Die Moulokin-Mission: Science Fiction-Roman
geschalteten Strahler, um ein paar zerdrückte, haarige Gestalten auf dem Eis zu beleuchten. Vom Wind zerzaust, bildeten sie eine groteske Spur, die zu den fernen Klippen wies.
»Dieser Inselvorsprung wäre ein guter Schlupfwinkel für Piraten«, erklärte Hunnar. »Hier könnten sie Handelsfahrzeuge angreifen, die aus dem Westen von Arsudun kommen. Ich hätte freilich nicht gedacht, daß sie den Mut hätten, etwas von der Größe der Slanderstree anzugreifen.«
»Ich auch nicht, Hunnar.« September kratzte sich am Hinterkopf und versuchte, sich durchs Haar zu fahren, bis ihm einfiel, daß er ja seit einiger Zeit wieder einen Schutzanzug trug. »Vielleicht war die Versuchung für sie zu groß. Aber wenn wir nur Schwerter gehabt hätten, dann hätten sie es möglicherweise geschafft.«
Ein Maat trat zu Hunnar, wechselte ein paar Worte mit ihm und ging dann weiter. Sein Arm war bandagiert.
»Unsere Verluste sind nicht sonderlich schwer«, teilte Hunnar ihnen mit. »Kann sein, daß wir noch mehr Angriffe von dieser Art erleben, Freunde. Ich hoffe nur, daß die Opfer nicht vergebens sind.«
»Das hoffe ich auch, Freund Hunnar.« Ethan war froh, daß es Nacht war. Dann brauchte er wenigstens den Matrosen nicht zuzusehen, wie sie mit Schmelzwasser das Blut von den Decks wuschen.
Beim Säubern der Decks fanden sie drei Leichen, die aus Sofold stammten. Wie es Sitte war, wurden die Toten in den Rumpf des Schiffes getragen. Dort würden sie in dem ungeheizten Raum unter Deck bleiben, bis die Slanderscree nach Hause zurückkehrte. Die dort herrschende Temperatur, die unter dem Nullpunkt lag, würde sie konservieren. Nach dem Bestattungszeremoniell, dem ihre Familien beiwohnten, würde man die Leichen auftauen und in eine Art feines Mehl verwandeln, das man dann über die kultivierten Felder des inneren Sofold verstreuen würde. Auf diese Weise bereicherten die Toten die Erde ihrer Heimat, die ihnen zu Lebzeiten Nahrung geliefert hatte. Das war nicht nur ein Gebot der Tradition, sondern auch eines der Notwendigkeit. Die Inselstaaten von Tran-ky-ky waren arm an natürlichen Düngemitteln.
Die Leichen gefallener Feinde hingegen galten der Tradition nach als ungesund. Da man annahm, daß sie spirituell die Felder vergiften würden, pflegte man jene abgekühlten Leichen einfach über die Reling zu werfen. Während der Schamane des Schiffes die Wunden säuberte und verband, machte sich der Zimmermann daran, die Reling an all den Stellen zu reparieren, wo die Lichtlanzen der Himmelsausländer sie verbrannt hatten.
Während die Reparaturarbeiten noch im Gange waren, wurde eine wesentlich umfangreichere Wache aufgestellt, und der Rest der Mannschaft kehrte in die Hängematten oder zum Abendessen zurück, je nachdem, was sie vor der Störung gerade getan hatten. Als alle die Mahlzeit wieder aufgenommen hatten, stellte man einen leeren Sitz im Saal fest. Es handelte sich um den zwischen Hunnar und Ethan.
»Wer hat zuletzt die Tochter des Landgrafen gesehen?« Hunnar musterte die Ritter, Junker und Maate. Doch keiner hatte etwas zu sagen. Ein Gefühl der Sorge erfüllte den Raum. Allem Anschein nach konnte niemand sich daran erinnern, Elfa gesehen zu haben.
Ein Matrose meinte, er hätte sie auf Deck gesehen, wie sie mit dem Rest der Mannschaft kämpfte, um die Eindringlinge abzuwehren. Da er aber voll und ganz damit beschäftigt gewesen war, sein eigenes Leben zu bewahren, hatte er sie nicht lange im Auge behalten.
Hunnar erhob sich. »Durchsucht das Schiff. Fangt mit den drei Kabinen an, dann die Lagerräume zwischen den Decks und anschließend nehmt ihr euch die Takelage vor.«
Zum zweitenmal wurde das Mahl unterbrochen, und die Insassen des Saales schwärmten über das ganze Schiff aus. Jeder Zentimeter Holz wurde untersucht, jede Rah und jede Segelkiste, doch ohne Erfolg.
Elfa Kurdagh-Vlata war nicht mehr auf dem Schiff.
Jemand meinte, sie könne über Bord gefallen sein. Also kletterte die Mannschaft über Trossen und Leitern in die Tiefe und suchte das Eis rings um den Eissegler ab. September, Ethan und Hunnar schlossen sich der Suchaktion an. Die Öllampen, die die chivanierenden Matrosen trugen, erinnerten an eine Versammlung von Glühwürmchen, die in unregelmäßigen Mustern über das Eis zogen. Einige folgten den reglosen Gestalten, die den Fluchtweg der Feinde bis zu den Klippen hin säumten.
Wieder waren alle Berichte negativ. Elfa war weder am Leben und auf dem Schiff noch tot auf dem Eise.
»Die haben doch
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