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Die Moralisten

Titel: Die Moralisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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einen Blick auf seine Armbanduhr und blickte dann gereizt in die Runde. Es war bereits halb vier, und Präsident Lopez Portillo war noch immer nicht da. Judd wandte sich an den Wirtschaftsminister, der neben ihm saß. »Der Herr Präsident hat sicher wichtige Dinge zu erledigen. Ich habe volles Verständnis, wenn er dieses Essen absagen möchte.«
    »Es liegt nichts Dringendes vor, Mr. Crane«, sagte der Minister in höflichem Englisch. »Aber vor vier Uhr nachmittags ißt der Herr Präsident niemals zu Mittag.« Judd warf Merlin einen kurzen Blick zu und wandte sich dann wieder dem Wirtschaftsminister zu. »Entschuldigen Sie mich bei dem Herrn Präsidenten.
    Leider habe ich sehr gedrängte Termine. Ich werde in Brasilien erwartet. Meine Abreise ist für vier Uhr geplant, deshalb muß ich sofort zum Flughafen. Vielleicht können wir das Essen nachholen, wenn ich in die Staaten zurückfliege.«
    Der Minister war sichtlich schockiert. »Aber der Herr Präsident wird außerordentlich enttäuscht sein, Señor Crane. Er hat sich so auf diese Begegnung gefreut.« »Ich mich auch«, versicherte Judd. »Ich wollte unbedingt mit ihm reden.«
    »Und das Geschäft, über das wir gesprochen haben«, stotterte der Minister. »Ich bin sicher, der Herr Präsident möchte das mit Ihnen besprechen.«
    »Da gibt es nicht mehr viel zu besprechen. Ich kenne Ihre Position. Ich habe verlangt, daß Sie ein Laboratorium und eine Fabrik für dreißig Millionen Dollar bauen.
    Dafür gehört Ihnen Crane Pharmaceuticals Mexico dann zu fünfzig Prozent. Sie dagegen wollen nur fünf Millionen bezahlen und verlangen von mir, daß ich den Rest, also fünfundzwanzig Millionen Dollar, selbst finanziere. Das ist, schlicht gesagt, für mich nicht sehr interessant. Ich bin Geschäftsmann, Herr Minister, und habe nicht die Absicht, Ihrem Land Geld zu leihen, von dem ich nicht weiß, ob ich es zurückerhalten werde. Ich bin der Ansicht, daß die Schulden die finanziellen Möglichkeiten des Landes weit übersteigen.« »Diese Ansicht steht in deutlichem Gegensatz zur Auffassung der zahlreichen Banken, mit denen wir finanzielle Vereinbarungen haben «, erwiderte der Minister verärgert. »Mexikos Ölfelder sind die größten der Welt, und sie haben bis her noch immer als Sicherheit ausgereicht, auch wenn unsere jeweiligen Zahlungsverpflichtungen hoch waren.« »Gewiß, Exzellenz«, beschwichtigte Judd. »Aber ich besitze weder Öltanker noch Raffinerien und bin auch sonst an Ihren Energiequellen nicht interessiert. Ich halte mich an die Fakten. Wir haben jetzt Ende 1979, und Mexiko hat Auslandsschulden in Höhe von fünfundfünfzig Milliarden Dollar. Da Sie sich ständig weiter verschulden, können diese Verpflichtungen bis zum Ende der Amtszeit des Präsidenten im Jahre 1981 auf über achtzig Milliarden anwachsen. Bis dahin wird die Welt im Öl schwimmen. Man wird darüber nachdenken müssen, wie man die Ölproduktion einschränken kann. Ich glaube nicht, daß Sie Ihre Schulden dann mit Öl bezahlen können.«
    »Aber wenn Ihre Prognose zuträfe, müßten sich dann auch zahlreiche andere Länder in Schwierigkeiten befinden. Das Problem müßte nicht nur bei uns gelöst werden, sondern überall auf der Welt.«
    »Das ist richtig«, bestätigte Judd. »Aber das wird nicht mein Problem sein. Keine meiner Banken hat irgendwelche Kredite vergeben, die durch Öl oder Ölprodukte abgedeckt werden. Ich bin der Ansicht, daß unsere Zukunft nicht mehr im Bereich der Energieversorgung und Produktion liegt, sondern im Bereich der Information, der Kommunikation und der medizinischen Versorgung. Wir befinden uns jetzt schon im postindustriellen Zeitalter. Die pharmazeutische Fabrik, die ich Ihnen anbiete, kostet Sie nur ein Minimum an Investitionen, gemessen an dem, was die Ölindustrie kostet. Aber die dreißig Millionen Dollar, die ich heute von Ihnen verlange, werden Ihnen schon in zwei Jahren Umsätze in Höhe von mindestens zweihundert Millionen Dollar einbringen, das verspreche ich Ihnen. Das nächste Unternehmen, das ich für Sie aufbauen will, Herr Minister, wird erst errichtet, wenn das erste rentabel arbeitet. Das bedeutet allerdings auch, daß wir in unseren Fabriken jegliche Korruption unterbinden werden. Den Schlendrian, der manche Unternehmen in Ihrem Land lahmt, können wir uns nicht leisten. Ich biete Ihnen elektronische Industrie, Kommunikations - und Informationstechnik, und mit unserem Know-how kann Mexiko zur führenden Industrienation der

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