Die Moralisten
sowohl Ihren persönlichen Wünschen als auch den medizinischen Anforderungen vollkommen entsprechen. Auch die menschlichen Kontakte, an denen Ihnen so liegt, ließen sich mühelos aufrechterhalten. Alle kommen zu Ihnen, wenn Sie es verla ngen.«
Judd starrte sie nachdenklich an. »Das würde bedeuten«, sagte er schließlich, »daß ich mir eine kleine Stadt nur für mich selbst bauen lassen müßte.«
Die Ärztin zuckte mit den Schultern. »Na und? Sie hegen doch die Absicht, für immer zu leben. Warum sollten Sie da nicht eine Stadt bauen, in der Sie genauso leben können, wie es Ihnen gefällt?« »Verrückt«, entfuhr es ihm.
»Eigentlich gar nicht«, entgegnete Dr. Zabiski. »Sie haben genügend Geld, um Ihr Ziel zu erreichen. Sie brauchen nur zu wollen.« Judd schwieg.
»Denken Sie darüber nach«, fuhr die Ärztin fort. »Diese Insel vor der Küste von Georgia zum Beispiel, die Ihnen gehört. Da steht doch bloß dieses eine Ferienhotel drauf. Das wäre die ideale Umgebung.« »Ich überlege es
mir.« »Gut«, nickte die Ärztin.
»Ich will aber kein zweiter Howard Hughes werden«, sagte Judd.
»Darum geht es auch nicht«, erwiderte Dr. Zabiski, »Howard Hughes ist vor der Welt davongelaufen, weil er Angst vor ihr hatte. Weil er Angst vor dem Tod hatte. Sie fürchten sich weder vor dem einen noch vor dem anderen, weder vor der Welt noch vor dem Tod. Die Welt können Sie jederzeit zu sich rufen und der Tod ist für Sie nur ein Ergebnis der Evolution, das Sie ändern möchten. Um die von Ihnen angestrebte Unsterblichkeit zu erlangen, müssen Sie allerdings akzeptieren, daß sich Ihr Lebensstil ebenfalls ändert.«
Nicolai telefonierte, als sie aus dem Badezimmer zurückkam. Sie ging zur Kommode und nahm frische Höschen und einen Büstenhalter heraus. »Du brauchst dich nicht zu beeilen«, sagte er. »Wir haben neue Befehle.«
Sofia warf ihm einen fragenden Blick zu. »Die Maschine nach Mexico City geht um zehn, und die nächste erst heute abend um sechs.«
»Du fliegst nicht nach Mexico City«, lächelte Nicolai. »Wir fliegen zusammen nach Moskau. Mit Aeroflot, kurz nach zwölf. Unsere Plätze sind schon gebucht.« »Aber was wird aus der Schwangerschaftsunterbrechung?« fragte Sofia. »Die ist für morgen geplant. Es ist alles vorbereitet in Boca Raton.«
»Wir brauchen dich in Moskau. Und eine Abtreibung findet nicht statt. Du wirst das Baby behalten.« »Das ist doch reiner Wahnsinn.« Sofias Augen waren weit aufgerissen. »Niemand weiß, was aus diesem Embryo wird. An Cranes biologischem System ist soviel herumgemurkst worden, daß ich vielleicht ein Ungeheuer im Leib trage.« »Dieses Risiko müssen wir eingehen«, sagte Nicolai. »Die Zentrale sieht das sicher ganz anders. Wir dürfen doch nicht übersehen, daß dieses Kind vielleicht sein einziger Erbe sein wird. Wenn wir das Kind haben, haben wir irgendwann alles: den ganzen Konzern, das Geld und sämtliche Informationen. Einer der größten Industriekomplexe der westlichen Welt würde uns einfach so in den Schoß fallen.« »Aber es war doch ein Experiment.«
»Das kann schon sein. Jetzt ist es eine Tatsache. Jetzt geht es um Macht. Erinnere dich bitte an das, was der tote Chinese gesagt hat.«
»Da mache ich nicht mit. Ich fliege nach Mexico City. Genau wie geplant.«
»Nein, du wirst den Befehlen gehorchen, Sofia.« »Und wenn ich das nicht tue?«
»Das wäre Verrat, und du weißt, was mit Verrätern geschieht.«
Sie ließ den Büstenhalter zuschnappen und zog das Spitzenhöschen an. »Wer wird mich denn umbringen?« fragte sie beiläufig. »Du vielleicht?« »Ich habe meine Befehle.«
»Aber du liebst mich doch«, flüsterte sie. »Das hast du doch immer gesagt.«
»Das stimmt auch«, nickte er. »Und ic h werde dich immer lieben.«
»Aber deine Befehle liebst du noch mehr, ja?« Die Bitterkeit in ihrer Stimme war nicht zu überhören.
Nicky gab keine Antwort.
»Dann liebst du mich auch nicht«, sagte sie. »Dir geht es nur um deine Karriere, um deinen Ehrgeiz, um deine Machtgier.«
Immer noch sagte er nichts.
»Jetzt wird mir einiges klar, Nicky. Ich war ja so dumm. Du hast dich nie scheiden lassen wollen von Ekaterina.
Das hätte ja alle deine Pläne durcheinandergebracht. Das kannst du dir gar nicht leisten, dazu ist ihr Vater viel zu mächtig im Politbüro.«
Nicolai schüttelte den Kopf. »Nein, so war es nicht ganz, Sofia. Ich will mit dir ehrlich sein. Ja, ich habe dich für meine Pläne benutzt, und eine Ehe kam nie
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