Die Mumie
lieber jetzt gleich sagen. Meine Freunde sind in eine unan-genehme Sache verwickelt, aber mehr auch nicht. Sie haben nichts damit zu tun. Sie sind nur darin verwickelt. Hier… siehst du diesen Mann?«
Ramses. Sie sind Freunde von Lawrence Stratford, des Ar-chäologen, der die Mumie von Ramses dem Verdammten ausgegraben hat.
»Er ist ein guter Freund meines Vaters und auch mein Freund.
Sie suchen nach ihm. Es geht um den Raub einer Mumie aus dem Museum von Kairo. Alles Geschwätz. Man wird bald eine Erklärung finden.« Er verstummte. »Eure Hoheit? Laß dir von dieser Geschichte keine Angst machen. Es ist wirklich nichts dran.«
Sie betrachtete dieses »Bild«, keine Zeichnung, wie die anderen, sondern ein Bild, mehr wie ein Gemälde, und doch war es zweifellos mit Tinte gemacht. Die Tinte färbte sogar auf ihre Finger ab. Und da stand er. Ramses, neben einem Kamel und einem Kamelhirten, in die schwere Kleidung dieser Zeit gekleidet. Darunter stand: »Tal der Könige.«
Fast hätte sie laut gelacht, aber sie bewegte sich nicht und sprach kein Wort. Es schien, als dehnte sich der Augenblick zur Ewigkeit. Der junge Lord redete, aber sie hörte ihn nicht.
Sie sah, wie er sich von ihr entfernte. Er hatte die Zeitung weggelegt. Das Bild. Sie sah ihn an. Er hob ein seltsames Instrument vom Tisch auf. Er sprach hinein. Fragte nach Lord Rutherford.
Sofort war sie auf den Beinen. Sanft nahm sie ihm das Ding ab und legte es weg.
»Verlaß mich jetzt nicht, junger Lord«, sagte sie. »Dein Vater kann warten. Ich brauche dich jetzt.«
Verblüfft sah er sie an. Er wehrte sie nicht ab, als sie ihn umarmte.
»Laß die Welt noch nicht zu uns herein«, flüsterte sie ihm ins Ohr und küßte ihn. »Laß uns noch etwas Zeit zusammen.«
So willig gab er sich hin. So rasch entbrannte das Feuer.
»Sei nicht schüchtern«, flüsterte sie. »Liebkose mich. Laß deine Hände über mich gleiten, so wie gestern nacht.«
Wieder gehörte er ihr, wieder gab sie sich seinen Küssen hin, wieder streichelte er ihre Brüste durch die blauen Spitzen.
»Bist du durch Zauberei zu mir gekommen?« fragte er. »Gerade als ich geglaubt habe… geglaubt habe…« Und dann küß-
te er sie wieder, und sie führte ihn zum Bett.
Auf dem Weg ins Schlafzimmer hob sie die Zeitung auf. Als sie zusammen auf das Bett sanken, zeigte sie sie ihm, während er noch den Morgenmantel auszog.
»Sag mir«, bat sie und deutete auf die kleine Gruppe, die neben dem Kamel in der Sonne stand. »Wer ist diese Frau neben ihm?«
»Julie Stratford«, sagte er.
Dann keine Worte mehr, nur noch ihre gierigen und köstlichen Umarmungen. Seine Hüften, die sich mit ihren wiegten und sein Geschlecht, das er wieder in sie hineinstieß.
Als es vorbei war und er reglos da lag, strich sie ihm mit den Fingern durch das Haar.
»Diese Frau, bedeutet sie ihm etwas?«
»Ja«, sagte er schläfrig. »Und sie liebt ihn. Aber das ist jetzt nicht mehr wichtig.«
»Warum sagst du das?«
»Weil ich dich habe«, sagte er.
Ramsey war in Höchstform. Seinem natürlichen Charme, der schon auf der Reise hierher bezaubert hatte, konnte sich niemand entziehen. Wie er so da saß, in seinem weißen makellosen Leinenanzug, mit zerzaustem Haar, wirkte er sowohl weltmännisch wie spitzbübisch heiter.
»Ich habe versucht, vernünftig mit ihm zu reden. Als er den Schaukasten aufbrach und die Mumie herausholte, wurde mir klar, daß das unmöglich war. Dann habe ich versucht, das Ge-bäude wieder zu verlassen, aber die Wachen… Sie kennen ja die Geschichte.«
»Aber die Wachen haben gesagt, sie hätten auf Sie geschossen, sie…«
»Sir, diese Männer sind nicht die Soldaten des alten Ägypten.
Sie sind Söldner, die kaum wissen, wie man ein Gewehr hält.
Sie hätten die Hethiter niemals geschlagen.«
Winthrop mußte unwillkürlich lachen. Selbst Gerald war bezaubert. Elliott sah zu Samir, der nicht das kleinste Lächeln riskierte.
»Wenn wir nur Henry finden könnten«, sagte Miles.
»Zweifellos suchen seine Gläubiger auch nach ihm«, sagte Ramsey rasch.
»Nun, kommen wir wieder zur Frage des Gefängnisaufent-halts. Es scheint, als wäre ein Arzt anwesend gewesen, als Sie…«
An dieser Stelle schaltete sich Gerald ein:
»Winthrop«, sagte er, »Sie wissen genau, daß dieser Mann unschuldig ist. Es ist Henry. Es war die ganze Zeit Henry. Alles deutet darauf hin. Er ist ins Museum von Kairo eingebrochen, hat die Mumie gestohlen, hat sie für Geld verkauft und hat dann mit dem
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