Die Moralisten
Angeles wird spä testens um Mitternacht den gesamten Flugbetrieb einstellen müssen.«
»Vielen Dank.« Judd drückte einen anderen Knopf auf seinem Apparat, und eine Frauenstimme meldete sich. »Sicherheitsdienst.«
»Hier Crane«, sagte er. »Geben Sie mir den Direktor.« John D. meldete sich.
»Liegt Ihnen der Wetterbericht vor?« fragte Judd.
»Ja«, bestätigte John D. »Wir hatten schon gehofft, Sie würden sich melden. Ich glaube, heute nacht kann es losgehen.«
»Wir landen in ungefähr vierzig Minuten auf dem Flughafen Los Angeles.«
»Wir werden dort auf Sie warten, Sir.« »Holen Sie bitte auch Mrs. Evans ab, John.« »Wird gemacht, Sir.«
»Und noch etwas, John«, sagte Judd. »Überprüfen Sie
Dr. Schoenbrunn noch etwas genauer. Es gefällt uns nicht, wie er sich aufführt.«
»Wir machen uns sofort dran, Sir.«
»Gut«, sagte Judd. »Wir sehen uns in einer Stunde.« Er warf Doc Sawyer einen fragenden Blick zu. »Haben Sie eigentlich Anschluß nach Atlanta, Doc?«
Sawyer grinste. »Ich bin doch jetzt Präsident von Crane Medical, oder?«
»Das ist richtig«, nickte Judd.
»Die Präsidenten Ihrer Gesellschaften fliegen nicht mit Linienmaschinen«, lachte Doc Sawyer. »CI 2 wartet auf mich in Los Angeles auf dem Flughafen.«
Judd lachte. »Sie lernen schnell, Doc. Das ist unsere neueste 707.«
»Ich hab' einen sehr guten Lehrer gehabt«, schmunzelte Sawyer.
Als die Nacht hereinbrach, färbten sich die grauen Wolken schwarz. Die Limousine bog von der Straße ab und rollte über einen holperigen Feldweg auf das Hochplateau, das den Drachenfliegern als Startplatz dienen sollte. Judd sprang aus dem Wagen. John D. und ein breitschultriger, untersetzter Mann in einem schwarzen Overall kamen aus dem großen Wohnwagen, der als provisorisches Hauptquartier diente. »Mr.
Crane«, sagte John D. »Das ist Mark Davidson, der Chef unserer Fallschirm- und Drachenflugschule.«
Der Händedruck des Mannes war außerordentlich kräftig. »Das ist der spannendste Auftrag seit langer Zeit«, strahlte er.
»Wir haben bestimmt sehr viel Spaß!« »Ja«, nickte Judd, »und Spaß soll es auch bleiben. Ich möchte nicht, daß es Blutvergießen gibt. Auch nicht in Notwehr!« »Selbstverständlich nicht, Mr. Crane«, sagte Davidson hastig »Wir wissen, was unsere Aufgabe ist. Wir haben lange geübt Sir.«
»Gut.« Judd sah zum Himmel hinauf. »Was halten Sie vom Wetter?«
Davidson blickte aufs Meer hinaus. »Unsere Chancen stehen nicht schlecht. Wenn der Wind nicht stärker wird, können wir um zweiundzwanzig Uhr starten.« Judd hob die Faust. »Ich halte Ihnen die Daumen.«
»Kommen Sie mit in den Wohnwagen, dann zeige ich Ihnen die Pläne«, sagte Davidson.
Judd wandte sich an John D. »Wo ist denn Mrs. E-vans?« »Der Wagen, der sie abholen wird, ist schon unterwegs. In einer halben Stunde müßte sie hier sein.« »Gut.« Judd folgte Davidson in den Befehlsstand.
Auf der Treppe blieb er stehen, um einem der Drachenflieger zuzusehen, der gerade ein Landemanöver durchführte. Der Mann streckte beide Beine nach vorne, federte ab, als seine Füße den Boden berührten, entledigte sich seiner Gurte und stand auf. Judd nickte Davidson zu. »Wirklich faszinierend. Wie ein riesiger Vogel.«
»Die Methode stammt ja auch von den Vögeln«, lächelte der Trainer.
»Das möchte ich auch mal versuchen.« »Ich nehme Sie gern einmal mit. Sobald wir diese Sache hier hinter uns haben.«
Judd schüttelte den Kopf. »So habe ich das nicht gemeint. Ich möchte es jetzt mal versuchen.«
Davidson starrte ihn ungläubig an. »Das kann nicht Ihr Ernst sein. Sie haben doch keinerlei Training, und wir haben auch nicht mehr genügend Zeit, um Ihnen die Technik zu zeigen.«
»Wie lange ist es noch hell?« fragte Judd. »Vielleicht noch anderthalb Stunden.«
»Dann will ich's versuchen.«
Davidson warf John D. einen verzweifelten Blick zu. John D. wandte sich mit beschwörender Stimme an Judd. »Ich bin für Ihre Sicherheit verantwortlich, Sir. Meine Aufgabe besteht darin, Sie sicher zu diesem Ashram da unten zu bringen. Ich kann diese Aufgabe unmöglich erfüllen, wenn Sie wie ein Vogel in der Luft herumfliegen, Sir.«
Judd ging ohne ein weiteres Wort auf den behelfsmäßigen Hangar zu, in dem die Hängegleiter aufbewahrt wurden. In Doppelreihen hingen die schwarzglänzenden Drachen von der Decke wie riesige Fledermäuse.
Durch die offene Tür sah man den steilen Absturz der Klippen und vor dem schwarzgrauen Abendhimmel
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