebildete Seelen zu verachten.
Und dann kam jene Reise nach Albany, zwei Monate vor der Wahl. Mein Vater, ein Senator, hatte eine Sitzung, und sein verteufelter Anwalt Kent Peck und ich begleiteten ihn. Von dem Tag an, als ich nach Templeton gekommen war, hatte ich Kent Peck gehasst, sein zerfurchtes Gesicht, diesen ranzigen Gestank, der seinen Kleidern entwich. Die Art und Weise, wie er sich den dritten Sohn meines Vaters nannte. Auf ihren Reisen hatten es sich mein Vater und Peck schon lange zur Angewohnheit gemacht, in jedem Wirts- oder Gasthaus an der Straße einen Becher Whisky zu sich zu nehmen, und so kam es, dass sie vor Trunkenheit fast von ihren Pferden fielen, als wir unsere Herberge in Albany erreichten. Ich trank nie etwas, und so kümmerte ich mich um das Gepäck und dann die Pferde, als mein Vater und Peck aus der Herbergstür taumelten, in jeder Hand ein dickes Stück Käse und Brot und bereit für ihre Runde in der Stadt. Mein Vater erblickte mich in den Ställen, wo ich beim Licht einer Lampe zugange war.
Er blieb stehen und brüllte mir zu: Richard, mein Junge! Komm mit uns, komm, komm. Lass uns sehen, ob du hast, was einen Mann ausmacht.
Ich hätte abgelehnt – so wie ich es auf unseren Reisen immer tat, weil ich vor dem Schlafengehen mein Tagebuch, ein leichtes Abendessen und ein wärmendes Feuer vorzog und die Auswirkungen von Schnaps auf mein Gehirn nicht mochte –, hätte Kent Peck nicht das Wort ergriffen. Wer, Richard?, schnaubte er verächtlich, gab dann ein hicksendes Lachen von sich und fiel vor Vergnügen fast in das Regenfass unter den Dachrinnen.
Das gab den Ausschlag; ich warf den Striegel dem gähnenden Stalljungen zu und folgte meinem Vater und Peck in die Nacht hinaus. Stundenlangblieb ich ihnen hartnäckig auf den Fersen. Zuerst ging es in den Herrenclub, wo alle möglichen Männer mit granitharten Gesichtern meinem Vater heftig die Hand schüttelten. Ein weiterer Halt diente dazu, rasch etwas eingelegten Hering und Braten zu sich zu nehmen. Dann folgte eine weitere Taverne, in der Peck ständig auf den Spucknapf zielte, ihn jedoch nie traf.
Schließlich traten wir wieder in die dunkle Nacht hinaus, mein Vater und Peck sangen Trinklieder, die Arme umeinandergelegt, und als wir uns dem Fluss näherten, wurden die Gebäude immer schäbiger und schäbiger,
Weitere Kostenlose Bücher