Die Moralisten
mir reden, Nicolai. Und bitte, sieh mich auch nicht so an.« »Verflucht!« fuhr er auf. »Ich weiß, es ist Unsinn, aber ich bin eifersüchtig. Ich bin eifersüchtig auf all die Monate, die du mit ihm zusammen warst und nicht mit mir.« »Nicky«, sagte sie leise. »So etwas darfst du nicht sagen. Wir tun doch alle nur unsere Pflicht.«
»War es wirklich nicht mehr für dich? Hast du gar nichts für ihn empfunden?«
»Das habe ich nicht gesagt. Aber du kennst mich ja. Besser als jeder andere. Damals dachte ich immer, ich müßte um jeden Preis Sex haben. Mit oder ohne Gefühl. Manchmal dachte ich, mein Körper braucht Sex noch dringender als Luft oder Nahrung. Damals, als ich am Institut eingesperrt war, habe ich meinen Vibrator oft drei- bis viermal am Tage benutzt Und wenn ich ihn benutzt habe, habe ich immer von dir phantasiert.«
Er trank einen Schluck und lachte. »Erinnerst du dich noch an die Zeit, als wir uns kennengelernt haben?
Damals war ich fest überzeugt, du wärst Nymphomanin. Du wolltest nie aufhören.«
Sofia lachte nicht. »Als ich noch jung war, habe ich das selbst gedacht«, sagte sie ernsthaft. »Und ich wurde seelisch damit erst fertig, als mir die Ärzte erklärten, daß meine Geschlechtsorgane einfach besonders empfindlich waren. Echte Nymphomaninnen erreichen keine Befriedigung und haben fast nie einen Orgasmus. Du weißt selbst am besten, daß das auf mich nicht zutrifft, Nicky. Ich brauche dich nur anzusehen, um feucht zu werden. Und wenn ich mit dir rede, fängt meine Klitoris an zu zappeln.« »Ich möchte dich anfassen«, murmelte er. »Tu es nicht, Nicky. Ich habe mich verändert. Ich bin nicht mehr das junge Mädchen, das du gekannt hast. Ich bin erwachsen geworden.«
»Ich liebe dich aber immer noch«, wandte er ein. »Ich liebe dich mehr als je zuvor. Und du liebst mich auch, das weiß ich genau. Dieser Judd Crane hat dir den Kopf verdreht mit seinem Geld, seiner Macht, seinem Luxus, seinem Lebensstil und den Drogen. Hat er dir je gesagt, daß er dich liebt?« Sofia gab keine Antwort.
»Hat er dich je gefragt, ob du ihn heiraten willst?« Sie schüttelte schweigend den Kopf.
»Er benutzt dich doch nur«, fuhr Nicolai fort. »Er benutzt alle Leute für seine Zwecke, für seine ständige Suche nach ewiger Macht. Irgendwann wirft er dich weg wie ein Spielzeug, das ihm nicht mehr gefällt.
Irgendwann kann er dich nicht mehr gebrauchen, und dann schickt er dich weg.« »So ist er nicht«, wehrte sie ab. »Er ist sehr rücksichtsvoll und ehrlich. Auch wenn seine Ehrlichkeit manchmal in ihrer Direktheit verletzend ist.«.
»Du verteidigst ihn nur, um dich selbst zu überzeugen. Du willst deine Zweifel verdrängen. Wenn du nicht schwanger wärst, würdest du anders reden, da bin ich ganz sicher.« „Vielleicht«, sagte sie nachdenklich.
»Aber letzten Endes ging es doch nur um ein Experiment. Ich bin nicht die erste Wissenschaftlerin, die ihren Körper einsetzt, um ein Experiment durchzuführen. Die alte Dame befürchtete, unsere Behandlung habe ihn unfruchtbar gemacht.«
»Du hast dich also von ihm ficken lassen, um das auszuprobieren?«
»Nein, so war es nicht. Das Sperma wurde ihm auf künstlichem Weg abgezapft und zehn verschiedenen Frauen in den Gebärmutterhals injiziert.« »Sind sie alle schwanger geworden?« »Nein, nicht alle. Nur acht«, antwortete sie. »Und du hast eines der Glückslose gezogen.« Er klang verbit tert.
Sofia gab keine Antwort. »Und wie geht es jetzt weiter?« fragte er. »In der nächsten Woche sind zweieinhalb Monate um, dann findet bei mir eine Abtreibung statt.« »Und du wirst dem zustimmen?« »Ja.«
Nicolai starrte sie ungläubig an. »Ausgerechnet du? Warum hast du denn überhaupt dabei mitgemacht?
Du bist doch eine der Ärztinnen. Es wäre doch bestimmt kein Problem gewe sen, eine andere Frau zu finden.
Warum hast du dich beteiligt?«
»Ich war neugierig. Ich wollte meinen eigenen Körper besser kennenlernen. Ich bin noch nie schwanger gewesen, obwohl ich mich nie um Empfängnisverhütung bemüht habe. Außerdem ist dieser Mann so dynamisch ... ich wollte einfach wissen... «
»Jetzt kommen wir der Wahrheit schon näher«, fuhr er dazwischen. »Du wolltest ein Kind von ihm haben.
Das steckt dahinter.«
»Ja«, bestätigte sie. Dann hob sie den Blick. »Es lohnt sich nicht, darüber zu streiten. Nächste Woche ist es weg.« Nicolai sah sie nachdenklich an. »Wir sind nun schon seit so vielen Jahren zusammen. Warum hast du dich
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