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Die Mumie

Die Mumie

Titel: Die Mumie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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wollte nichts als schlafen, als er seine Suite betrat. Einen schönen Trinker würde er abgeben. Schon jetzt fand er es geradezu langweilig, ständig nur berauscht zu sein. Er wollte einen klaren Kopf haben, obwohl er die Gefahren kannte.
    Ramsey half ihm zu einem Sessel.
    Plötzlich wurde ihm klar, daß sie allein waren. Samir war auf sein eigenes Zimmer gegangen und Walter war ebenfalls nicht zugegen.
    Elliott setzte sich und versuchte, Kräfte zu sammeln.
    »Und was wollen Sie jetzt tun, Mylord?« fragte Ramsey. Er stand mitten im Zimmer und betrachtete Elliott. »Sie kehren nach Ihrem ach so wunderbaren Opernball nach London zu-rück, als wäre nichts geschehen?«
    »Ihr Geheimnis ist bei mir sicher aufgehoben. Das war es immer. Niemand würde glauben, was ich gesehen habe. Ich wünschte nur, ich könnte es vergessen. Aber das ist unmöglich.«
    »Und der Wunsch nach Unsterblichkeit ist verflogen?«
    Elliott dachte einen Moment nach. Dann antwortete er langsam und bedächtig und war selbst erleichtert ob der Resignation in seiner Stimme.
    »Vielleicht finde ich im Tod das, was ich suche, anstatt das, was ich verdiene. Die Möglichkeit besteht immer.« Er lächelte zu Ramsey auf, den die Antwort offenbar völlig überrascht hatte. »Hin und wieder«, fuhr Elliott fort, »stelle ich mir den Himmel als eine riesige Bibliothek mit zahllosen Büchern vor, die man alle lesen kann, und mit Gemälden und Statuen, die man bewundem kann. Ich stelle ihn mir als die Schwelle zur Weisheit vor. Glauben Sie, das Jenseits könnte so sein? Oder ist es nichts als eine große langweilige Antwort auf all unsere Fragen?«
    Ramsey schenkte ihm ein trauriges fragendes Lächeln.
    »Ein Himmel mit Dingen, die von Menschenhand geschaffen sind. Wie unser alter ägyptischer Himmel.«
    »Ja. Wahrscheinlich. Ein großes Museum. Ohne viel Phantasie.«
    »Das glaube ich nicht.«
    »Ich wollte mich über so vieles mit Ihnen unterhalten, wollte so vieles wissen.«
    Ramsey antwortete nicht. Der Mann stand nur da und sah ihn an, und Elliott hatte das unheimliche Gefühl, als würde ihm jemand zuhören, als würde ihn jemand studieren. Es machte ihm bewußt, wie unaufmerksam die meisten Menschen im allgemeinen waren.
    »Aber dafür ist es zu spät.« Elliott seufzte. »Mein Sohn Alex ist jetzt das einzig Unsterbliche, das noch zählt.«
    »Sie sind ein weiser Mann. Das habe ich erkannt, als ich Ihnen zum ersten Mal in die Augen gesehen habe. Und übrigens sind Sie ein schlechter Lügner. Sie haben mir verraten, wo Sie Kleopatra versteckt hatten, als Sie mir erzählten, daß sie Henry und seine Geliebte getötet hatte. Es mußte im Haus der Bauchtänzerin geschehen sein. Ich habe Ihr Spiel mitgespielt.
    Ich wollte wissen, wie weit Sie gehen würden. Aber Sie haben die Chance vertan. Das ist nicht Ihre Stärke.«
    »Ja, meine kurze Laufbahn als Erpresser ist auch vorbei. Es sei denn, Sie möchten, daß ich bleibe, wenn die Kinder nach Hause fahren. Aber ich begreife nicht, wie ein verkrüppelter Mann Ihnen helfen könnte. Sie?«
    Ramsey schien verwirrt. »Warum haben Sie keine Angst vor ihr gehabt, als Sie sie im Museum gesehen haben?« fragte er.
    »Ich hatte Angst. Ich war entsetzt.«
    »Aber Sie haben sie beschützt. Das kann nicht nur zu Ihrem eigenen Vorteil gewesen sein.«
    »Vorteil? Nein. Wohl kaum. Ich fand sie so unwiderstehlich wie ich Sie unwiderstehlich finde. Es war das Geheimnis. Ich wollte es ergreifen. Es ergründen. Außerdem…«
    »Ja.«

    »War sie ein lebendiges Wesen, das gelitten hat.«
    Ramsey dachte einen Augenblick darüber nach.
    »Sie werden Julie doch überreden, nach London zurückzukehren – bis hier alles vorbei ist«, fragte Elliott.
    »Ja, das werde ich«, sagte Ramsey.
    Er ging leise hinaus und machte die Tür hinter sich zu.

    Sie schritten durch die Stadt der Toten, den »Ort der Erhabe-nen«, wie man auf arabisch sagt. Sie hatten die Mausoleen der Mamelukkensultane gesehen und die Festung von Babylon gesehen. Sie waren durch die Basare geschlendert. Jetzt machte die Nachmittagshitze Alex zu schaffen. Ihre Seele war betroffen über die Dinge, die sie erfahren hatte, über die lange Geschichte, die sich durch die Jahrhunderte, von diesem strahlenden Nachmittag bis zu der Zeit, als sie noch am Leben gewesen war, zog.
    Sie wollte keine alten Ruinen mehr sehen. Sie wollte nur bei ihm sein.
    »Ich mag dich, junger Lord«, sagte sie zu ihm. »Du tröstest mich. Bei dir vergesse ich meinen Schmerz. Und die Rechnungen,

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