Die Moralisten
darauf«, knurrte Nicolai. »Was ist denn passiert?«
»Bitte, hör auf«, flehte sie. »Ich bin doch schwanger.« Erstaunt fuhr er zurück. »Du bist schwanger?« »Ja.
Seit zehn Wochen.« Ihre Blicke kreuzten sich. Einen Moment lang sagte er gar nichts, und sie spürte, wie sein Geschlecht in ihrem Leib schrumpfte. Dann stieß er sie in die Wanne zurück und stand auf. »Du bist nicht nur eine Hure, sondern auch noch dumm. Wer ist denn der Vater? So wie ich dich kenne, weißt du das selbst nicht.« Er musterte sie verächtlich.
»Ich weiß es genau. Judd Crane ist der Vater.« Schweigend betrachtete er ihren Körper, dann nahm er ein Badetuch und schlug es sich um die Hüften. »Ich möchte gern deinen Aktenkoffer mitnehmen und die Papiere im Büro fotokopieren. Ich bringe dir alles zurück, wenn ich dich zum Essen abhole.«
»Wie du willst«, sagte sie dumpf. »Li Chuan wird auch kommen.« »Gut.«
Als sich die Tür hinter Nicolai geschlossen hatte, spürte Sofia eine schreckliche Müdigkeit in sich aufsteigen.
Langsam stand sie auf, ließ das Wasser ablaufen und wusch sich mit der Dusche die letzten Samenfäden aus dem Gesicht. Ein plötzlicher Schwächeanfall ließ ihre Knie zittern, und sie mußte sich an die Wand lehnen, um nicht zu fallen. Sie nahm ein Badetuch und ging in ihr Zimmer. Den Aktenkoffer hatte Nicolai mitgenommen, das stellte sie mit einem Blick fest. Sie setzte sich auf den Rand ihres Bett und kramte in ihrer Handtasche, bis sie die Kapsel mit dem Kokain fand, das Judd ihr geschenkt hatte. Gierig saugte sie zwei Fingerspitzen davon in die Nase. Der erwartete Auftrieb blieb aus. Sie war zu erschöpft, zu deprimiert und zu müde. Sie schob das Ko-kain zurück in die Tasche, streckte sich auf dem Bett aus und schlief sofort ein.
18
Es war kühler geworden, als sie erwachte. Sie setzte sich im Bett auf und stellte fest, daß ihre Haut nach dem langen traumlosen Schlaf bereits wieder völlig schweißverklebt war. Sie erhob sich, hüllte sich in den Morgenmantel und schloß die Tür zur Terrasse. Jetzt, in der Dunkelheit, schimmerte rings um die Bucht ein Lichterkranz, der dem großen Boule vard folgte.
Ein Blick auf die Uhr zeigte ihr, daß es halb neun war. Sie ging unter die Dusche und zog dann ein leic htes Leinenkostüm an.
Sie war gerade mit ihrem Make -up fertig, als das Telefon klingelte.
»Bist du wach?« fragte Nicolai. »Und fertig angezogen auch.«
»Gut. Ich komme in einer Viertelstunde und hole dich ab.« »Kommst du hierher, oder soll ich dich unten in der Halle erwarten?«
»Bleib in deinem Zimmer«, bat er. »Wir werden in einem Restaurant essen. Li Chuan kommt erst um zehn, und bis dahin haben wir noch etwas Zeit.«
»Gut.« Sie legte den Hörer auf und kehrte vor den Spiegel zurück. Make-up konnte wirklich Wunder bewirken.
In ihrem Gesicht war keine Spur von Müdigkeit mehr zu sehen. Aber das war nur die Oberfläche, denn tief im Inneren war sie immer noch müde und niedergeschlagen. Unzufrieden griff sie nach ihrer Handtasche.
Aus einem verschlossenen inneren Fach zog sie ein silbernes Pillendöschen und die Kokainkapsel. Ohne Wasser schluckte sie zwei Aufputschtabletten, dann saugte sie noch zwei Prisen Kokain von dem kleinen goldenen Löffel, den Judd ihr geschenkt hatte. Ihre Initialen waren auf dem Stiel eingraviert.
Diesmal spürte sie den Kokainstoß sofort. Die Mischung erweckte sie mit einem Schlag zum Leben. Ihr Herz begann lebhaft zu pochen, und sie atmete tief. Nun fühlte sie sich stärker. Sie würde mit allem fertig werden, was ihr bevorstand, dessen war sie sich sicher. Sie steckte die Kokainkapsel und das Pillendöschen in die Tasche zurück und stellte sich erneut vor den Spiegel. Jetzt, da ihre Augen leuchteten, gefiel sie sich wirklich.
Nicolai wartete, bis der Page die Champagnerflasche geöffnet und ihnen eingeschenkt hatte. Als sie wieder allein waren, reichte er Sofia eines der beiden Gläser und trank ihr dann zu. »Ich bitte um Entschuldigung.«
Sie blickte ihm fest in die Augen. »Dazu besteht kein Grund, Nicolai.«
»Es war dumm von mir.« Er wirkte zerknirscht. »Ich hätte ein bißchen darüber nachdenken sollen, was du alles durchgemacht hast.«
»Darauf kommt es doch nicht an. Jeder von uns muß seine Pflicht tun. Das ist alles, was zählt.«
Er berührte mit seinem Sektkelc h den Rand ihres Glases. »Auf dein Wohl, Sofia. Für mich hat es nie eine andere gegeben als dich.«
Sie nippte an ihrem Glas. »So darfst du nicht mit
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