Die Mütter-Mafia
und knisterte direkt über unseren Köpfen, und eines Nachts fiel es dann zwischen zwei morschen Dachbalken - plumps - direkt auf unser Bett. Es war ein Marderbaby. Kannst du dir vorstellen, wie ich gekreischt habe? Constanze? Warum guckst du so komisch?«
»Weil ich ... äh, aber ich dachte, Antons Frau wäre eine Thailänderin und sie wäre zurück nach Thailand gegangen.« In das Loch, aus dem sie gekrochen war, hatte Sabine gesagt.
»Nein«, sagte Mimi. »Sie ist jetzt in England, im Management einer Londoner Investmentbank, und sie macht da einen fantastischen Job. Es hat Anton das Herz gebrochen, als sie gegangen ist und Molly mitgenommen hat, aber er ist drüber hinweg. Ehrlich.«
Ich hatte eigentlich angenommen, der schrecklichste Teil des Tages läge bereits hinter mir. Jetzt musste ich schmerzlich erkennen, dass das ein Irrtum gewesen war.
»Jane ist eine schillernde Persönlichkeit«, sagte Mimi. »Umwerfend schön und absolut brillant. Ich glaube, sogar Ronnie war heimlich in sie verliebt, auch wenn er es nie zugegeben hat. Anton jedenfalls war hingerissen, und selbst seine bornierte Mutter war schwer beeindruckt von Jane. Der Vater schottischerLandadel, die Mutter aus einer Familie schwerreicher thailändischer Seidenhändler, mehr Geld auf einem Haufen findet man wirklich selten. Und Jane liebte Anton wirklich, zumindest am Anfang. Aber es ging nicht lange gut. Jane ist ein echter Workaholic, viel schlimmer als ich, sie hat trotz der Kinder vierzehn Stunden am Tag gearbeitet, die ganze Woche über war sie im Ausland. Die Ehe ging daran kaputt, und, ehrlich gesagt, war ich in diesem Fall ausnahmsweise mal auf der Seite des Mannes. Ich meine, man kann keine Kinder kriegen und einfach weitermachen wie vorher, oder? Nicht mal Männer können das. Hach, die Geschichte hat mich damals echt mitgenommen. Aber Anton ist drüber weg, das kannst du mir wirklich glauben. Er hatte in der Zwischenzeit schon wieder die ein oder andere Affäre, und Ronnie und ich sind sehr zuversichtlich, dass er sich wieder verliebt. Weil wir ihn damals mit Jane sozusagen verkuppelt haben, fühlen wir uns irgendwie für ihn verantwortlich.«
Ich knetete wie wild an meinem Engelsflügel.
»Constanze? Du siehst aus, als ob du gleich anfängst zu heulen.«
»Ja, das würde ich auch am liebsten tun«, sagte ich.
»Also, so hässlich ist dein Engel nun auch wieder nicht«, sagte Mimi. »Wir können ihn den Katzen zum Spielen geben. Hör mal, jetzt guck doch nicht so. Wenn Anton nicht dein Typ ist, zwingt dich doch niemand, was mit ihm anzufangen. Es war bloß so eine Idee von uns.«
»Ich habe Anton gesagt, dass mein Sohn es mal nicht nötig haben würde, sich seine Frau in Fernost zu kaufen«, sagte ich.
Mimi sah mich mit großen Augen an. »Das hast du nicht«, sagte sie.
»Doch, das habe ich. Frauke und Sabine haben mir gesagt, dass Anton seine Frau aus den Ferien mitgebracht hat, preiswert in einem Bordell gekauft. Und als sie ihm keine männlichen Erben gebären konnte, habe er sie zurück in die Slums geschickt. Ich habe ihm gesagt, dass es vermutlich daran liegt, dass seineMutter ihn zu früh aufs Töpfchen gesetzt hat. Fünf Minuten später hat sich dann herausgestellt, dass er mein Anwalt ist.«
Mimis Mund stand weit offen. Schließlich brach sie in brüllendes Gelächter aus.
»Schön, dass das wenigstens einen von uns amüsiert«, sagte ich.
*
Herr Becker, der einzig Überlebende der Anwaltskanzlei Süffkens, Brüderle und Becker, ließ sich von Antons freundlich formulierter Bitte, Herrn Beckers Mandanten, also Hempels, mögen bitte in Zukunft von der Belästigung seiner Mandantin, also mir, Abstand nehmen, nicht einschüchtern. Er schickte umgehend eine vierzehnseitige Fotodokumentation über unser Grundstück, dessen Vegetation, den Komposthaufen und das Baumhaus an das Bauamt, das Ordnungsamt, das Jugendamt und das Grünflächenamt. Auf einem Foto sah man auch mich, wie ich die Wäsche aufhängte.
Zwei Tage später bekam ich Besuch.
»Guten Tag, mein Name ist Höller, und ich möchte bitte die nicht genehmigten baulichen Anlagen auf Ihrem Grundstück besichtigen«, sagte der junge Mann.
Ich hatte sofort ein schlechtes Gewissen wegen des Baumhauses. »Tute mir Leite«, wollte ich sagen. »Iche nur Putzefrau. Komme andermal wieder, wenn Frau Wischeneweski sein zu Hause, bitte.« Aber dann kam mir der Gedanke, dass möglicherweise morgen schon jemand von der Gewerbeaufsicht vor der Tür stehen könnte,
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