Die Moralisten
Reflexen auf der Tischplatte erhellt wurden. Sofia lächelte. »Das ist ja wie im Kino bei dir.« Judd lachte. »Ein Innenarchitekt hat das entworfen. Ich mag diese dramatischen Effekte. Die meisten Speisezimmer sind so langweilig, bloße Schuppen zum Verzehren von Mahlzeiten. Hier werden auch die anderen Sinne befriedigt.« »Das ist eine gute Idee«, sagte sie.
»Es gefällt mir.« Sie hörte, daß sich eine Tür öffnete. Zwei Serviererinnen kamen herein. Sie waren sehr jung. Beide trugen weiße Hemden und Miniröcke, die kaum ihre Oberschenkel bedeckten. Ihre schlanken schwarzen Glieder bildeten einen reizvollen Kontrast zum leuchtenden Weiß ihrer knappen Bekleidung.
Sie waren einander so ähnlich, daß sie Zwillinge hätten sein können. Das Haar floß ihnen über die Schultern, ihre Augen sprühten vor Lebenslust und ihre Zähne schimmerten weiß. An den Händen trugen sie weiße Spitzenhandschuhe und auf dem Kopf ein winziges Häubchen. Sie stellten das erste Gericht auf den Tisch und verließen dann leise den Raum. »Hübsche Mädchen«, stellte Sofia fest. »Natürlich«, erwiderte Judd. »Was denn sonst? Hattest du etwas anderes bei mir erwartet?« »Amerikanerinnen?«
»Nein« erwiderte er. »Sie kommen aus Mauritius. Mein Agent hat mir sechs von ihnen geschickt. Sie haben alle einen Zweijahresvertrag.« »Sie sehen so jung aus.«
»Sechzehn oder siebzehn sind sie, glaube ich. Sie sprechen Französisch und Englisch, und vor allem sind sie sehr willig. Sie lernen gern und geben sich große Mühe, alle Wünsche zu erfüllen.« »Und was geschieht mit ihnen, wenn der Vertrag abgelaufen ist?«
»Dann fliegen sie wieder nach Hause, und wir holen uns andere.«
»Für dich ist das sicher eine gute Lösung«, sagte Sofia kühl. »Aber was haben die Mädchen davon?« »Eine solide Ausbildung«, grinste Judd, »eine Menge neuer Erkenntnisse und einen schönen Zuschuß zu ihrer Mitgift. Ihnen gefällt es sehr gut.«
»Ihr habt alles hervorragend organisiert«, lächelte Sofia. »Typisch amerikanisch.« Sie kostete den Kra bbensa-lat.
»Köstlich, unglaublich frisch.«
»Baby Shrimps. Wir haben sie heute morgen aus dem Golf von Mexiko eingeflogen. Das sind die besten, die es überhaupt gibt.«
»Alles bei dir ist das Beste«, lächelte Sofia. »Jetzt machst du dich über mich lustig.« »Nein«, beteuerte sie. »Ich bin ganz überwältigt.« Judd schwieg.
»Versteh mich nicht falsch«, fuhr sie fort. »Gestern war ich noch in Bangladesh, und jetzt bin ich hier. Es ist eine ziemliche Umstellung. Eine ganz andere Welt.«
Das Dinner war sehr amerikanisch: kräftige, halbrohe T-Bone-Steaks, Kartoffeln mit Soße, Erbsen und Salat. Die Weine kamen aus Frankreich: Montrachet zu den Krabben, Château Margeaux zum Fleisch. Als Nachtisch gab es Vanilleeis mit einem Löffel Creme de Menthe.
Sofia blickte ihren Gastgeber zufrieden an. »Ich hatte schon fast vergessen, daß man sein Essen so genießen kann.« Sie bemerkte allerdings auch, daß Judd nur sehr wenig aß. Im wesentlichen schien er die Erbsen von einer Seite des Tellers auf die andere zu schieben.
»Ich freue mich, wenn es dir schmeckt«, lächelte Judd. »Den Kaffee oder Likör trinken wir in der Bibliothek.« Er stand auf und hielt ihren Stuhl. »Du bist immer noch eine sehr hübsche Lady«, raunte er.
»Das hatte ich auch schon beinahe vergessen«, murmelte sie.
»Ich kam mir richtig alt vor neben diesen schönen Kindern, die du hier hast.«
»Das ist etwas anderes. Das sind Kinder, die spielen. Du bist eine wirkliche, sehr aufregende Frau.«
5
Eine silberne Kaffeekanne mit weißen Mokkatassen stand auf dem Cocktailtisch, als sie in die Bibliothek zurückkehrten. Daneben eine rauchige Cognacflasche mit zwei großen Glä sern. Entspannt ließ Sofia sich auf die Couch sinken. »Kaffee?« fragte Judd. »Ja, bitte.«
Er schenkte ein. »Cognac?«
»Hast du etwas dagegen, wenn ich beim Wodka bleibe?« »Aber ich bitte dich.« Er schnippte mit den Fingern, und Fast Eddie erschien. »Den Wodka«, bat Judd.
»Und die übrigen guten Sachen auch?« fragte Eddie. Judd warf Sofia einen fragenden Blick zu. »Wir haben Marihuana, Kokain, Uppers, Downers, bewußtseinserweiternde Drogen und was dir sonst noch so einfällt.«
»Mir fällt gar nicht viel ein«, sagte sie. »In Bangladesh gab es nur Haschisch.«
»Kein Opium?« fragte er.
»Doch«, gab sie zu. »Aber daran war ich nicht interes-siert. Davon bekommt man nur schwere Träume.«
»Wir haben ein
Weitere Kostenlose Bücher