Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Mütze

Die Mütze

Titel: Die Mütze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wladimir Woinowitsch
Vom Netzwerk:
Sadowo-Kudrinskaja, ein genialer Einfall kam: »Sollte ich nicht, da sie sowieso alle Karten in der Hand haben, ab sofort, solange es noch nicht zu spät ist, mit den Wölfen heulen?«
    Zu Hause angekommen, stellte Efim seine Aktentasche in die Ecke, zog die Stiefel aus, schlüpfte in seine Hausschuhe und begab sich ins Wohnzimmer. Kukuscha und Tischka aßen vor dem Fernseher zu Abend und sahen sich Eiskunstläufen an.
    Efim setzte sich auf das Sofa und starrte auf die Mattscheibe, jedoch ohne das Geringste zu sehen und zu hören.
    »Glatzik, möchtest du nicht zu Abend essen ?«
    Er rührte sich nicht.
    »Glatzik!« Nun wurde sie ungeduldig. »Ich frage dich, willst du die Pelmeni mit Butter oder mit saurer Sahne?«
    »Elf«, antwortete Efim.
    »Was heißt >elf    »Ich bin seit achtzehn Jahren Mitglied des Schriftstellerverbandes und habe elf Bücher geschrieben«, sagte Efim und fügte nach einigem Nachdenken hinzu: »Und Baranow kein einziges.«
    Mutter und Sohn wechselten einen Blick.
    »Glatzik!« Kukuscha schien ernsthaft beunruhigt, »spinnst du?«
    »Nein«, fuhr Efim ungerührt fort. »Ich werde diese Angelegenheit nicht auf sich beruhen lassen. Ich werde meine Mütze bekommen, und wenn es mein Leben kostet.«
    Plötzlich sprang er auf, stürzte in den Korridor und kam mit seiner Wolfsmütze zurück.
    »Tischka, dir gefällt doch meine Mütze ?«
    »Natürlich gefällt sie mir.« Tischka schluckte den letzten Bissen hinunter und wischte sich mit einer Papierserviette über den Mund.
    »Also.« Efim nickte gravitätisch. »Ich schenke sie dir!« Er stülpte Tischka die Mütze über. »Guck doch mal in den Spiegel, wie gut sie dir steht!«
    »Und du wirst meine Mütze tragen ?« fragte Tischka interessiert. Er nahm die Mütze ab, betrachtete sie von allen Seiten und legte sie auf den neben ihm stehenden Stuhl.
    »Deine?« Efim schien verwundert. »Du kannst deine Mütze ruhig wegwerfen, sie ist ja schon völlig abgewetzt.«
    »Und was wirst du tragen ?«
    »Ich werde eine neue bekommen«, sagte Efim. »Ich werde sie bekommen, und wenn es mein Leben kostet.«
    »Nun iß mal erst, Glatzik!« Kukuscha stellte einen Teller voll Pelmeni auf den Tisch, »hier, setz dich und iß. Und vergiß doch diese Mütze! Ich bin ja an allem schuld. Aber bitte, vergiß in Gottes Namen diese Mütze! Ich werde dir eine Mütze kaufen, wie sie keiner von deinen Scheißschriftstellern trägt. Du brauchst es nur zu sagen, und ich kaufe dir eine Mütze aus Silberfuchs.«
    »Nein!« schrie Efim, »auf keinen Fall! Ich werde sie zwingen. Sobald Karetnikow wieder da ist, werde ich zu ihm gehen und dann...«
    Er winkte ab und brach in Tränen aus.
    Efim war übergeschnappt. Ich hörte davon zuerst beim Telefonieren mit Baranow und dann von Fischkin, dem ich im Schriftstellerhaus begegnete. Bevor ich Efim anrufen konnte, erschien bei mir frühmorgens - es war noch nicht einmal neun - Kukuscha im Nerzmantel, auf dem unzählige Schneeflocken glitzerten.
    »Entschuldige, daß ich einfach so reinplatze«, sagte sie, »aber ich will nicht, daß jemand davon erfährt.«
    »Ist egal, schon gut. Bitte entschuldige, daß ich noch im Schlafanzug bin.«
    »Aber das ist nun wirklich egal. Übrigens ein sehr schöner Schlafanzug! Woher?«
    »Den hat mir meine Schwester aus Frankreich mitgebracht.«
    »Du hast eine Schwester in Frankreich ?« staunte Kukuscha.
    »Nein, ich habe eine Schwester in Ischewsk. Sie war in Frankreich, irgendwelche Verhandlungen bei Renault. Trinkst du einen Kaffee mit?
    »Nein, nein, ich bleibe nur für einen Augenblick.« Und dann, in völlig verändertem Ton: »Ich brauche deine Hilfe. Du mußt Efim retten.«
    Ich wußte nicht, was ich davon halten sollte und fragte zuerst, wovon sie rede und wovor ich ihn retten müsse.
    »Er spinnt«, erzählte Kukuscha, »er ißt nicht, er trinkt nicht, er schläft nicht, er rasiert sich nicht und putzt sich nicht einmal das Gebiß. Bis jetzt hat er Tischka immer die Spiegeleier gemacht, und jetzt muß das Kind ohne Frühstück ins Institut!«
    »Na, ich denke, das Kind ist bereits vierundzwanzig und könnte seine Spiegeleier...«
    »Es geht nicht um die Spiegeleier«, fiel mir Kukuscha ins Wort, »sondern um Fimka. Diese Mütze ist eine Zwangsvorstellung. Er hat bereits mit den Natschalniks im Literaturfonds und im Schriftstellerverband gesprochen, und sie haben ihn überall abgewimmelt. Jetzt läuft er im Zimmer auf und ab und murmelt vor sich hin: >Ich bin seit achtzehn Jahren

Weitere Kostenlose Bücher