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Die Moralisten

Titel: Die Moralisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Hauskleidern.
    »Mein Name ist Neal«, sagte eine große, dunkelhaarige Frau und erhob sich. »Was möchtest du?«
    »Keough schickt mich«, sagte ich und sah mich im Zimmer um. Meine Vermutung war richtig - ich war in einem Bordell.
    »Ach so«, sagte sie. »Hast du das Blatt?«
    Ich gab es ihr, und eine der anderen Frauen nahm das zweite. Während sie die Blätter studierten, stand ich unruhig herum und trat von einem Fuß auf den anderen, bis mich schließlich eine der Frauen aufforderte, Platz zu nehmen. Ich setzte mich auf einen Stuhl und blickte durch das Fenster auf die Straße. Dann bekam ich neunzehn Dollar in Wetten. Ich sah auf die Armbanduhr, die Bruder Bernhard mir zur Abschlußprüfung geschenkt hatte. Es war fast zwei. Ich mußte mich beeilen, sonst würde ich zu spät kommen. Ich rannte den Weg zurück zum Lokal.
    »Na, wie ist es gegangen, Junge?« begrüßte mich Keough.
    »Ganz gut«, sagte ich. Ich holte die Wettscheine heraus und legte sie auf die Theke. Wir zählten die Scheine zusammen - ich hatte Wetten in Höhe von $51.50 kassiert.
    Ich gab Keough das Geld und fing an, das Lokal zu säubern. Der Nachmittag verging rasch. Sobald ich Keoughs Scheine ausgerechnet hatte, begann ich mit meinen. Ich hatte einen Profit von $ 22.50 in meinem Buch zu verzeichnen. Nachdem ich mit Keough abgerechnet hatte, belief sich mein Anteil auf $ 11.25.
    »Elf Dollar und fünfundzwanzig Cents für einen Tag Arbeit«, überlegte ich, als ich für die Nacht wieder ins Waisenhaus ging.
    Es war mehr, als ich je zuvor in einer ganzen Woche gemacht hatte. Es war mehr, als ich je auf einmal besessen hatte. Diese Sache war doch was anderes als ein Sommeraufenthalt auf dem Land.
    Am Ende der ersten Woche hatte ich mit meiner neuen Tätigkeit einundfünfzig Dollar verdient. Dieses Geld und die sechs Dollar, die ich von Keough für die Reinigung seines Lokals erhielt, brachten mein Einkommen auf die Summe von siebenundfünfzig Dollar, und das war mehr, als die meisten Familien in meiner Nachbarschaft verdienten. Ich glaube nicht, daß ich den Wert des Geldes wirklich erkannte. Ich verzehrte ungeheure Mengen von Würstchen und Hamburgers und schwelgte in Coca-Cola. Zum erstenmal hatte ich immer Geld in der Tasche. Alle Kinder in der Nachbarschaft hielt ich frei. Ich konnte der Versuchung nicht widerstehen, meine Rolle mit Geldscheinen vorzuzeigen. Ich war für sie ein großes Tier.
    Am Sonntag nach der Kirche wollte ich mit Julie schwimmen gehen. Als wir uns trafen, trug sie einen kleinen Koffer. »Wo ist dein Badeanzug?« fragte sie, als wir in den Zug stiegen.
    »Den habe ich schon an«, sagte ich.
    Sie lachte. »Wie willst du ihn denn mit zurücknehmen?« fragte sie. »Dann ist er doch naß.«
    Ich sah sie erschrocken an. »Daran habe ich nicht gedacht.«
    »Na, gut, du kluges Kind, ich werde dir erlauben, ihn in meinen Koffer zu tun.«
    Wir mieteten Schließfächer in einem kleinen Badehaus bei Steeplechase. Beinahe hätte ich mein Geld vergessen. Auf dem Weg zum Strand kaufte ich mir einen weißen Gürtel, den man um den Badeanzug trug und der mit einer Geldtasche versehen war. Ich war vor Julie fertig und mußte einige Minuten warten, bis sie herauskam. Sie trug einen roten Badeanzug, der ihr vorzüglich stand. Ohne die Schuhe mit den hohen Absätzen war sie etwas kleiner als ich. Sie sah aus wie ein Mädchen in
    meinem Alter. Das gefiel mir sehr.
    Das Wasser war prima. Wir schwammen ein wenig, und dann lagen wir auf dem Sand. Die Sonne brannte, und Julie bekam allmählich einen leichten Sonnenbrand. Ich war schon braun, weil ich immer bei uns am Pier schwamm.
    »Was macht deine Arbeit?« fragte sie.
    Ich drehte mich auf den Bauch, so daß ich unmittelbar neben ihr lag. »Ich kann nicht klagen«, sagte ich. »Letzte Woche habe ich einundfünfzig Dollar gemacht.«
    »Einundfünfzig Dollar?« wiederholte sie ungläubig.
    »Ja. Willst du sie sehen?« Ich nahm meine Geldrolle aus der Gürteltasche.
    »Steck es weg«, sagte sie. »Ich glaub' dir ja.«
    Ich verstaute das Geld wieder.
    »Was willst du damit machen?« fragte sie.
    »Ich weiß nicht recht«, erwiderte ich. »Wahrscheinlich Anzüge kaufen und sonst noch einiges, was ich mir immer gewünscht habe. Ich habe es satt, dauernd abgelegte Sachen oder Wohlfahrtskleidung zu tragen. Ich möcht' mir gern selber mal was aussuchen - etwas, was mir wirklich gefällt und mir wirklich gehört.« Ich nahm eine Packung Zigaretten aus der Tasche und bot sie ihr an.
    Sie tat einen

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