Die Moralisten
nicht«, gab sie langsam zurück. »Ich habe mal eine Geschichte gelesen, in der sich ein Mädchen in den Engel des Todes verliebte.«
Er umfaßte ihren Hinterkopf und drückte ihr Gesicht fest gegen seine Brust. »Und was passierte ihr?«
»Sie starb. Als er merkte, daß sie wußte, wer er war, mußte er sie mit in den Tod nehmen.« Sie löste den Kopf aus Cesares Griff. »Wirst auch du mich mitnehmen?«
Er packte sie und zog ihren Kopf so weit zurück, daß ihr Gesicht ihm ganz zugewandt war. »Ich werde dich mit mir nehmen«, sagte er, preßte seinen Mund brutal auf ihre Lippen, dann bewegte er, an den Haaren zerrend, ihren Kopf in immer größeren Kreisen. Als er sie leise stöhnen hörte, brach in ihm ein Sturm wilder Leidenschaft aus. Er packte noch härter zu.
Sie schrie auf. »Cesare! Laß das! Oh, hör auf. Dieser Schmerz - ich halte das nicht aus!«
Er lächelte jetzt. Welche Macht er doch hatte! Über Leben und Tod. »Es wird Zeit, Liebling, daß du lernst, welch exquisites Vergnügen der Schmerz sein kann.«
Ganz plötzlich ließ er sie los. Sie stürzte, konnte im Fallen aber noch seine Hüften fassen. Sie klammerte sich an ihn und schluchzte. »Ich liebe dich, Cesare! Ich liebe dich!«
Achtes Kapitel
Miami Beach ist eine Sonnenstadt, erbaut auf einem Streifen unfruchtbaren Sandes an der Küste von Florida. In jedem Jahr gebärt sie infolge künstlicher Befruchtung mit Kapital ein neues Hotel. Das neue in jenem Jahr war das St. Tropez. Es lag nicht weit vom Fontainebleau und dem Eden Roc und erhob sich elf Stockwerke hoch in den azurblauen Himmel. Die Floridaner fanden, daß es das schönste Hotel sei, das jemals erbaut wurde.
Zum St. Tropez gehörten ein paar Kilometer Strand und ein kleeblattförmiges Schwimmbecken. Es war umsäumt von vier Reihen Cabanas, gestaffelt angeordnet wie Zuschauerbänke auf Sportplätzen. Jeder Gast hatte auf diese Weise genügend Sonne. Zu jeder Cabana gehörten Bad, Telefon, Tische, Stühle und ein Kühlschrank.
Sam Vanicola, ein großer, breiter Mann, stand an einem Fenster des Appartements im St. Tropez und blickte eine Weile auf den Swimmingpool hinunter. Dann schnaubte er angewidert und ging ins Zimmer zurück zu den drei Männern, die Karten spielten. »Alles Quatsch«, bemerkte er.
Stanley, Detektiv vom FBI, sah ihn an und sagte freundlich: »Wir haben schließlich unsere Befehle.«
»Befehle, Befehle - Mist!« rief Vanicola erbittert. »Was hat es Abe Reles genützt, daß man ihn in seinem Hotelzimmer in Brooklyn einsperrte? Geschnappt haben sie ihn trotzdem.«
Stanley lächelte wieder. »Irrtum, Sam. Er stürzte aus dem Fenster, es soll Selbstmord gewesen sein.«
»Da lachen ja die Kühe«, höhnte Vanicola. »Ich kannte ihn doch, freiwillig wäre der nie gesprungen.«
»Das war vor zwanzig Jahren. Heute passen wir besser auf.«
Vanicola lachte böse. »Kann man wohl behaupten. Dinky Adams kriegte sein Ding auf dem Weg ins Gericht verpaßt, und der >Twister< wurde in einem Saal mit tausend Leuten umgelegt.«
Stanley schwieg.
Vanicola holte eine Zigarre aus der Tasche, ging zum Sofa, setzte sich, biß die Zigarrenspitze ab und spie das Stückchen auf den Teppich. Dann rauchte er und musterte seine drei Wächter. Seine Stimme klang jetzt nicht mehr so grob. »Hört gefälligst mal zu, Jungs. Ich bin auch Steuerzahler. Die Regierung verpulvert täglich zwei Hunderter, zum Teil von meinem guten Geld, um mich und euch in solch einem teuren Ausschank festzusetzen. Warum werfen die mit dem Kies so um sich, wenn keinem damit gedient ist?«
»Sie würden also lieber im Knast sitzen?«
»Daß ich nicht lache, Stanley. Wenn ihr mich in den Knast bringt, rede ich kein Wort. Und dann habt ihr überhaupt keine Chance mehr.«
»Was wollen Sie eigentlich, Sam? Paßt es Ihnen nicht, am Leben zu bleiben?«
Vanicolas Gesicht wurde ernst. »Ich weiß, daß ich schon an dem Tage, an dem ihr mich verhaftet habt, ein toter Mann war. Wäre ich nicht bereit, auszupacken, dann hättet ihr mich wegen Mordes belangt. Packe ich aber aus, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Boys mich schnappen. Meine Zeit läuft schnell ab. Tut mir einen Gefallen. Ruft euren Boss an und sagt ihm, daß ich nur einen Wunsch habe. Ich möchte jeden Nachmittag ein bis zwei Stunden da unten am Schwimmbecken sein.«
Stanley ging zum Fenster und sah hinunter. Es waren nicht mehr und nicht weniger Leute am Swimmingpool als sonst.
»Da unten kann doch niemand an mich ran«, sagte
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