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Die Mütze

Die Mütze

Titel: Die Mütze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wladimir Woinowitsch
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Mitglied des Schriftstellerverbandes, ich habe elf Bücher geschrieben und bin Träger mehrerer Kriegsauszeichnungen. < Ich rede ihm zu: >Glatzik, was hast du bloß ? Schlag dir doch diese Mütze aus dem Kopf. Du hast sie doch nicht nötig. < Und er sagt immer wieder, er wolle die Mütze haben und wenn es ihn das Leben kostet und wartet auf seinen Karetnikow. >Karetnikow kommt, der wird's euch zeigen, der wird euch gleich so weit haben, ihr werdet noch alle vor Karetnikow Männchen machen. < Und dieser Karetnikow, hol ihn der Teufel, kurvt bald durch die Mongolei, bald durch Portugal, und ich weiß nicht, wann er überhaupt mal hier ist. Ach, mein Gott!« Sie zog die Nase hoch und suchte in der Tasche nach einem Taschentuch. »Ach, ich bin ja selbst an allem schuld. Ich habe ihn angestiftet, um diese Scheißmütze zu kämpfen, und nun kann ich ihn nicht mehr aufhalten. Ich sage: >Aber Glatzik, aber mein Allerallerbester, ich bitte dich! Ich werde dir zehn solche Mützen kaufen !< Und er sagt: >Nein, ich bin achtzehn Jahre Mitglied des Schriftstellerverbandes, ich habe elf Bücher geschrieben und bin Träger mehrerer Kriegsauszeichnungen.<«
    »Vielleicht solltest du mit ihm zum Psychiater gehen?«
    »Ja, vielleicht«, nickte Kukuscha. »Aber vielleicht sollte man wirklich warten, bis Karetnikow wiederkommt. Wenn der hilft, dann... Aber bis dahin... Deshalb bin ich eigentlich gekommen. Besuch doch Fimka, bring ihn auf andere Gedanken, unterhalte dich mit ihm! Frag ihn doch, was er gerade schreibt und wann er damit fertig wird! Solche Fragen haben bei ihm immer eine positive Wirkung!«
    Ich besuchte Efim und traf ihn genauso an, wie Kukuscha es beschrieben hatte. Er trug einen verknautschten Trainingsanzug mit einem Loch am Knie, war abgemagert, ungekämmt und hatte einen grauen Stoppelbart.
    »Guten Tag, Efim«, grüßte ich.
    »Guten Tag.«
    Er blieb in der Tür stehen und sah mich an, seine Miene drückte weder Freude noch Verdruß aus.
    »Willst du mich nicht hereinlassen ?« fragte ich.
    Er ließ mich eintreten und schlurfte hinter mir her.
    »Darf ich mich setzen ?«
    »Setz dich.« Er zuckte mit den Schultern.
    Ich ließ mich in einen Sessel in der Ecke unter dem Rentiergeweih fallen, er blieb vor mir stehen.
    »Ich bin auf dem Weg zum Augenarzt«, fing ich an, »und bei der Gelegenheit, hab ich mir gedacht, könnte ich auch bei dir vorbeischauen.«
    Er hörte mir höflich zu, kaute an dem schmutzigen Nagel seines kleinen Fingers und zeigte sich an einer Unterhaltung mit mir völlig uninteressiert. Ich erzählte ihm eine Menge brisanter Neuigkeiten: Über das Rowdytum des Kinderbuchautors Filenkin, der im Restaurant des Schriftstellerhauses dem Direktor eine Portion Suppe ins Gesicht geschüttet hatte. Efim lächelte korrekt und begann, da er mit dem kleinen Finger fertig war, den Ringfinger auf gleiche Weise zu bearbeiten. Auch den Rassenunruhen in Südafrika und den Umbesetzungen im Kabinett Margaret Thatcher schenkte er keinerlei Beachtung.
    Ich schlug eine Partie Schach vor. Er ging darauf ein, aber schon beim Aufstellen der Steine verwechselte er Bauer und König und verlor bereits bei der Eröffnung, obwohl er eigentlich viel besser spielte als ich.
    Wir begannen eine neue Partie, und ich fragte ihn nach dem Verlauf der Operation.
    »Ich bin seit achtzehn Jahren Mitglied des Schriftstellerverbandes und habe elf Bücher geschrieben«, antwortete Efim und machte einen Zug mit der Dame.
    Vielleicht hätte er im nächsten Augenblick auch noch seine Kriegsauszeichnungen erwähnt, aber da klingelte das Telefon. Ich schob Efims Dame auf ein anderes Feld und ließ die meine ihm die Flanke bieten.
    »Wie bitte?« schrie plötzlich Efim, »gekommen? Wann? Sehr gut, vielen Dank, bis später, wir telefonieren heute abend.«
    Er legte auf, drehte sich zu mir um, und ich sah den früheren Efim, nur unrasiert, vor mir.
    »Hast du gehört?« rief er erregt aus, »das war Baranow, er sagt, Karetnikow ist wieder da.«
    Ich kann schwer beschreiben, wie sich Efim damals aufführte. Er sprang immer wieder auf, rannte im Zimmer auf und ab, fuchtelte mit den Armen, murmelte vor sich hin, stieß Drohungen aus, lief wieder zum Schachbrett zu rück, setzte mich in vier Zügen matt und erinnerte mich nach einem Blick auf die Uhr daran, daß ich eigentlich zum Arzt wollte. Ich ging und freute mich, daß Efim so schnell seine Depressionen überwunden hatte, auch wenn es ohne mein Zutun geschehen war.
    Alles Weitere kann ich nur nach

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