Die Monster von Templeton
Hinterwäldlertum in Verbindung gebracht wurden. Unter ihnen dann die diversen Leute aus der Stadt, die am Wochenende den Kühnen Dragoner bevölkerten. Als 1986 das neue Opernhaus eröffnet worden war, hatten wir widerstrebend auch die auswärtigen Opernbesucher mit ihren maßgeschneiderten Roben und Mercedeslimousinen in unsere Reihen aufgenommen, doch irgendwann waren auch sie nach Springfield, auf die andere Seite des Sees, abgewandert. Als auf einer Kuhweide in Hartwick Seminary, südlich der Stadt, der «Park of Dreams» eröffnet worden war, hatten wir gedacht, so eine Handvoll Dreikäsehochs würde nicht in der Lage sein, die Topografie der Stadt allzu sehr zu verändern. Doch wir hattennicht damit gerechnet, dass sie ihre Eltern mitbringen würden und dass diese Eltern (käsige, laute Menschen mit Cellulite unter den Shorts und mit aufgemotzten Großraumlimousinen, an denen Aufkleber wie ENTWEDER TEMPLETON ODER GAR NICHT! oder DIE CHESTERTON CHARGERS SIND SPITZE! hingen) nach billigen Restaurants, einem besseren Lebensmittelangebot, günstigen Plastikkettenhotels und Minigolfplätzen verlangen würden. Wir hatten nicht die leiseste Ahnung, dass der «Park of Dreams» irgendwann den ganzen Sommer hindurch jede Woche acht Teams mit Dreikäsehochs beherbergen würde, dazu zwölfhundert kreischende Baseballfans pro Woche plus etwa sechshundert schreckliche Eltern. Obwohl wir versuchten, sie nach Hartwick Seminary zu verbannen, das ganze drei Meilen südlich von Templeton lag, wussten wir nicht, dass eine solche Nachfrage nach Baseball das Gesicht der Stadt für immer verändern würde. Der Nähladen, der Puppenhausladen, das Spielzeuggeschäft, selbst «Farm and Home» würden zu Läden werden, die sich einzig und allein dem Baseball verschrieben hatten. Heutzutage liefen fast alle Läden über vor irgendwelchen Baseballandenken oder -schlägern. Es wurde schwer, die Touristen nicht zu bemerken.
Und exakt dort, inmitten einer Gruppe aus stinkenden kleinen Jungs in Trikots, die aufgeregt über Ty Cobb und Babe Ruth plapperten, stand meine Rostlaube vor der Tür des Postamts. Bis an die Decke vollgestopft mit Büchern und Klamotten, hing die Stoßstange gefährlich nah am Boden. Genau in diesem Moment fuhr ein Abschleppwagen mit seinem piepsenden Hinterteil rückwärts direkt auf mein armes kleines Autochen zu, wie das in Zeitlupe ablaufende Vorspiel zu einer dicken Beule.
Ich rannte los, dankbar dafür, dass ich die Schlüssel hatte stecken lassen. In Templeton ließ jeder die Schlüssel stecken, selbst auf der Main Street, durch die sich Scharen von Touristen wälzen, sei es aus kollektiver Dummheit oder einem angeborenen Ehrenkodex heraus. Schnell stieg ich ein, während sich der Abschleppwagen immer noch auf meinAuto zubewegte, und bugsierte mich aus der Parklücke, sodass ich vor dem zurückstoßenden Abschleppwagen herfuhr. Auf diese Weise hielten wir etwa dreißig Meter weit einen schamhaft kleinen Abstand von einem Meter zwischen uns, bis ich an der Fair Street ankam, die am Ende des Blocks lag. Hier bremste der Abschleppwagen, der Fahrer sprang heraus und ging zurück zu meinem Auto. Es war ein großer Mann mit Bierbauch und einem krummen Gang, der einen Mechanikeroverall mit heruntergerolltem Oberteil trug. Er strahlte unter seiner Jagdkappe, die in schreiendem Orange gehalten war.
«Willst du, dass ich deinen Arsch persönlich von der Fahrbahn hole?», rief er.
Ich streckte den Kopf aus dem Fenster und sagte: «Nein, Sir. Ich wende hier bloß in Temple Park, und dann hole ich meinen Arsch selber von der Fahrbahn, okay?»
Zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits den Kopf durch mein Fenster gesteckt, und einen Moment später überkam mich ein Moment tiefsten und gründlichsten Wiedererkennens. Zeke Felcher. Du meine Güte.
«Nun», sagte er und grinste auf mich herab. «Wenn das nicht Miss Queenie 1991 ist.»
Ich erschauderte. Es hatte eine Zeit gegeben, als ich so ziemlich die exzentrischste Kandidatin für die Wahl zur Homecoming Queen – der Wahl zur Ballkönigin anlässlich des letzten Fußballspiels des Jahres also – gewesen war, weil ich Streberin und Sportskanone zugleich war, jedoch nie eine Schönheit. Zwar bin ich groß und dünn, doch bestenfalls hübsch, und selbst damals war ich politisch korrekt, eine hundertfünfzigprozentige Feministin, von der man eher erwartet hätte, dass sie für einen Boykott der Miss-America-Wahl aufrief, als selbst an einer teilzunehmen. Und doch hatte mein
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