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Die Morgengabe

Die Morgengabe

Titel: Die Morgengabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Ibbotson
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glänzend natürlich. Wie immer.
Ich glaube, Sie könnten sogar einem Schimpansen die Paläontologie begreiflich
machen. Die Neueinschreibungen lassen sich auch gut an – die Zahl ist wieder
gestiegen.»
    «Gibt es eigentlich auch Anträge von
Flüchtlingsorganisationen? Ich weiß, daß am University College Flüchtlinge
aufgenommen werden.»
    «Nein, wir
haben bis jetzt nichts dergleichen bekommen.»
    «Wenn welche kommen sollten, dann
nehmen Sie die Leute an. Es ist die Hölle da drüben, das kann ich Ihnen sagen.
Und wenn wir ihnen einen Laborplatz im Besenschrank einrichten müssen, nehmen
Sie sie.»
    «In Ordnung, werde ich tun. Wie sich
unser neuer Vizekanzler dazu stellen wird, weiß ich allerdings nicht. Ein
Kämpfer für die Armen und die Unterdrückten scheint er mir nicht gerade zu
sein.»
    «Eine Niete?»
    «Na ja, einer dieser Bürokraten ohne
Profil. Der Papierkram hat sich seit seiner Ankunft verdreifacht, aber er ist
nicht übel. Seine Frau ist dafür eine echte Geißel Gottes. Sie will unbedingt
den moralischen Standard der Universität verbessern und läßt sich von den
Angestellten der Universität bedienen. Sie ist eine geborene Croft-Ellis, falls
Ihnen das was sagt.»
    «Nicht viel.»
    «Aber das ist noch nicht alles»,
fuhr Felton düsteren Tons fort. «Eine Tochter ist auch noch da.»
    «Ist das nicht immer so?» meinte
Quin resigniert.
    «Ja, aber diesmal ist es besonders
schlimm. Sie kommt nämlich zu uns. Sie will ihren Magister in Zoologie machen
und fängt gleich im dritten Jahr an, weil sie das Vorstudium bereits in Indien
absolviert hat. Ich habe mich letzte Woche mit ihr unterhalten, und sie war so
gütig, mir mitzuteilen, sie halte unser Seminar für akzeptabel.»
    «Großer Gott», sagte Quin.
    «Genau.»
    Die nächsten zwei Tage hatte Quin im
Naturhistorischen Museum zu tun, wo er die Überführung der Funde überwachte,
die Milner sicher durch den Zoll geschleust hatte. Thameside mied er und
beschloß, zunächst nach Bowmont hinaufzufahren und erst zur Vorbereitung auf
das Wintersemester zurückzukommen.
    Eines jedoch wollte Quin unbedingt
in die Wege leiten, ehe er nach Norden reiste: die Auflösung seiner Ehe. Die
Gutsangelegenheiten lagen in den bewährten Händen einer alteingesessenen,
angesehenen Anwaltskanzlei in Berwick-upon-Tweed; mit dieser höchstpersönlichen
Sache, die er so schnell wie möglich geregelt sehen wollte, wandte er sich
jedoch an Dick Proudfoot von der Kanzlei Proudfoot, Buckley und Snaith, den er
aus Cambridge kannte.
    Proudfoot war ein Mann Anfang
Dreißig mit rundem Gesicht und beginnender Glatze, dem einiges von seiner
Liebenswürdigkeit abhanden kam, als er hörte, was Quin zu sagen hatte.
    «Du hast was getan?»
    «Ich habe eine junge Österreicherin
geheiratet, um ihr die Einreise nach England zu ermöglichen. Sie ist Halbjüdin
und sie war in Gefahr – es gab keine andere Möglichkeit. Jetzt möchte ich so
rasch wie möglich die Scheidung. Den nötigen Grund liefere ich natürlich. Es
läuft ja wohl immer noch so, daß man sich am besten mit einer anderen Frau im
Bett des Hotelzimmers erwischen läßt, wie?»
    «Und ich habe dich immer für
intelligent gehalten», sagte Dick Proudfoot mit beleidigender Geringschätzung.
«Was soll der Quatsch? Selbst wenn du mit so einer Geschichte durchkämst – die
Richter sind schließlich auch nicht ganz dumm –, hättest du damit die Scheidung
noch lange nicht in der Tasche. Du kannst eine Scheidung frühestens drei Jahre
nach der Eheschließung beantragen. Beantragen, mein Lieber!»
    Quin runzelte die Stirn. «Ich
dachte, das hätte sich mit dem neuen Gesetz, der Herbert Act, geändert. Der
arme Kerl hat sich doch weiß Gott alle Mühe gegeben, um das durchzuboxen.»
    «Das neue Gesetz läßt zusätzliche
Gründe für eine Ehescheidung zu, aber die Drei-Jahres-Klausel besteht in so
einem Fall weiter.»
    «Dann müssen wir es eben mit einer
Nichtigkeitserklärung versuchen», meinte Quin unerschüttert. «Das war sowieso
mein erster Gedanke. Ich fand ihn nur irgendwie ein bißchen katholisch.»
    Dick Proudfoot machte sich seufzend
eine Notiz. Die Gesetze über die Ehenichtigkeit waren archaisch und komplex.
Sein Fachgebiet war das Wirtschaftsrecht.
    «Na schön. Was schlägst du also vor?
Eine Ehe ist nichtig, wenn einer oder beide Partner zum Zeitpunkt der Eheschließung
das sechzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hatten; wenn eine andere Ehe
besteht; wenn die Partner in gerader Linie blutsverwandt

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