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Die Mumie

Die Mumie

Titel: Die Mumie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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und sie aus der Innentasche holte. Dann ließ er den Gehstock fallen und trank den Inhalt bis zum aller-letzten Tropfen in großen Zügen. Er erschauerte und ließ die Flasche versteinert fallen. Er spürte, wie die Hitze in ihm hochstieg. Er spürte, wie sein taubes Bein zu kribbeln anfing.
    Das große Gewicht, das auf seiner Brust lag, wurde leichter.
    Als er die Glieder mit der Wohligkeit eines Tieres streckte, sah er mit aufgerissenen Augen zum brennenden Himmel, zu der goldenen Scheibe.
    Vor ihm pulsierte die Welt, sie flimmerte und wurde dann wieder fest. Seit der Mitte seines Lebens, als sein Sehvermögen nachgelassen hatte, hatte er solches nicht mehr gesehen. Er sah die Erdkörnchen zu seinen Füßen.
    Er schritt über den silbernen Gehstock hinweg, hörte nicht auf die Schreie des Händlers hinter ihm, der ihm nachrief, daß er den Stock verloren hatte und warten sollte. Er verließ den Basar mit großen, ausgreifenden Schritten.
    Die Sonne stand hoch am Mittagshimmel, als er Kairo verließ und auf der schmalen Straße nach Osten ging. Er wußte nicht, wohin er ging, aber es war auch nicht wichtig. Es gab Denkmäler und Wunder und Städte genug zu bestaunen. Er machte zügige Schritte, und die Wüste, dieser gewaltige, monotone Ozean aus Sand, war ihm noch niemals so schön erschienen.
    Er hatte es getan! Und jetzt gab es kein Zurück mehr. Den Blick auf die weite, azurblaue Leere über sich gerichtet, stieß er einen leisen Schrei aus, der niemandem galt, sondern lediglich der kleinste, spontanste Ausdruck seiner Freude war.

    Sie standen an Deck, die warme Sonne war ihre Decke, während sie sich umarmten. Sie spürte den Zauber auf ihrer Haut und ihrem Haar. Sie spürte die Liebkosung seiner Lippen, und plötzlich küßten sie sich wie sie sich noch niemals vorher ge-küßt hatten. Es war dieselbe Leidenschaft, ja, aber jetzt war die Stärke ihres Verlangens der seinen ebenbürtig.
    Er hob sie auf und trug sie in die kleine Schlafkammer und legte sie aufs Bett. Der Schleier senkte sich sanft über sie, dämpfte das Licht und hüllte sie ein.
    »Du gehörst mir, Julie Stratford«, flüsterte er. »Meine Königin für immer. Und ich bin dein. Immer dein.«
    »Schöne Worte«, flüsterte sie und lächelte fast traurig zu ihm auf. Sie wollte sich immer an diesen Augenblick erinnern, wollte immer den Ausdruck in seinen blauen Augen sehen.
    Dann liebten sie sich langsam und leidenschaftlich.

    Der junge Arzt packte seine Tasche und lief zur Notaufnahme, der junge Soldat lief neben ihm her.
    »Ganz schrecklich, Sir, völlig verbrannt, Sir, und unter den Kisten ganz unten im Güterwaggon eingeklemmt. Ich verstehe nicht, daß sie überhaupt überlebt hat.«
    Was um alles in der Welt sollte er für sie tun können, hier in diesem gottverlassenen Nest im Dschungel des Sudan?
    Endlich im Zimmer angekommen, stützte er sich auf den Türrahmen.
    Die Krankenschwester, die auf ihn zu kam, schüttelte den Kopf. »Ich verstehe das nicht«, sagte sie flüsternd und warf einen vielsagenden Blick zum Bett.
    »Ich will sie sehen.« Er zog das Moskitonetz zurück. »Aber diese Frau hat doch gar keine Verbrennungen.«
    Sie lag schlafend auf dem weißen Kissen, ihr dichtes schwarzes Haar bewegte sich auf dem Kissen, als wehte tatsächlich ein Lufthauch durch diesen infernalisch heißen Raum.
    Es tat fast weh, sie anzusehen, so schön war sie. Es war jedoch nicht die Schönheit einer Porzellanpuppe. Ihre Züge waren stark und doch fein. Ihr lockiges, in der Mitte gescheiteltes Haar hatte sich wie eine dunkle Pyramide unter ihren Kopf gelegt.
    Als er an das Bett herantrat, schlug sie die Augen auf. Die Augen waren von einem außergewöhnlichen Blau. Dann das Wunder aller Wunder. Sie lächelte. Er wurde schwach, als er auf sie hinabsah. Worte wie »Schicksal« und »Vorsehung«
    kamen ihm in den Sinn. Wer, um alles in der Welt, konnte sie sein?
    »Was sind Sie für ein schöner junger Mann«, flüsterte sie. Perfekter britischer Akzent. Eine von uns, dachte er und haßte sich sofort für diesen snobistischen Gedanken. Aber ihre Stimme hatte einen reinen, aristokratischen Klang.
    Die Schwester murmelte etwas. Hinter seinem Rücken wurde getuschelt. Er setzte sich neben ihr Bett. So beiläufig wie er nur konnte, hob er das Laken über ihre halbnackten Brüste.
    »Bringen Sie dieser Frau etwas zum Anziehen«, sagte er, oh-ne die Krankenschwester anzusehen. »Wissen Sie, Sie haben uns allen einen schönen Schrecken eingejagt. Man hat

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