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Die Moralisten

Titel: Die Moralisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Küche, um sich zu waschen. Er saß am Tisch, die halbleere Büchse in seiner Hand, und starrte zur Tür.
    »Worauf wartest du?« fragte sie. »Komm ins Bett.«
    Eigensinnig schüttelte er den Kopf. »Ich werde dir beweisen, wer hier weiß, wovon er redet. Warte nur, bis sie hereinkommt.«Sie versuchte zu lächeln. »Sei nicht albern, Peter«, erwiderte sie. »Laß endlich das Mädchen in Ruhe und komm ins Bett.« »Eine Hure ist sie«, murmelte er.
    Die brennende Ohrfeige, die sie ihm versetzte, ließ einen weißen Abdruck auf seiner Wange zurück. Er blickte in jäher Überraschung zu ihr auf.
    Kattis Gesicht war bleich vor Zorn. Niemals hatte er sie so gesehen. »Schweig!« rief sie wütend. »Marja hat mehr Verstand als du. Wäre sie nicht, könnten wir hier verhungern!« Sie ging auf das Schlafzimmer zu. Auf dem Gang drehte sie sich noch einmal um und sah ihn an. »Du vergißt wohl, daß es Marja war, die sich eine Stellung verschafft hat, als wir Geld brauchten, und nicht du.« Ihre Stimme klang verächtlich. »Sie ist wie ihr Vater. Du bist nicht die Hälfte von ihm wert. Ich hoffe nur, daß deine Kinder so werden wie er und nicht wie du. Sonst möge Gott ihnen helfen!«
    Er sprang rasch auf und ging auf die Küchentür zu. »Ich werde dir zeigen, wer hier der Mann ist!« brüllte er und öffnete die Tür. »In meinem Haus wird kein Mädchen eine Hure sein!«
    Sie packte seinen Arm und versuchte, ihn in die Wohnung zurückzuziehen. »Laß sie in Ruhe, du betrunkenes Schwein!« schrie sie. »Sie ist meine Tochter und nicht deine!«
    Grob stieß er sie zurück. Sie taumelte gegen den Küchentisch. Ein jäher Schmerz durchlief ihren Körper. Sie sah ihn an, während alles vor ihren Augen verschwamm.
    Er zog den Gürtel aus seiner Hose und schüttelte ihn vor ihrem Gesicht hin und her. »Halt dein Maul, Weib!« schrie er mit rauher
    Stimme. »Oder du bekommst mehr davon zu spüren als sie. Wenn ich erst einmal mit ihr fertig bin, wirst du schon sehen, was für eine sie ist.« Er trat auf den Hausflur hinaus.
    Katti holte tief Atem und lief ihm nach. Der Mann war verrückt. Marja hatte die ganze Zeit über recht gehabt. Hätte sie nur auf sie gehört! Ein Schwindelanfall ließ sie taumeln, aber sie kämpfte ihn nieder. Er stand jetzt an der Treppe. Sie umklammerte seine beiden Arme.
    »Laß sie in Ruhe!« flüsterte sie und versuchte ihn zurückzuhalten. Mit fast übermächtiger Anstrengung drehte sie ihn herum. Ihre Augen funkelten ihn an. »Wenn du sie anrührst, wirst du dieses Haus nie mehr betreten!«
    Die Worte wirkten auf ihn wie ein Strahl kalten Wassers. Plötzlich kehrte die Vernunft in seine Augen zurück. Mit einer heftigen Bewegung schüttelte er ihre Hände von seinen Armen. Sie griff nach dem Geländer, um nicht zu fallen.
    Er ging an ihr vorbei zur Küchentür, wo er sich umdrehte und sie ansah. »Sie ist deine Tochter«, sagte er kalt. »Mögen ihre Sünden auf dein Haupt kommen!«
    Der Schwindel umwölkte wieder ihre Augen, sein Gesicht verschwamm vor ihren Blicken. Sie ließ das Geländer los und machte zögernd einen Schritt auf die Wohnung zu, aber der Schmerz in den Schläfen hüllte ihr Bewußtsein ein.
    »Marja!« schrie sie in die plötzliche Leere hinein. Dann stürzte sie die Treppe hinab.
    Sie hörten das Poltern. Bevor Mike noch einen Schritt getan hatte, war Marja schon die Hälfte der Treppe hinaufgestürmt. Er rannte ihr nach, und sein Herz klopfte vor Entsetzen über den durchdringenden Schrei. Einen Schritt hinter ihr gelangte er auf den dritten Absatz. »Mama!« Marjas Stimme klang wie die eines verängstigten Kindes. Er sah, wie sie neben der zusammengekrümmten Frau niederkniete. Hilflos stand er daneben.
    »Mama!« Marjas Stimme war nur ein tränenerstickter Laut. Ihr blondes Haar schimmerte, als sie ihre Lippen auf das stille Gesicht drückte.
    »Katti!«
    Mike blickte auf. Das Gesicht des Mannes, der auf der Treppe über ihnen stand und zu ihnen hinabblickte, war aschgrau. »Marja, was ist denn geschehen?«
    Unfähig zu sprechen, schüttelte Marja verständnislos den Kopf. Sie wandte sich um und sah Mike an, dessen Augen starr vor Entsetzen waren.
    Er streckte die Hand aus und berührte ihre Schulter. Da spürte er, wie ihr Körper zitterte. »Gibt es in diesem Haus irgendwo ein Telefon?« fragte er.
    Sie antwortete ihm nicht. Er merkte, daß sie ihn gar nicht gehört hatte. Er blickte die Stufen hinauf. Der Mann kam langsam herunter, wobei er mit beiden Händen das Geländer

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