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Die Mütze

Die Mütze

Titel: Die Mütze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wladimir Woinowitsch
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ersten Zeile schon alles klar ist ?«
    »Dir ist überhaupt nichts klar!« schrie Efim mit immer i schrillerer Stimme, »Fixer und Strichmädchen kommen bei mir nie vor. Ich schreibe nur über gute Menschen. Und über schlechte schreibe ich nicht, denn die interessieren mich nicht. Und mein Bauleiter ist überhaupt ein alter Junggeselle.«
    »Ach so, ein Päderast«, freute sich Baranow. »Dann sieht die Sache ganz anders aus, alles hat eine ganz andere Bedeutung. Fr sitzt, er schwitzt, die Fliege fliegt gegen die Scheibe...«
    Efim konnte es nicht länger ertragen und legte auf.
    Er war im Begriff, das Telefon wieder ins andere Zimmer zu tragen, als es in seinen Händen läutete.
    »Glatzik!« flötete Kukuschas Stimme, »ich habe vergessen, dir zu sagen, daß du vormittags nicht aus dem Haus gehen darfst. Man bringt die Wäsche aus der Wäscherei.«
    »Gut«, sagte Efim und wartete, daß sie auflegte.
    Die kurze Antwort machte Kukuscha stutzig.
    »Die Quittung liegt auf dem Tischchen vor dem Spiegel«, sagte sie, nur, um seine Stimme zu hören und daran zu erkennen, was eigentlich los war.
    »Gut.«
    »Glatzik!« Kukuscha wurde nervös. »Hast du etwas Unangenehmes erlebt?«
    »Nein.«
    »Du sollst nicht schwindeln! Ich höre doch an deiner Stimme, daß du nicht bei der Sache bist! Was ist geschehen ?«
    Efim, der mit seiner Frau immer außerordentlich zuvorkommend und sogar unterwürfig zu sprechen pflegte, wurde ungeduldig: »Kannst du mich denn nicht in Ruhe lassen?« rief er weinerlich. »Ich hab' dir doch gesagt, es ist überhaupt nichts los. Es ist überhaupt nichts geschehen, alles bestens. Sawelij fliegt, die Fliege schwitzt, und die Schriftsteller kriegen Mützen. «
    »Wie bitte ?« staunte Kukuscha. »Glatzik - bist du vielleicht übergeschnappt ?«
    »Kann schon sein.« Efim kam ebenso plötzlich wieder zur Besinnung, wie er aus der Haut gefahren war. »Entschuldige, gerade hat mich Baranow fast um den Verstand gebracht.«
    »Hab' ich mir doch gedacht. Was hat er denn gesagt?«
    »Ach, gar nichts, nichts Besonderes. Es lohnt sich nicht, darüber zu reden. Er sagte, daß im Literaturkombinat Mützen für die Schriftsteller genäht werden.«
    Diese Neuigkeit fand Kukuscha interessant, und Efim, nun wieder besänftigt und lächelnd, wiederholte das eben Gehörte über die Verteilung der Mützen nach Rang: Bedeutende - Rentier, sehr Bekannte - Bisam, Bekannte - Murmeltier... »Und ich«, schloß er, »Kanin.«
    »Wieso Kanin?« fragte Kukuscha streng.
    Er wiederholte Baranows Begründung.
    »Unsinn«, sagte Kukuscha. »Baranow sollte überhaupt keine bekommen, dieser Drückeberger, dieser Säufer! Aber du bist ein fleißiger Schriftsteller. Du machst Dienstreisen, du hast mit wichtigen Leuten zu tun, du kannst unmöglich in einer Kaninchenmütze herumlaufen.«
    »Reg dich doch nicht auf. Ich laufe ja gar nicht in einer Kaninchenmütze herum, du weißt doch, ich habe die schöne Mütze aus Wolfspelz.«
    Kukuscha schwieg. Das tat sie immer, wenn sie ihre Unzufriedenheit ausdrücken wollte.
    »Aber mein Liebes, was hast du bloß!« beschwichtigte sie Efim. »Wenn dir soviel daran liegt, geh' ich hin und lasse mich in die Liste eintragen. Aber sie werden mir nichts anderes geben. Du weißt doch selbst, ich bin kein Sekretär des Schriftstellerverbandes, kein Parteimitglied, und  Paragraph fünf  ist bei mir auch nicht ganz in Ordnung.«
    »Gut, wenn du dich selbst als minderwertig empfindest, brauchst du nicht hinzugehen. Du bist schlechter als alle anderen, und du hast keine Wünsche. Du hast ja eine Mütze. Was geht es denn die überhaupt an, was du alles hast! Du hast außerdem auch Familie, einen erwachsenen Sohn, und dessen Mütze hat schon alle Haare verloren! Er trägt sie bereits zwei Jahre. Aber es hat ja gar keinen Sinn, mit dir zu reden. Du bist ja so höflich, so gut zu allen Menschen, du brauchst nichts, du lächelst alle an, du grüßt alle als erster, du hältst alle Menschen
    Im gut und bist auch ein guter Mensch und schlechter als alle anderen.« Dann knackte es - Kukuscha hatte aufgelegt.
    »Verrücktes Frauenzimmer!« Efim legte auch auf und lächelte. »So was, du bist ein guter Mensch und schlechter als alle anderen. Weiberlogik!«
    Obwohl Kukuscha ihn angefahren hatte, fühlte er sich von allem Gesagten angenehm berührt. Es tat wohl zu hören, daß man gut, gütig, selbstlos und bescheiden sei. Trotzdem begann er zu grübeln, ob sie nicht vielleicht doch recht hätte. Natürlich ist er

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