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Die Monster von Templeton

Die Monster von Templeton

Titel: Die Monster von Templeton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Groff
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dass ich in Philadelphia bei einer Zeitung tätig gewesen war, und als ich am nächsten Tag in einem angemieteten Zimmer meine Krankheit auskurierte, platzte Duke herein, mit vor Aufregung geschwellter Brust, und verkündete, er habe mir eine Druckerpresse bestellt und mein Land gegen die Räumlichkeiten neben dem Krämerladen eingetauscht. Ich würde eine Zeitung herausgeben, sagte er. Er wollte, dass ich sie
Templeton Times
nannte, doch ich gab ihr schließlich den Namen
Freeman’s Journal.
    In jenen Jahren bewunderte ich unseren Grundherrn. Er tat eine Menge für den gemeinen Mann, obwohl heutzutage deutlich wird, dass er es nur zu seinem eigenen Nutzen tat. Wo so viele andere Männer, die versucht hatten, die Wildnis zu bezwingen und Menschen dort anzusiedeln, gescheitert waren, war es ihm gelungen, denn auch er selbst war aus dem Nichts gekommen und wusste, dass er damit Menschen anlocken würde zu bleiben. Ganz allmählich jedoch wurde auch Temple von dem Fieber des Gehirns befallen, das aus dem Umgang mit Geld erwächst, und begann sich selbst für einen Angehörigen des natürlichen Adels unseres Landes zu
halten. Er baute Temple Manor, eine gewaltige Monstrosität aus Stein mit ihrem sonnengelben Dach. «Kein Mensch braucht so viel Raum für sich», warf ich dagegen ein. «Gebt Euer Geld lieber für die Verbesserung unserer Stadt aus.» Doch er blinzelte mir nur zu. Im Laufe der Zeit kamen mir auch noch schändlichere Taten von ihm zu Ohren. Bald schon umgarnte Marmaduke Temple andere reiche Männer, damit sie Geschäfte mit ihm machten, und so kam es, dass er auch ihre politischen Ansichten übernahm, je mehr er sich in den wohlhabendsten Kreisen unseres neuen Landes bewegte. Für mich war es ein schrecklicher Tag, als ich erfuhr, dass er einen ganzen Nachmittag unterwegs gewesen war, um für den föderalistischen Kandidaten bei der Wahl des Gouverneurs die Trommel zu rühren. An jenem Tag wusste ich, dass Temples Anmaßung die Oberhand über seinen Verstand gewonnen hatte und ich ihn nicht länger unterstützen konnte.
    Bürger von Templeton, Marmaduke Temple und ich haben schon ein Jahr lang kein Wort mehr miteinander gewechselt, und in diesem Jahr bin ich mir einer Sache gewiss geworden: Temple hat sich deutlich von dem liebenswerten, vernünftigen Menschen wegentwickelt, der er einmal war, und er würde lügen und betrügen, um seinen Kandidaten ihre Positionen zu sichern. Denn er ist der Richter dieses Bezirks, der Mann, dem die Aufgabe obliegt, die verschlossenen Schatullen mit den Wahlzetteln nach Albany zu bringen. Obwohl es mich schmerzt, dies bezüglich eines gewählten Vertreters der Öffentlichkeit auch nur anzudeuten, bin ich davon überzeugt, dass Marmaduke Temple die Menschen betrügen würde, denn ich habe von noch perfideren Dingen gehört, was sein verdorbenes Tun angeht, von zwielichtigen Geschäften, die einem Mann der Moral und des Glaubens nicht gebühren. Deshalb sollte er in diesen politisch aufgeheizten Zeiten besonders auf der Hut sein; viele Menschen hassen Marmaduke Temple so sehr, dass es zu Auseinandersetzungen auf offener Straße gekommen ist, selbst ansonsten milde gestimmte Anwälte haben sich zu Handgreiflichkeiten hinreißen lassen, und auch ich habe solch üble Verfluchungen gegen den Grundbesitzer gehört, dass ihm die Ohren klingeln müssten. Würde er auf mich hören, so
würde ich ihm um meiner alten Freundschaft willen sagen, Marmaduke Temple solle sich vorsehen, damit er nicht zum Opfer plötzlicher, unvorhergesehener Gewalt wird.
    Und, meine Freunde, ein letztes Wort: Ich werde die Wahlen mit Adleraugen verfolgen. Wenn ich es nicht täte, wenn gerade die Presse nicht auf der Hut gegenüber den korrupten Männern der Welt wäre, wären wir verloren. In unserem Land herrschte keine Demokratie. Und lassen Sie uns nur um des Friedens in unserem geliebten Ort willen hoffen, dass es bei dieser Wahl, und bei allen zukünftigen Wahlen, mit rechten Dingen zugeht.
    Bürger von Templeton, seid einer Sache gewiss: Das
Freeman’s Journal
hält die Augen offen.
    Elihu Phinney, Redakteur und Verleger
    Ich schaute Hazel an, deren Augen leuchteten. Die Zahnzwischenräume ihres Gebisses waren mit Nüssen gespickt. «Mein lieber Schwan», sagte ich. «Glauben Sie denn, dass Phinney Marmaduke umgebracht hat?»
    «Vielleicht», erwiderte sie. «Entweder das, oder die Sache mit der Wahl diente vielleicht als Vorwand für eine privatere Angelegenheit. Schauen Sie doch, er schreibt:
Ich

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