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Die Morgengabe

Die Morgengabe

Titel: Die Morgengabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Ibbotson
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Ruth herum, karikierten die Gäste in dem ungarischen Restaurant, die sich
bemühten, den Zigeunern, die an ihren Tisch kamen, ja kein Trinkgeld zu geben,
und da hörte man unversehens ein ganz außergewöhnliches Geräusch, ein
eingerostetes Keuchen, das vorher noch nie einer gehört hatte: Fräulein
Lutzenhollers Lachen.
    Und Pilly, die Arme, die immer ins
Fettnäpfchen trat, verpatzte dann alles. «Ach, Mrs. Berger», rief sie impulsiv,
«bitte, bitte überreden Sie doch Ruth, mit uns auf die Exkursion zu kommen. Wir
möchten sie alle so gern dabeihaben.»
    Leonie stellte ihre Kaffeetasse
nieder. «Was ist das für eine Exkursion?»
    Es war auf einmal
mucksmäuschenstill, als Ruth der Freundin einen vorwurfsvollen Blick zuwarf und
Pilly brennend rot wurde.
    «Es ist ein praktisches Seminar in
Northumberland, auf dem Landsitz von Professor Somerville», stammelte Pilly.
«Wir fahren alle mit. In drei Tagen geht es los.»
    «Davon habe ich keinen Ton gehört»,
sagte Leonie streng. «Das ist doch unwichtig, Mama», behauptete Ruth hastig.
«Es ist nichts weiter als eine praktische
Übung. Die brauche ich nicht.» Leonie ignorierte sie. «Und alle außer Ruth
fahren mit?»
    Pilly nickte. Tief betrübt darüber,
ihre Freundin verärgert zu haben, rückte sie näher an Onkel Mishak heran, und
ihre Augen füllten sich mit Tränen.
    Jetzt sprang Sam in die Bresche.
«Wenn Ruth nichts davon gesagt hat, dann wegen der Kosten. Das Seminar ist
ziemlich teuer, aber Pillys Vater hat angeboten, für Ruth zu bezahlen. Er ist
ein reicher Mann, und wir wissen alle, wie sehr Ruth Pilly beim Studium hilft,
aber Ruth will einfach nichts davon wissen. Sie ist so störrisch wie ein Esel.»
    «Und das Seminar wird von Professor
Somerville geleitet?» fragte Leonie.
    «ja. Es ist das beste seiner Art in
ganz England. Wir fahren nach Bowmont und ...»
    «Mama», unterbrach Ruth,»ich möchte
nicht mehr darüber reden. Ich nehme kein Geld von Pilly. Ich fahre nicht, und
basta.»
    Leonie nickte. «Du hast ganz recht.
Von Freunden Geld zu nehmen, ist nie gut.» Sie sah Pilly mit einem warmen
Lächeln an. «Kommen Sie, Sie können mir helfen, frischen Kaffee zu machen.»
    Erst als Ruths Freunde aufbrachen,
nahm sie Sam auf die Seite. «Liegt die Organisation des Seminars in Dr. Feltons
Händen?»
    «Ja. Er ist ein sehr netter Mann,
und er möchte unbedingt, daß Ruth mitkommt.»
    «Und Professor Somerville? Möchte er
auch unbedingt, daß Ruth mitkommt?»
    Sam zog die Augenbrauen zusammen.
«Bestimmt. Sie ist ja eine seiner besten Studentinnen. Aber er ist merkwürdig –
sie sind beide merkwürdig. Ich glaube, sie haben kaum ein Wort miteinander
gewechselt, seit Ruth da ist.»
    Nun hatte Leonie die Informationen,
die sie gebraucht hatte. In praktischer Hinsicht war alles klar – aber wie
sollte sie mit ihrer eigensinnigen Tochter fertigwerden?
    «Mishak, du mußt mir helfen», sagte
sie an diesem Abend, als sie mit ihm allein im Wohnzimmer saß, das durch die
Anwesenheit des Klaviers nicht gemütlicher geworden war.
    Mishak nahm seine langstielige
Pfeife aus dem Mund und inspizierte ihren Kopf, um zu sehen, ob sich da nicht
noch ein paar frische Tabakfädchen finden ließen. Aber es waren keine da.
    «Du willst deine Brosche verkaufen»,
konstatierte er.
    «Ja. Aber wie kriege ich Ruth dazu,
daß sie mitfährt?»
    «Überlaß das mir», sagte Mishak. Und
Leonie, die genau das vorgehabt hatte, gab ihm einen Kuß und ging zu Bett.

17
    Quin hatte am Verhalten der Leute, die in Bowmont
für ihn arbeiteten, nie etwas auszusetzen gefunden, aber als er jetzt durch das
Dorf und dann den Hügel hinauf fuhr, hatte er den Eindruck, daß alle ihm mit außergewöhnlicher
Liebenswürdigkeit entgegenkamen. Trotz des strömenden Regens, den der Wind vom
Meer herantrieb, kamen Mrs. Carter, die das Postamt leitete, der Schmied und
der alte Sutherland oben an der Pforte auf die Straße heraus, um ihm lächelnd
zuzuwinken, und mehrmals wurde ihm, als er anhielt, die Hand mit einer
Herzlichkeit geschüttelt, die anzudeuten schien, daß eine besondere Freude, an
der sie alle teilhatten, auf ihn wartete.
    »Aber Sie werden weiter wollen»,
sagte Mrs. Ridley, die Frau des Verwalters eines seiner Höfe, nachdem sie
einige freundliche Worte gewechselt hatten. «Sie haben es heute sicher eilig,
nach Hause zu kommen.»
    Bei seiner Ankunft in Bowmont traf
er Turton ähnlich wohlwollender Stimmung an. Der Butler begrüßte ihn als
Master Quinton – so hatte man ihn

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