Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Mumie

Die Mumie

Titel: Die Mumie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
Vom Netzwerk:
es nie wieder.
    Er hob das steife weiße Hemd hoch, zog es an und machte mühsam die unmöglichen Knöpfe zu. Er sah Elliott Savarells abgespanntes und müdes Gesicht. Sie werden Julie überreden, nach London zu gehen – bis hier alles vorbei ist.
    Vor dem Fenster tobte der Lärm der Stadt Kairo, der gewaltige Lärm moderner Städte, den er in alten Zeiten nie gehört hatte.
    Wo war sie, die dunkelhaarige Königin mit den brutalen blauen Augen? Er sah sie wieder vor sich, wie sie unter ihm gestöhnt hatte, den Kopf ins Kissen gedrückt, ein Fleisch. »Küß mich!«
    hatte sie geschrien, wie vor so langer Zeit, und an ihn ge-schmiegt hatte sie sich wie eine Katze. Und dann das Lächeln auf ihrem Gesicht, das Lächeln einer Fremden.

    »Ja, Master Alex«, sagte Walter ins Telefon, »Suite zwo-null-eins, ich bringe Ihre Kleidung unverzüglich dorthin. Aber rufen Sie Ihren Vater in Miss Stratfords Suite an. Er möchte unbedingt mit Ihnen sprechen. Er ist besorgt, weil er Sie den ganzen Tag nicht gesehen hat. Soviel ist geschehen, Master Alex…« Aber die Verbindung war bereits unterbrochen. Er rief rasch bei Miss Stratford an. Keine Antwort. Er hatte keine Zeit mehr. Er mußte sich mit den Kleidern sputen.

    Kleopatra stand am Fenster. Sie hatte das prunkvolle Gewand aus reinem Silber angelegt, das sie der armen Frau in dem kleinen Laden weggenommen hatte. Perlenketten fielen über die Rundungen ihrer Brüste. Sie hatte sich doch nicht das Haar machen lassen, es umfing sie wie ein blauschwarzer Schleier, noch feucht vom Bad und wohlriechend. So gefiel es ihr. Ein bitteres Lächeln umspielte ihren Mund, denn es schien ihr, als sei sie wieder ein junges Mädchen.
    Sie lief durch den Palastgarten. Ihr Haar war ihr Mantel. »Ich mag deine Welt, Lord Alex«, sagte sie, während sie die funkelnden Lichter der Stadt unter dem fahlen Abendhimmel betrachtete. Die Sterne wirkten so verloren über dieser gleißenden Pracht. Selbst die Scheinwerfer, die durch die Straßen glitten, besaßen eine beruhigende Schönheit. »Ja, ich mag deine Welt. Ich mag alles daran. Ich möchte Geld und Macht in ihr haben, und ich möchte, daß du an meiner Seite bist.«
    Sie drehte sich um. Er sah sie an, als hätte sie ihm weh getan.
    Sie achtete nicht auf das Klopfen an der Tür.
    »Liebste, in meiner Welt gibt es diese Dinge nicht immer zusammen«, sagte er. »Länder, Titel, Bildung – das habe ich, aber kein Geld.«
    »Keine Sorge«, sagte sie erleichtert darüber, daß es nur das war, was ihm fehlte. »Ich werde den Reichtum beschaffen, mein Lord, das ist kein Problem. Nicht wenn man unverwundbar ist. Aber vorher muß ich ein paar Rechnungen begleichen.
    Ich muß jemandem weh tun, der mir weh getan hat. Ich muß ihm nehmen… was er mir genommen hat.«
    Es klopfte wieder. Als würde er aus einem Traum erwachen, wandte er den Blick von ihr ab und ging zur Tür. Ein Diener.
    Walter brachte seine Kleider.
    »Ihr Vater ist schon gegangen, Sir. Ihre Karten sind unter seinem Namen im Theater hinterlegt.«
    »Danke, Walter.«
    Ihm blieb kaum Zeit sich anzuziehen. Als er die Tür zumachte, sah er sie wieder mit diesem Ausdruck von Traurigkeit an.
    »Nicht jetzt«, sagte sie und küßte ihn rasch. »Wir können doch diese Karten nehmen, oder nicht?« Sie nahm sie vom Toilettentisch, die, die sie dem armen toten Jungen in der Gasse abgenommen hatte, die kleinen Papierstücke, auf denen stand
    »Einlaß 1 Person«.
    »Aber ich möchte, daß du meinen Vater kennenlernst, ich möchte, daß du alle kennenlernst. Ich möchte, daß sie dich sehen.«
    »Selbstverständlich, und das wird bald geschehen. Aber laß uns heute allein in der Menge sein, damit nur wir zusammen sind. Wir wollen dann mit ihnen reden, wenn es uns paßt. Bitte?«
    Er wollte protestieren, aber sie küßte ihn und strich ihm wieder übers Haar. »Gib mir die Möglichkeit, deine verlorene Liebe Julie Stratford zuerst von weitem zu sehen.«
    »Aber das ist jetzt alles gar nicht mehr wichtig«, sagte er.

    Wieder ein moderner Palast – das Opernhaus. Frauen, die mit Juwelen geschmückt waren und Kleider trugen, die in allen Farben des Regenbogens schimmerten und Männer, die in ihren schwarzweißen Anzügen sehr elegant aussahen, flanier-ten durch die Halle. Wie seltsam, daß nur die Frauen farbige Kleider trugen. Die Männer trugen Uniformen, so schien es, jede identisch mit der anderen. Sie machte die Augen fast ganz zu, so daß das Rot und Blau vor ihrem Blick verschwommen.
    Sie

Weitere Kostenlose Bücher