Die Moralisten
die Halle. Auf der einen Seite befand sich ein gemütlicher Wohn-raum, auf der anderen Seite ein Eßzimmer, im Hintergrund ging es zur Küche. Eine Treppe führte ins obere Stockwerk, wo vermutlich die Schlafzimmer lagen.
»Die beiden werden sich Ihrer annehmen«, sagte Fast Eddie. »Es wird Ihnen an nichts fehlen. Wenn Sie etwas brauchen, sagen Sie Max und Mae Bescheid.« Er machte eine kleine Pause und fuhr dann fort: »Der Schnee ist in der mittleren Schublade Ihrer Kommode.« »Sie haben ja wirklich an alles gedacht.« Sofia war beeindruckt.
»Nicht ich«, sagte er rasch, »sondern Mr. Crane. Abendesse gibt es um neun. Ganz zwanglos. Max fährt Sie hinüber.« »Werden noch andere Gäste da sein?« fragte Sofia. »Nein«, antwortete Fast Eddie. »Nur Sie und Mr. Crane selbst.«
»Was ist denn mit Doc Sawyer?«
»Er wird gegen sechs Uhr aufs Festland zurückkehren.« Sofia sah auf die Uhr. Es war jetzt halb vier.
»Nehmen Sie sich Zeit, Frau Doktor«, sagte Fast Eddie. »Entspannen Sie sich. Nehmen Sie in aller Ruhe ein Bad. Schlafen Sie ein bißchen. Vergessen Sie nicht, daß Sie eine lange Reise hinter sich haben. Sie werden sich wundern, wieviel besser es Ihnen geht, wenn Sie ein bißchen ausgeruht und die Nase ge pudert haben.«
Sofia nickte. »Okay. Vielen Dank.«
Eddie winkte Max mit der Hand. »Bring bitte die Koffer hinauf«, bat er. Dann wandte er sich wieder an Sofia. »Denken Sie daran«, lächelte er. »Ich bin jederzeit für Sie da.«
Judd trug einen Jogginganzug und Turnschuhe. Sein tiefbraunes Gesicht war von einem leichten Schweißfilm bedeckt. Er winkte Doc Sawyer, einstweilen Platz zu nehmen, solange er noch telefonierte. »Schaffen Sie uns die verdammte Bank endgültig vom Hals«, bellte er in den Hörer. »Sagen Sie den Behörden, wir verzichten darauf.« »Das sind zweihundert Millionen Dollar«, sagte Merlin am anderen Ende der Leitung erschrocken. »Das ist doch sehr preiswert«, meinte Judd. »Was glauben Sie, was es uns kostet, wenn ich den Rest meines Lebens vor irgendwelchen Untersuchungsausschüssen verbringe und dämliche Fragen beantworte?« »Aber wir sind doch im Recht, und das können wir auch beweisen«, sagte Merlin.
»Das ist mir egal«, erwiderte Judd. »Ich habe jetzt schon vier Jahre mit diesem Unsinn vertrödelt. Die Transatlantic will den Laden haben. Sorgen Sie dafür, daß sie ihn kriegt. Sollen die sich doch den Kopf darüber zerbrechen.« »Sie sind der Boß«, seufzte Merlin. Plötzlich begann er zu Iahen. »Wahrscheinlich haben Sie recht. Nostradamus hat prophezeit, daß 1983 ein schlechtes Jahr für Finanzgeschäfte sein würde.«
Judd grinste. »Ich möchte nur wissen, ob Nostradamus dieses Geheimnis auch David Rockefeller mitgeteilt hat.« »Wir vermissen Sie, Chef«, sagte Merlin. »Wann kommen Sie wieder runter von Ihrer Insel?«
»Bald«, erwiderte Judd. »Ich habe versprochen, es ein Jahr zu probieren. Noch zwei Monate, dann ist es vorbei.« »Seien Sie schön brav!« sagte Merlin.
»Ich werde es versuchen«, lächelte Judd. Er legte den Hörer zurück auf die Gabel und wandte sich an Doc Sa-
wyer. »Ich war gerade beim Joggen, als ich den Hubschrauber einfliegen sah. Ich habe euch im Büro auf dem Bildschirm gesehen, als ihr aus der Maschine gestiegen seid. Sofia sah gut aus, nicht wahr?«
»Sie ist dünner geworden«, sagte Doc Sawyer. »Das konnte ich auf dem Bildschirm nicht sehen.« Judd nahm sich eine Zigarette, drehte sie aber nur in den Fingern, ohne sie anzuzünden. »Hat Sofia etwas darüber gesagt, was sie in Bangladesh gemacht hat?«
»Nein«, sagte Doc Sawyer. »Warum fragen Sie?« Judd warf die Zigarette in den Papierkorb. »Ich bin nicht sicher, aber ich glaube, ich weiß es«, meinte er nachdenklich. »Ich habe das Gefühl, die alte Dame hat mir nur einen Teil ihrer Papiere hinterlassen und den Rest Sofia gegeben. Die Aufzeichnungen, die in unserem Besitz sind, beginnen im Jahre 1953, als sie den Brunnen von Ponce de Leon gründete. Aber es gibt viele Hinweise auf frühere Protokolle.« »Ich habe alles gelesen«, sagte Doc Sawyer. »Aber das ist mir nicht aufgefallen.«
»Wir hatten diese Teile des Textes noch nicht übersetzt«, erklärte Judd. »Sie waren in Urdu verfaßt, einer der indischen Sprachen. Sie zitiert einen Propheten, der damals im heutigen Bangladesh lebte, den Maharishi Raj Naibuhr, den sie offenbar kannte. >Der Mensch kann nur dann Unsterblichkeit erlangen, wenn sein Inneres mit der Außenwelt eins wird<
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