Die Moralisten
die Krankenschwester zu rufen, und schaltete den Fernseher aus. Einen Augenblick spä ter kam Bridget ins Zimmer. »Mr. Crane?« fragte sie.
»Ziehen Sie die Nadeln aus meinen Armen und helfen Sie mir unter die Dusche«, sagte Judd. »Ich habe eine Verabredung.«
»Das geht nicht ohne ausdrückliche Anweisung von Frau Dr. Zabiski«, erwiderte Bridget.
»Dann rufen Sie Frau Dr. Zabiski!« Die Krankenschwester sah ihn unschlüssig an. »Sofort« - befahl er ungeduldig.
Die Tür schloß sich hinter dem Mädchen. Eine Sekunde später klingelte das Telefon.
Schwester O'Malley hat mir mitgeteilt, daß Sie aufstehen möchten, Mr. Crane«, meldete sich die Ärztin.
»Ist das wirklich unvermeidlich?« »Ja«, erwiderte Judd trocken.
Na gut«, willigte Dr. Zabiski ein. »Aber ich möchte dabeisein wenn Sie aufstehen. Ich ziehe mich an und komme in zehn Minuten zu Ihnen. Schwester O'Malley wird alles vor bereiten.«
Einen Augenblick später kehrte Bridget zurück. Sie trug ein Tablett mit einer von einem Tuch bedeckten In-jektions spritze. »Bitte legen Sie sich auf die Seite, ich muß Ihnen das Ding hinten reinjagen.« »Was ist das?« fragte er neugierig.
»Ich bin bloß die Krankenschwester«, erwiderte Bridget. »Meine Aufgabe besteht darin, die Behandlung durchzuführen, die Frau Dr. Zabiski verordnet hat. Ich bin nicht befugt, irgendwelche Diskussionen zu führen.« Widerwillig drehte sich Judd zur Seite, während sie ihm die Bettdecke wegzog. Er spürte den kühlen, mit Alkohol getränkten Wattebausch auf der Haut und dann den Einstich der Nadel.
»Bitte, halten Sie still«, bat sie. »Es dauert einen Moment.« »Scheiße«, fluchte er. Bridget lachte.
»Sie sind ein Sadist«, knurrte er. Es entstand eine Pause. Dann sagte er plötzlich:
»Bridget, ich glaube, ich krieg einen Steifen. Möchten Sie vielleicht ein bißchen dran nuckeln?«
»Nein, danke.« Sie zog die Nadel zurück und klebte ihm ein Pflaster auf das Gesäß. »Es ist Ihre eigene Schuld. Sie hatten es doch so eilig mit dem Aufstehen. Aber keine Sorge, ich glaube, die Spritze wird zu Ihrer Beruhigung beitragen.«
Er rollte sich auf den Rücken und starrte sie unglücklich an »Ach, Bridget, warum wird einem nur jegliche Freude im Leben genommen?«
»Bleiben Sie einen Augenblick ruhig liegen«, befahl sie. »Ich bringe Ihnen einen frisch gepreßten Orangensaft.« »Ich hätte lieber ein Cherry-Cola.«
»Sie werden Orangensaft trinken«, lächelte sie und zog die Tür hinter sich ins Schloß.
Er saß auf der Bettkante und baumelte mit den Beinen.
Dr. Zabiski war gerade damit fertig, seinen Blutdruck zu messen »Sehr gut«, murmelte sie. »Hundertzwanzig zu fünfundachtzig.«
Sie winkte eine Laborantin heran, die mit ein, zwei Handgrif fen einen Riemen um Judds Oberarm schnallte und seiner Vene vier Blutproben entnahm. Dann legte sie ihm einen tragbaren Atemmesser an und hielt ihm einen Plastikschlauch hin. »Atmen Sie bitte tief ein und blasen Sie dann hier in die Röhre.« Er tat, was das Mädchen verlangte. »So, nun gleich noch einmal. Noch ein bißchen tiefer, wenn es geht.« Das Mädchen wartete, bis er seine Lungen gefüllt hatte. »Bitte blasen Sie, so stark Sie nur können.« Aus den Augenwinkeln konnte er sehen, wie sie den Bild schirm am Fuß des Bettes beobachtete. Er preßte seinen Atem heraus, bis er keuchend zurücksank. »Gut«, sagte die kleine Ärztin. »Jetzt nur noch einen kleinen Test, bitte.« Ein Assistent schob einen E-lektrokardiographen ins Zimmer. »Legen Sie sich auf den Rükken «, bat Dr. Zabiski. »Es dauert nicht lange.«
Der Mann befestigte die üblichen kleinen Elektroden auf Judds Brust und Beinen, drückte auf die Knöpfe an der Maschine und prüfte den Kontrollstreifen, den das Gerät ausspuckte. Judd bemerkte, daß die Ärztin die Meßergebnisse auf einem Bildschirm verfolgte. Als das EKG fertig war und der Assistent das Zimmer verlassen hatte, stellte Dr. Zabiski mit einer Fernsteuerung die Bildschirme an, die einen Teil der Wand bedeckten. Auf allen Bildschirmen tanzten farbige Symbole in rhythmischer Harmonie wie ein abstraktes Ballett. Judd warf Dr. Zabiski einen fragenden Blick zu. »Was bedeutet das alles?« »Das ist Ihre Blutanalyse «, erklärte die Ärztin. »Wir haben jeden Tropfen in Ihrem Körper unter Kontrolle.« Sie beobachtete einige Augenblicke die Bild-schirme, dann nickte sie zufrieden. »Es scheint alles in Ordnung zu sein.«
»Kann ich jetzt duschen?«
»Nein«, erwiderte die
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