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Die Mumie

Die Mumie

Titel: Die Mumie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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die ich begleichen muß.«
    »Was meinst du damit, Darling?«
    Wieder überkam sie das Wissen um seine Zerbrechlichkeit.
    Dieser sterbliche Mann. Sie legte die Finger an seinen Hals.
    Die Erinnerungen stiegen empor und drohten sie zu ertränken, gleich den schwarzen Wellen, denen sie entstiegen war, als wäre der Tod das Wasser.
    War es für jedes Wesen anders? War Antonius in schwarzen Wellen versunken? Nichts trennte sie von dieser Erinnerung, wie Ramses sich abwandte und sich weigerte, Antonius das Elixier zu geben. Sie sah, wie sie selbst auf den Knien lag und flehte: »Laß ihn nicht sterben.«
    »So zerbrechlich, ihr alle…«, flüsterte sie.
    »Ich verstehe nicht, Liebste.«
    Also werde ich allein sein! In dieser Wildnis derer, die sterben können! O Ramses, ich verfluche dich! Aber als sie das alte Schlafgemach wiedersah, als sie den sterbenden Mann auf dem Diwan sah, und den anderen, den Unsterblichen, der ihr den Rücken zudrehte, da sah sie etwas, das sie in jenen tragischen Augenblicken nicht gesehen hatte. Sie sah die Traurigkeit in Ramses’ Augen.
    Später, als sie nach der Bestattung von Antonius selbst wie tot dagelegen und sich geweigert hatte, sich zu bewegen oder zu sprechen, hatte Ramses zu ihr gesagt: »Du warst die Beste von allen. Du warst die einzige. Du hattest den Mut eines Mannes und das Herz einer Frau. Du hattest den Verstand eines Königs und die List einer Königin. Du warst die Beste.
    Ich habe geglaubt, deine Liebhaber wären deine Schule, nicht dem Untergang.«
    Was würde sie jetzt sagen, könnte sie dieses Gemach noch einmal aufsuchen? Ich weiß. Ich verstehe? Doch die Bitterkeit holte sie ein, der dunkle, unkontrollierbare Haß, als sie den jungen Lord Summerfield, diesen hübschen und zerbrechli-chen Mann-Knaben, betrachtete, der neben ihr ging.
    »Liebste, kann ich dir das anvertrauen? Ich kenne dich erst seit kurzer Zeit, aber…«
    »Was möchtest du sagen, Alex?«
    »Es hört sich albern an.«
    »Sag es.«
    »Daß ich dich liebe.«
    Sie hob die Hand und strich zärtlich über seine Wange.
    »Aber wer bist du? Woher kommst du?« flüsterte er. Er nahm ihre Hand und küßte sie, seine Daumen strichen über ihre Handfläche. Eine sanfte Woge der Leidenschaft erfaßte sie und ließ ihr Verlangen wieder erwachen.
    »Ich werde dir nie weh tun, Lord Alex.«
    »Hoheit, sag mir deinen Namen.«
    »Erfinde einen Namen für mich, Lord Alex. Nenn mich wie du willst, wenn du den Namen nicht glauben kannst, den ich dir genannt habe.«
    Seine dunkelbraunen Augen so traurig. Wenn er sich jetzt über sie beugte, um sie zu küssen, würde sie ihn hier auf die Steine ziehen und ihn lieben, bis er wieder erschöpft war.
    »Regina«, flüsterte er. »Meine Königin.«
    Julie Stratford hatte ihn also verlassen. Die moderne Frau, die allein überall hin ging und tat, was ihr gefiel. Aber schließlich hatte ein großer König sie verführt. Und jetzt hatte Alex seine Königin.
    Sie sah Antonius wieder tot auf dem Diwan. Eure Majestät, wir müssen ihn jetzt wegbringen.
    Ramses hatte sich zu ihr umgedreht und geflüstert: »Komm mit mir!«
    Lord Summerfield entfachte diese Hitze in ihr, drückte seinen Mund auf den ihren und achtete nicht auf die Touristen um sie herum. Lord Summerfield, der sterben würde, wie Antonius gestorben war.
    Würde Julie Stratford sterben dürfen?
    »Bring mich zurück ins Schlafgemach«, flüsterte sie. »Ich verzehre mich nach dir, Lord Alex. Ich werde dir hier die Kleider vom Leib reißen, wenn wir nicht gehen.«
    »Für immer dein Sklave«, antwortete er.
    Im Automobil klammerte sie sich an ihn.
    »Was ist, Hoheit, sag es mir?«
    Sie betrachtete die Scharen der Sterblichen, die vorübergingen, die Tausende dieser uralten Stadt in ihrer zeitlosen Bau-ernkleidung.
    Warum hatte er sie zum Leben erweckt? Welchen Grund hatte er gehabt? Sie sah wieder sein tränenüberströmtes Gesicht.
    Sie sah das Bild vor sich, auf dem er in die Kamera lächelte, während er die Arme um Julie Stratford gelegt hatte, deren Augen dunkel waren.
    »Halt mich, Lord Alex. Wärme mich.«
    Ramses schritt allein durch die Straßen der Altstadt von Kairo.
    Wie konnte er Julie dazu bringen, in den Zug zu steigen? Wie konnte er sie nach London zurückkehren lassen? Aber war das nicht das Beste für sie und sollte er nicht in erster Linie daran denken? Hatte er nicht schon genug Unheil angerichtet?
    Und was war mit seiner Schuld gegenüber dem Earl of Rutherford? Soviel schuldete er dem Mann, der

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