Die Moralisten
heiraten.«
»Das darfst du nicht zulassen. Damit würde er bloß seine Karriere zerstören.«
»Und wir hätten gar nichts davon«, ergänzte Barbara sachlich.
»Du begreifst sehr schnell.« Judd wirkte amüsiert, aber seine Augen blitzten kalt.
Barbara ging langsam zur Bar, um ihre Gläser wieder zu füllen. »Nur zu deiner Information sei gesagt, daß ich nicht vor hatte, ihn zu heiraten.« Judd schwieg.
»Für welche Bereiche interessierst du dich denn?« fragte sie schließlich.
»Hughes und Bell bereiten Angebote für neue Transport- und Kampfhubschrauber vor. Chrysler und General Motors arbeiten an neuen Schützenpanzerwagen, und Jacuzzi und Piaggio entwickeln Modelle von düsengetriebenen Patrouillenbooten für die Flüsse.«
»Geht es dabei denn um viel Geld?« fragte sie. »Einige Milliarden Dollar.«
Nachdenklich leerte Barbara ihr Glas. »Ein paar Milliarden Dollar! Eine anständige Bezahlung für eine Hure.« Judd gab keine Antwort.
»Was ist aus deinen großen Plänen geworden?« fragte sie. »Bist du deinen Träumen von der Unsterblic hkeit nähergekommen?«
»Das verfolge ich weiter. Aber ich muß mich schließlich auch um den Konzern kümmern, den ich geerbt habe.« Barbara holte tief Atem. »Bei deinem Vater hätte ich keine Se kunde gezögert und mich auch nicht im geringsten wie eine Hure gefühlt, denn ich habe deinen Vater geliebt.« »Wir prostituieren uns alle. Auf die verschiedenste Weise und aus den verschiedensten Gründen: Geld, Macht, Sex, Ideale, das sind die Rohstoffe unseres Lebens.« »Glaubst du das wirklich?« fragte sie. Judd nickte.
»Du irrst dich«, sagte sie leise. »Das Wichtigste hast du vergessen. Die Liebe.«
Sofia legte den Schnellhefter mit dem Untersuchungsbericht rück auf den Tisch. »Das steht gar nicht drin, ob du jemals verheiratet warst.«
»Ich bin nie verheiratet gewesen«, sagte Judd. Sofia spitzte die Lippen. »Das ist ungewöhnlich. Die meisten Männer mit zweiundvierzig .. .«
Judd unterbrach sie. »Du bist dreißig und auch nicht verheiratet Ist das etwa auch ungewöhnlich?« »Ja.
Aber bei mir gibt es dafür gute Gründe. Mein Beruf nimmt mich völlig in Anspruch.«
»Mein Beruf nimmt mich auch sehr in Anspruch«, lächelte Judd. »Aber ich habe nicht das Gefühl, daß ich etwas versäume. Findest du, daß dir etwas fehlt?« Sofia überlegte einen Moment. »Manchmal habe ich darüber nachgedacht, wie es wäre, verheiratet zu sein und Kinder zu haben. Aber es hat sich nie so ergeben.« »Du hättest unbedingt heiraten sollen«, meinte er kühl. »Und zwar nicht nur, weil du gern vögelst.
Du könntest auch deinen Kindern viel geben.«
Zitternd nahm Sofia den Schnellhefter wieder zur Hand. »Diesen Angaben zufolge bist du bei bester Gesundheit.« »Sicher meiner hektischen Lebensweise und dem dauernden Mangel an Schlaf zuzuschreiben«, grinste Judd. »Unsinn«, entgegnete sie ernsthaft. »Es ist erstaunlich, daß dir diese Lebensweise bisher noch keinen sichtbaren Schaden zugefügt hat.« Sie legte den Schnellhefter wieder auf den Tisch. »Wir müssen dich jetzt irgendwo stationär untersuchen. Dazu müßtest du mindestens drei Tage ins Krankenhaus gehen.«
»Das können wir am Wochenende machen. Ich wollte sowieso nach Boca Raton.«
»Ich kann aber auch jetzt schon einige vorbereitende
Tests durchführen, die gar nicht viel Zeit kosten.«
»Bitte«, willigte er ein. »Du bist die Ärztin.« Das Telefon klingelte, und Judd nahm den Hörer ab. »Schikken Sie ihn herauf«, sagte er nach einer kurzen Pause. »Jetzt kommt Li Chuan«, erklärte er Sofia, »der Generalvertreter für Südostasien.«
Sofia stand auf. »Dann gehe ich wohl besser in meine Kabine zurück.«
»Bleib doch noch einen Moment. Ich möchte euch erst noch miteinander bekannt machen. Er hat Ginny die Läden genannt, in denen ihr einkaufen könnt, sobald wir in Hongkong sind.«
Li Chuan trat ein, und Sofia reichte ihm die Hand. »Vielen Dank für Ihre Bemühungen«, sagte sie kühl. Li Chuan lächelte und verbeugte sich. »Es war mir ein Vergnügen.«
Sofia warf Judd einen raschen Blick zu. »Sehen wir uns nach der Landung in Hongkong?«
»Ich fürchte, du mußt mich entschuldigen«, antwortete er. »Ich habe sehr viel zu tun.«
»Ich verstehe.« Sofia nickte kurz in Li Chuans Richtung und verließ den Raum. Als sie ihre eigene Kabine erreicht hatte, leuchteten die Warnlampen auf, und die Maschine setzte zur Landung an. Sofia wollte sich gerade in ihrem Sessel
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