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Die Moralisten

Titel: Die Moralisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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später«, flüsterte sie leidenschaftlich.
    Ich lachte glücklich. In diesem Augenblick kam Martin herein. »Was gibt es Lustiges?« fragte er.
    »Nichts«, sagte ich und kam mir vor wie ein Idiot.
    Wir setzten uns zu Tisch. Etwa zehn Minuten später erschien Ruth. »Tut mir leid, daß ich mich verspätet habe, Julie, aber ich bin im Club hängengeblieben. Wir wählen eine neue Präsidentin.« Sie setzte sich zu uns an den Tisch und sah mich an. »Du hier?« fragte sie.
    »Ja«, sagte ich und hatte das Gefühl, daß mich jetzt nichts erschüttern konnte. »Hast du was dagegen?«
    Julie brachte Ruths Teller und setzte sich ebenfalls. Sie blickte von Ruth zu mir, als spürte sie die Feindschaft zwischen uns.
    Ich sah Julie an. In Ihren Augen war ein Lachen, aber ich wußte nicht, worüber.
    Nach dem Abendessen saßen wir noch eine Weile im Wohnzimmer. Um halb neun sagte ich gute Nacht. Ruth begleitete mich wieder zur Tür. »Wie ich sehe, hast du meinen Rat nicht befolgt«, sagte sie.
    »Warum kümmerst du dich nicht um deinen eigenen Dreck?« erwiderte ich gehässig. Meine Ausdrucksweise schockierte sie wohl ein wenig, denn ich hörte, wie sie nach Luft schnappte. Als ich mich an der Tür nach ihr umwandte, sah ich Tränen in ihren Augen. Instinktiv ergriff ich ihre Hand. »Es tut mir leid«, sagte ich.
    Sie schüttelte meine Hand ab. »Faß mich nicht an«, sagte sie. »Ich hasse alles an dir. Du bist nicht wie andere Jungen deines Alters. Du hast etwas Altes und Gemeines und Hartes an dir, etwas Verdorbenes, womit du alles ansteckst - auch meinen Bruder.«
    Ich wollte etwas sagen, aber ich brachte kein Wort hervor. Ich ging und schloß die Tür hinter mir.
    Julie wartete bereits an der anderen Tür. »Was hast du solange getrieben? Ich dachte, du kämst überhaupt nicht mehr.«
    »Nichts«, sagte ich und folgte ihr in ihr Zimmer. Ich küßte sie
    - zuerst auf die Lippen und dann auf die Kehle. Ich band ihren Kittel auf und ließ meine Hände hineingleiten. Ihre Haut war kühl und glatt. Ich drängte sie zum Bett.
    Sie wehrte sich. »Sag zuerst: >Ich liebe dich.<«
    Ich hielt sie fest an mich gepreßt und strich mit der Hand über ihre Schenkel - auf und ab. Ihre Knie schienen nachzugeben. Sie hing mit ihrem ganzen Gewicht in meinen Armen. Ich schob sie zum Bett.
    Ihr Körper versteifte sich. »Nein«, sagte sie. »Sag: >Ich liebe dich.<«
    Ich umschlang sie fester, aber ihr Körper war steif. Ich blickte auf ihren Mund; er war nicht weich, sondern fest und entschlossen.
    »Ich liebe dich, Julie«, sagte ich heiser und zog sie noch enger an mich.
    »Es ist ganz leicht«, sagte Jimmy Keough. »Du hast den ganzen Bezirk von hier bis zur 64. Straße. Ich habe schon allen deinen Besuch angekündigt. Du brauchst nur die Wetten anzunehmen, sie einzutragen und mir zu bringen, bevor die Rennen gelaufen sind. Wenn du nicht pünktlich hier sein kannst, ruf mich an und sag mir, wieviel du hast. Der Profit deines Wettbuchs wird geteilt. Solange du ein Plus aufzuweisen hast, machen wir halbpart bei der Einnahme. Wenn du in der Klemme sitzt, mußt du erst das Defizit ausgleichen, bevor wir den Profit wieder teilen.«
    Ich nickte. Wir hatten das schon oft besprochen, und ich war wild darauf, anzufangen. Ich hatte ein Notizbuch, ein paar Bleistifte und zwei Rennformulare in der Tasche und trabte los.
    Jimmy rief mir nach: »Denk daran, nimm nur solche Scheine, die in Ordnung sind, und vergiß nicht zu telefonieren, wenn du nicht rechtzeitig zurück sein kannst.«
    »Geht klar, Jimmy«, sagte ich von der Tür her. Die Straße war von hellem, heißem Sonnenlicht durchflutet. Es war erst elf, und es würde noch viel heißer werden. Ich warf einen Blick auf das Adressenverzeichnis, das Jimmy mir gegeben hatte. Meinen ersten Besuch machte ich in einer Garage an der Ecke der Tenth Avenue und 63. Straße.
    Ein Drugstore etwas weiter unten an der Straße war mein nächstes Ziel, dann ein Schönheitssalon, ein Süßwarengeschäft, noch ein paar Garagen und Werkstätten, ein Schuhladen, ein Restaurant und schließlich ein Logierhaus. Ein farbiges Dienstmädchen öffnete.
    Ich warf einen Blick auf meine Adressenliste. »Ist Miss Neal zu Hause?« fragte ich.
    »Gewiß«, sagte sie. »Aber du bist noch reichlich jung für einen Besuch bei ihr.« Sie führte mich in den zweiten Stock. »Miss Neal?« fragte sie durch eine geschlossene Tür hindurch.
    »Herein antwortete eine Stimme.
    Ich trat ein. Im Zimmer saßen einige Frauen in Kimonos und

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