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Die Moralisten

Titel: Die Moralisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Ge-fühl, richtig wach zu sein und auf Draht? Ich finde, du interessierst dich nicht mehr so für die Dinge wie früher.«
    »Manche Dinge interessieren mich wirklich nicht mehr«, gab er trocken zu. »Früher habe ich alle möglichen Spiele gespielt: Geschäfte, Geld, Leute. Das alle s langweilt mich jetzt. Ich finde das, was ich jetzt tue, viel wichtiger und interessanter Geld verdienen kann jeder. Ich habe mehr Geld als jeder andere verdient, auf diesem Gebiet brauche ich mich nicht mehr zu beweisen. Für Frauen und Sex gilt dasselbe. Das habe ich alles hinter mir. Jetzt kommt es nur noch darauf an, die Maschinerie des Körpers fit zu halten.«
    Sofia warf Doc Sawyer einen raschen Blick zu und wandte sich dann wieder an Judd. »Und was bedeutet dir die Liebe?« »Gefühlsmäßig, meinst du?«
    Sofia nickte. »Ich finde, die Liebe müßte dir sowohl körperlich als auch seelisch etwas bedeuten.«
    »Denkst du, ich wäre verrückt?« fragte Judd ruhig. »Denkst du, ich hätte keine Gefühle?«
    Er wandte sich an Doc Sawyer. »Denken Sie das etwa auch?« Sawyer hob die Hände. »Ich kann dazu nichts sagen. Ich weiß nicht, wovon Sie reden.«
    Judd lächelte. »Sofia, ich glaube nicht, daß meine Gefühle so tief sind wie deine, aber ich habe durchaus Gefühle. Diese Gefühle sind nur anderer Art. Ich werde unsterblich sein. Das heißt, ich überlebe euch alle.
    Ihr lebt nur eine gewisse Zeit, ich lebe für immer. Das heißt, ich darf mich an niemanden allzu sehr binden.
    An keinen von euch. Denn in zwanzig oder hundert oder weiß ich wieviel Jahren werdet ihr alle weg sein, und ich lebe mit anderen Menschen, in einer anderen Zeit.« »Du unterdrückst also deine Gefühle, weil du Angst hast, die jenigen, die du liebst, zu verlieren?« fragte Sofia. »Du hast Angst, du könntest unter dem Verlust leiden?« Sie spürte, wie ihr die Worte im Hals steckenblieben. »Vielleicht.« Judd wirkte nachdenklich. »Vielleicht gehören Sterblichkeit und Liebe zusammen. Mit allem, was man liebt und verliert, stirbt man ein bißchen.«
    Sofia mußte ihre Tränen zurückhalten. »Wenn du Kinder hättest, könntest du in ih nen weiterleben.« »Das wäre kein Leben«, entgegnete er. »Mein Vater lebt doch auch nicht. Ich will wirklich leben und keine bloße Erinnerung sein.« Sofia drehte sich zum Computer um und drückte mehrere Tasten. Auf dem Bildschirm erschienen Zahlenreihen und Buchstaben. Sie drückte zwei weitere Tasten, und das Bild verwa ndelte sich in eine demographische Kurve. Ohne sich umzudrehen sagte Sofia: »Nach diesen Angaben hast du jetzt eine Lebenserwartung von einhundertunddreißig Jahren. Mit deinen neunundvierzig Jahren hast du den Gesundheitszustand eines Einunddreißigjährigen.« Sie drehte sich zu ihm um. »Männer deiner Gesellschaftsschicht haben gegenwärtig eine durchschnittliche Lebenserwartung von vierundsiebzig Jahren, deine Lebenserwartung ist fast doppelt so hoch.« Judd sah sie irritiert an. »Was willst du damit sagen?« »Vor drei Jahren hatte dich Dr. Zabiski bei einer rechnerischen Lebenserwartung von einhundertfünfzig, und bei dem Versuch, noch mehr zu erreichen, brachte sie dich beinahe um. Willst du dich nicht lieber mit dem begnügen, was du er reicht hast, anstatt immer weiter zu experimentieren und dich vielleicht dabei zu zerstören?«
    »Wenn ich sterben muß«, erwiderte er, »dann ist es mir egal, wie lange ich noch zu leben habe und wann es geschieht. Jetzt oder irgendwann später. Was ich suche, ist das ewige Leben, Unendlichkeit.«
    »Nichts ist ewig«, sagte Sofia leise. »Nicht einmal die Sterne.«
    Judd dachte einen Augenblick nach. Sein Gesicht wurde starr. »Ich habe mich untersuchen lassen, wie du es gewünscht hast. Kannst du morgen früh mit der Prüfung der Akten von Dr. Zabiski anfangen?« »Ja«, erwiderte Sofia.
    »Gut«, nickte Judd. »Dinner heute abend um neun?« »Ja, vielen Dank«, sagte Sofia. »Wie sieht es mit Ihnen aus, Doc?«
    Sawyer schüttelte den Kopf. »Nein, danke. Ich muß wieder zurück. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben, oder?« »Bestimmt nicht«, lächelte Judd. »Laßt uns nach oben gehen und etwas trinken.«
    Judd trank Orangensaft, Doc Sawyer hatte sich einen Scotch on the rocks geben lassen, während Sofia ein eiskaltes Wodkaglas in der Hand hielt. Das Telefon klingelte.
    Judd nahm den Hörer und gab ihn dann Sawyer. »Es ist Ihr Büro, Doc.« »Was gibt's?« fragte Sawyer.
    Die Stimme seiner Sekretärin klang beunruhigt. »Entschuldigen

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