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Die Morgengabe

Die Morgengabe

Titel: Die Morgengabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Ibbotson
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sein,
Professor!» hatte Lady Plackett gerufen. Und Verena hatte die recht unverblümte
Bemerkung riskiert: «Seien Sie mir nicht böse, aber da käme ich mir vor, als
beginge ich Verrat an meinen ungeborenen Kindern.»
    Tatsächlich sprach Verena an diesem
Abend all das aus, was Frances dachte. Verena hatte gesunde Ansichten zum Thema
Flüchtlinge und hatte, als Quin aus dem Zimmer gegangen war, ihrer Befriedigung
darüber Ausdruck gegeben, daß eine Österreicherin ihres Jahrgangs nicht an
dieser Exkursion teilnehmen würde. Sie konnte eine Verbindung zwischen den
Croft-Ellis' und den Somervilles herstellen, eine sehr entfernte zwar nur, die
aber dennoch beruhigend war, und was sie über das Hündchen zu sagen wußte,
entsprach genau dem, was Frances selbst gedacht hatte daß es in solchen Fällen
wirklich barmherziger sei, die kleinen Dinger gleich nach der Geburt zu
ertränken.
    «Ein sehr angenehmes junges
Mädchen», urteilte Frances, als Martha mit der allabendlichen heißen
Schokolade in ihr Zimmer trat.
    Ein mittelalterlicher Mönch mit dem
Ziel, ein Leben in Armut und Askese zu führen, hätte sich in Frances
Somervilles Schlafzimmer wie zu Hause gefühlt. Die Fenster waren geöffnet und
ließen die feuchte Nachtluft herein, die Teppiche auf den nackten Dielenbrettern
waren abgetreten, die Matratze in dem Himmelbett war schon voller Knubbel
gewesen, als Frances nach Bowmont gekommen war, und war es immer noch.
    Martha stimmte ihrer Herrin zu. «Ja,
auf uns unten hat sie auch einen guten Eindruck gemacht», sagte sie und hielt
es nicht für nötig hinzuzufügen, daß die Dienerschaft auch ein Kalb mit zwei
Köpfen akzeptiert hätte, wenn dadurch gewährleistet gewesen wäre, daß Bowmont
in Privatbesitz blieb und man seine Arbeit nicht verlor. «Soll ich Ihnen nicht
eine Wärmflasche bringen?» meinte sie jetzt, da sie ihre Herrin trotz des
gelungenen Abends müde und abgespannt aussehend fand und wußte, daß die Kälte
für ihre Arthritis nicht gut war.
    «Kommt nicht in Frage!» fuhr Frances
sie an. «Am ersten Dezember kannst du mir eine bringen, aber keinen Tag früher
– das weißt du doch!» Doch sie ließ es zu, daß Martha die silberne Haarbürste
zur Hand nahm und ihr das spärliche graue Haar ausbürstete. «Es war wohl Elsie,
die das Hündchen hinausgelassen hat?» bemerkte sie nach einer kleinen Pause.
    Martha nickte. «Sie hat so ein
weiches Herz, die Kleine. Comely will ja mit dem Tierchen nichts zu tun haben.
Und Elsie hört es immer winseln.»
    «Sieh zu, daß es gleich morgen früh
zu Barker gebracht wird. Seinetwegen hätte es beinahe einen bösen Unfall
gegeben.»
    «Das wird bis übermorgen warten
müssen. Morgen ist Barker in Amble, um Holz abzuholen, das er dort bestellt hat.»
    Als Frances später, die eiskalten
Füße hochgezogen, in ihrem Bett lag, dachte sie noch einmal darüber nach, wie
gut der Abend doch verlaufen war. Sie wollte jedenfalls ins Dorf ziehen, wenn
Quin heiraten sollte. Quin hatte zwar kein auffallendes Interesse an Verena
gezeigt, aber das würde schon noch kommen.
    Von den Hoffnungen seiner Tante nichts ahnend und am
Schicksal Verena Placketts nicht im geringsten interessiert, stand Quin am
Fenster seines Turmzimmers und sah zum Meer hinaus und zum Mond, der ständig
hinter wirbelnden schwarzen Wolken verschwand. Es regnete immer noch, aber das
Barometer stieg. Es war ein Risiko gewesen, so spät im Jahr mit den Studenten
hier heraufzukommen, aber wenn es in Northumberland einen Altweibersommer gab,
dann war er um so schöner. Der Herbst konnte hier von einer herzzerreißenden
Schönheit sein.
    Quin bewohnte das Zimmer ganz oben
im Turm, seit der Großvater den Achtjährigen das erstemal dort hinaufgeführt
hatte, ein verwirrtes, elternloses Kind, fremdländisch gekleidet, mit einer
großen Brille auf der Nase, die zur Kräftigung seiner Augen nach einer
Masernerkrankung beitragen sollte. Durch drei Stockwerke von seiner Erzieherin
getrennt, für die Nacht unter das Fell eines Eisbären gebettet, den der Basher
in Alaska geschossen hatte, war Quin Abend für Abend zitternd vor Angst zu Bett
gegangen – und doch hätte er selbst damals sein Krähennest um nichts in der
Welt eingetauscht.
    Die Studenten mußten jetzt jeden
Moment eintreffen; der Bus, der gemietet worden war, sie in Newcastle
abzuholen, würde direkt den holprigen Weg zur Bucht hinunterschaukeln. Quin war
etwas früher am Abend unten gewesen, um sich zu vergewissern, daß alles bereit
war: daß

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