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Die Mütze

Die Mütze

Titel: Die Mütze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wladimir Woinowitsch
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zusammen. »Ich bitte Sie, Efim, Sie übertreiben! Wegen einer Mütze, sehen Sie, wegen einer lächerlichen Katze fangen Sie sofort an zu verallgemeinern! Was hat das mit Gleichheit, was hat das mit unseren Idealen zu tun?! Müssen wir etwa unsere höchsten Ideale in den Staub treten, nur einer Mütze zuliebe? Nein, Efim, das kann ich nicht verstehen. Sie sind jünger als ich. Sie gehören zu einer anderen Generation. Meine Generation dagegen... Und ich persönlich... Sie wissen doch, daß ich auch mein Päckchen zu tragen hatte. Aber niemals, niemals habe ich an dem Eigentlichen gezweifelt. Verstehen Sie, ich habe niemals, nicht einen Augenblick lang, daran gezweifelt. « Lukin erblaßte, schauderte, tastete mit zitternder Hand nach der Seitentasche, zog seine Brieftasche hervor und entnahm ihr ein kleines vergilbtes Foto.

»Hier!« rief er aus und warf seinen letzten Trumpf auf den Tisch.
    »Was ist das?« Efim nahm das Foto, betrachtete es und sah ein kleines Mädchen von etwa acht Jahren mit einer riesigen weißen Schleife im Haar.
    »Das ist meine Tochter«, flüsterte der General erregt, »so war sie, als sie mich holten. Übrigens, wenn wir schon dabei sind« - er zuckte die Achseln und lächelte verlegen — »damals bin ich überhaupt ohne Mütze mitgegangen, und als ich sechs Jahre später wieder nach Hause kam, war sie - natürlich die Tochter, nicht die Mütze - bereits erwachsen. Und sogar verheiratet ...«
    Er fuhr sich über die Augen, winkte ab und legte mit den Worten »Verzeihen Sie, für mich wird's Zeit«, das Foto behutsam in die Brieftasche zurück, steckte die Brieftasche ein und zog sich an. Zuerst den Regenmantel, dann die Baskenmütze mit dem Schwänzchen.
    Efim wurde schon wieder unsicher. Er kam sich wie ein widerlicher, kleinlicher Querulant vor. Er hatte fast das Gefühl, er und seine Habgier wären daran schuld gewesen, daß Pjotr Nikolajewitsch seinerzeit aus den Armen seines kleinen Töchterchens gerissen und ohne Mütze ins naßkalte Dunkel fortgeschleppt worden war.
    Er zog den Kopf ein, murmelte einige unbestimmte Entschuldigungen und verabschiedete sich.
    Erst als er unten war, merkte er, daß inzwischen ziemlich viel Zeit verstrichen war, denn im Schriftstellerhaus begann bereits das abendliche Treiben. Das Billardzimmer und das Restaurant waren geöffnet. Im Festsaal im zweiten Stock baute das Fernsehen die Technik auf für die Reportage anläßlich der Begegnung von Schriftstellern und Kosmonauten, im kleinen Saal versammelten sich die Mitglieder des »Erzählerclubs« und in dem berüchtigten »Zimmer Nr. 8« beschäftigte man sich mit der Personalakte des Prosaikers Nikitin, der in einem westlichen Verlag eine Erzählung Aus dem Leben der Würmer veröffentlicht hatte, eine Verleumdung des Sowjetvolks. Nikitin selbst behauptete, daß er mit Würmern niemand anders als Würmer gemeint hätte, es verhielt sich in der Tat so, aber das glaubte natürlich keiner.
    Die Glastüren gingen ununterbrochen auf und zu, Rosalija Moisejewna und Jekaterina Iwanowna lächelten devot den eintretenden Natschalniks zu, begrüßten höflich die Bekannten und forderten die Unbekannten auf, den Mitgliedsausweis oder die Einladung vorzuzeigen.
    Als Efim in der Garderobe seinen Mantel anzog, trat Baranow auf ihn zu. Er trug einen dunklen Mantel und eine dunkelbraune Kaninmütze, eine Kältewolke umgab ihn noch.
    »Ich grüße dich, alter Freund!« Baranow war sichtlich erfreut, »siehst du, ich hab' schon mein Mützchen bekommen, und außerdem einen glatten Hunderter für interne Rezensionen. Komm mit ins Restaurant, ich lade dich ein.«
    »Ich bin nicht in der richtigen Stimmung«, sagte Efim und nahm seine abgestellte Aktentasche auf, »und sehe auch keinen Anlaß dazu. Ich habe heute kein Honorar erhalten, und für die Mütze haben sie mir Hauskater mittlerer Dichte bewilligt.«
    »Für die Mütze?« Baranow hatte offensichtlich nicht verstanden.
    »Gewöhnliche Hauskatze«, erläuterte Efim. »Du hast ein einziges Buch geschrieben und bekommst Kanin. Und ich habe elf Bücher geschrieben und bekomme Kater.«
    Ihre Unterhaltung interessierte offenbar Wassilij Trjoschkin, der sich vor dem Spiegel anzog. Er konnte dem Gehörten allerdings nichts Neues entnehmen.
    »Fimka!« Baranow versuchte zu beschwichtigen. »Wieso kannst du mir böse sein? Ich kann doch nichts dafür, wie die Mützen verteilt werden. Meinetwegen können sie dir Zobel geben, ich gönne ihn dir.«
    Efim antwortete nicht. Mit

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