Die Moralisten
behandeln.« Das Telefon klingelte, und Judd nahm den Hörer. »Ja?« Merlin meldete sich. »Wie geht es Ihnen heute, Sir?« »Ich bin drauf und ran, das Krankenhaus zu verlassen. Wird ja auch langsam Zeit. Die Ärztin sagt, in einer Stunde bin ich soweit.« »Gut. Wir haben eine Meldung vom Sicherheitsdienst.«
»Ja?«
»Li Chuan ist tot. Der Sicherheitsdienst hat sein Zimmer überprüft, als er zum Essen weg war. Sie haben verschiedene interessante Dinge gefunden, darunter den Code für unsere Computerzentrale. Wir wissen inzwischen, daß er ihn für zwanzig Millionen Dollar verkaufen wollte.« »Wie dumm von ihm«, sagte Judd kühl. »Kein Mensch würde eine solche Summe für einen Computercode bezahlen. Jeder halbwegs informierte Laie weiß doch, daß solche Codes nur dazu gemacht werden, um notfalls wie der geändert zu werden.«
»Von praktischen Dingen verstand er sehr wenig«, bestätigte Merlin. »Der Sicherheitsdienst hat übrigens in seiner Reisetasche auch einen Ausdruck der wichtigsten Konten bei der South and Western Savings and Loan Bank gefunden. Jetzt wissen wir wenigstens, wozu er unseren Computer angezapft hat. Wir müssen bloß noch herausfinden, wie er die Gelder von unseren Konten auf seine bewegt hat.« »Wer hat ihn denn umgebracht?«
»Ich habe lange darüber mit dem Sicherheitsdienst diskutiert. Diese Leute leben in einer ganz eigenen Welt. Aber sie sind der Ansicht, daß Sofias ehemaliger Freund diesen Todesfall arrangiert hat.«
Judd dachte einen Augenblick nach. »Was ist mit Sofia?« fragte er schließlich.
»Sie hat eine Menge zu tun gehabt«, erwiderte Merlin. »Meistens im Bett. Ich habe sämtliche Tonbandaufzeichnungen da. Ich kann Sie Ihnen gern vorspielen, wenn Sie zu mir ins Büro kommen.«
Judd lachte. »Sie haben das Zeug zum Voyeur, Merlin. Das hätte ich nicht von Ihnen gedacht. Wie steht es mit der Behandlung des kranken Genossen Breschnew? Muß sie nach Moskau?« »Ja, allerdings.«
»Heißt das, sie fliegt direkt von Havanna nach Rußland?« »Nein, sie hat einen Flug von Mexico City gebucht.
Sie müßte heute abend wieder hier in Florida sein.«
»Gut. Was gibt es sonst noch?«
»Nichts, was nicht warten könnte, bis Sie wieder im
Büro sind.«
Judd legte den Hörer zurück und musterte die Krankenschwester, die immer noch in seinem Zimmer hantierte.
»Ich bin nach wie vor scharf auf Sie, Bridget.« Sie streckte ihm ein Glasschälchen mit einer grünen Pille entgegen. »Nehmen Sie diese Tablette mit einem Schluck Orangensaft. Wenn Sie dann auf der Toilette gewesen sind und kalt geduscht haben, sollte das Problem sich erheblich verkleinert haben.«
Judd schluckte widerwillig die Pille. »Sie sind ein eiskaltes Luder«, knurrte er wütend.
»Wir brauchen eine hundertprozentige Kontrolle«, sagte Dr. Zabiski.
Judd streifte seinen Pullover über. »Wie meinen Sie das?«
»Genauso, wie ich es gesagt habe«, erwiderte die Ärztin. »Wenn wir keine vollständige Kontrolle über Ihre Lebensweise und Ihre Umgebung haben, können wir Ihre Lebenserwartung nicht steigern. Ihre bisherige Lebensweise stellt alles in Frage, was wir mit unseren therapeutischen Maßnahmen bis jetzt erreicht haben. Unsere gesamte Technologie kann den Raubbau an Ihrer Gesundheit nicht ausgleichen, den Sie selbst täglich betreiben.«
Judd wandte sich ärgerlich ab. »Ich kann doch nicht ewig im Krankenhaus bleiben. Ich würde ja durchdrehen.« »Ich weiß.«
»Da könnte ich ja gleich in einer Raumstation leben. Laborbedingungen sind nichts für mich.« »Das kann ich mir denken.« »Also was schlagen Sie vor?«
»Richten Sie sich eine eigene kontrollierbare Umwelt ein. Sie haben die Möglichkeiten dazu.« Die Ärztin suchte Judds Blick. »In gewisser Weise verfügen Sie schon über Ihre eigene Welt. Ihr Flugzeug ist ja beinahe ein
Raumschiff. Aber dieses dauernde Herumreisen ist äußerst schädlich für Sie.
Ich verstehe zwar, daß Sie überall auf der Welt Ihre Geschäftsinteressen wahrnehmen müssen, aber das bedeutet doch, daß Ihnen Ihre Gesundheit nicht so wichtig ist wie andere Dinge.« Dr. Zabiski stand auf.
»Denken Sie darüber nach, Judd. Gibt es irgendwas auf der Welt, was Sie nicht veranlassen könnten, zu Ihnen zu kommen? Gibt es irgend je manden, der so mächtig wäre, daß Sie ihn unbedingt selbst aufsuchen müßten? Wenn Sie sich eine kontrollierte Umwelt schaffen würden, könnten Sie sich Kommunikationssysteme Technologien und Versorgungssysteme aufbauen, die
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