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Die Mordaugen von Brüssel

Die Mordaugen von Brüssel

Titel: Die Mordaugen von Brüssel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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nicht mehr an deinen Vater. Seine Stelle hat jetzt ein anderer eingenommen.« Adrienne wußte, wie man mit zögernden Menschen umging. Sie hakte Ruth unter und schritt mit ihr den Gehweg zum Atomium entlang. An der rechten Seite wurde er von einer Buschwand begrenzt. Die Wolken am Himmel verdichteten sich und nahmen gleichzeitig eine dunklere Farbe an. Auf dem Boden glänzten noch große Regenpfützen. Darüber trieben ebenfalls Dunstschleier. Zwei Männer überholten sie. Sie waren noch jung und gekleidet wie Punker. Sehr bunt, ungewöhnlich. Ihre Jacken hatten sie mit Leuchtfarbe angestrichen. Die hochhackigen Absätze klatschten durch die Pfützen.
    »Die beiden können es kaum erwarten«, sagte Adrienne und deutete auf das Atomium. »Schau, die Lichter!«
    Selbst Ruth, die dieses Wunderwerk der Technik schon des öfteren gesehen hatte, blieb stehen und öffnete weit ihre Augen. Es war wirklich imposant. Die Lichter verteilten sich wie helle Ringe um die zahlreichen Kugeln. Manche klein, andere wieder größer, und zwar dort, wo sich auch das Restaurant befand. Panoramascheiben ermöglichten den Besuchern einen herrlichen Blick über Brüssel und seine Umgebung.
    »Wie ein Raumschiff«, flüsterte Ruth. »Das sieht tatsächlich so aus wie ein Raumschiff.«
    »Ja, der Vergleich ist gut. Stößt es dich ab?«
    »Ich weiß nicht. Es kommt mir so fremd vor, auch so kalt.«
    Adrienne lachte leise. »Das wird sich ändern, glaube mir. Wenn sich der Meister erst einmal zeigt, wenn du die Augen siehst und ihre Blicke spürst, ändert sich vieles. Dann wirst du ganz anders denken als jetzt. Da brauchst du dann keine Furcht mehr zu haben. Er wird unser weiteres Leben bestimmen.«
    »Du bist so optimistisch.«
    »Das muß ich auch sein. Wir alle sind Optimisten, wir…« Adrienne verstummte, weil sie etwas gehört hatte. Nicht weit von ihnen entfernt raschelte es im Gebüsch. Sie blieben stehen und drehten sich. Aus der dichten Pflanzenhecke schob sich etwas hervor. Es war ein Schatten auf vier Beinen, ein Körper, dessen Fell leicht glänzte, der aussah wie ein Hund.
    Das war er nicht.
    Die Hyäne starrte beide Frauen an. Sie riß ihre Schnauze auf, als wollte sie die Menschen angähnen. Dabei zeigte sie ihre scharfen Zähne wie zur Warnung.
    »Das ist nie ein Hund!« flüsterte Ruth.
    »Nein, eine Hyäne!«
    »Was?«
    Adrienne ließ die Freundin los. Sie ging einen Schritt auf das Tier zu.
    »Schau mal in seine Augen. Sie sind so kalt, so herrlich grausam. In ihnen funkelt das gleiche Licht wie in den Augen des Meisters. Siehst du das denn nicht?«
    »Meinst du wirklich?«
    »Aber ja.« Adrienne Braun bückte sich und streckte ihren rechten Arm aus. Mit einer liebevollen Geste streichelte sie über das Fell der Hyäne, die diese Berührung sichtlich genoß, denn sie drückte sich enger an die Frau heran.
    Dabei gab sie Laute von sich, die mit dem zufriedenen Schnurren einer Katze zu vergleichen waren.
    »Sie weiß genau, daß sie zu uns gehört!« flüsterte Adrienne. »Sie weiß es genau.« Adrienne richtete sich wieder auf. Ihr Gesicht zeigte eine Gänsehaut. Auch sie konnte die Spannung nicht mehr unterdrücken.
    »Die Hyäne«, flüsterte sie, »war schon immer etwas Besonderes. Ein Tier des Teufels. Er hat sie geliebt, er hat sich auch oft in ihrer Gestalt gezeigt. Ich bin davon überzeugt, daß die Hyänen uns schützen werden. Sie sind zu unseren Leibwächtern geworden.«
    Ruth hatte nur zugehört. Jetzt nickte sie und versuchte auch ein Lächeln.
    »Geht es dir besser?«
    »Ja.«
    »Dann weiter.« Sie hakten sich wieder ein und wunderten sich nicht mehr darüber, daß die Hyäne an ihrer Seite blieb und sogar ihr Gehtempo einhielt.
    Sie war tatsächlich ein Aufpasser!
    Adrienne deutete zum breiten Eingang des Atomiums, wo auch die Kassenhäuschen standen, in denen jetzt keiner mehr saß. Dort warteten bereits die anderen auf Einlaß.
    Sie waren nicht ruhig, sprachen miteinander, und einige von ihnen fielen aus der Rolle.
    »Das ist die Offenbarung der Hölle! Das letzte Siegel ist gebrochen! Die neun Höllenkreise werden sich über den Erdball verteilen und die Macht des Bösen ausbreiten. Die Offenbarung der Hölle, der Hölle…«
    Als wären diese Worte ein Startsignal gewesen, so stimmten auch die anderen mit ein. Sie schrien die Sätze nach, ballten die Hände zu Fäusten und rammten die Arme in die Luft.
    Es war wie ein Fieber, das rasend schnell um sich gegriffen hatte. Keiner wurde verschont, auch die

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