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Die Muschelsucher

Die Muschelsucher

Titel: Die Muschelsucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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heute fällt das nicht schwer.«
    Penelope streckte die Hand aus und zupfte an einem Grasbüschel.
    »Bis jetzt ist noch nicht viel passiert, nicht wahr?«
    »Nein.«
    »Glaubst du, es wird noch kommen?«
    »Bestimmt.«
    »Machst du dir darüber Sorgen?«
    »Ich mache mir Sorgen um deinen Vater. Er hat Angst. Er hat es schon einmal durchgemacht.«
    »Du doch auch.«
    »Nicht so wie er. Nicht im entferntesten.«
    Penelope warf die Grashalme fort und griff nach einem anderen Büschel. »Sophie.«
    »Ja?«
    »Ich bekomme ein Kind.«
    Das Geräusch des Flugzeugs erstarb, wurde von der unendlichen Weite des strahlend klaren Himmels verschluckt. Sophie bewegte sich, setzte sich auf. Penelope wandte den Kopf, begegnete dem Blick ihrer Mutter und sah auf dem jugendlichen, sonnengebräunten Gesicht einen Ausdruck, den sie nur als grenzenlose Erleichterung deuten konnte.
    »Ist es das, was du uns nicht erzählen wolltest?«
    »Ihr habt es gespürt?«
    »Natürlich haben wir es gespürt. Du warst so wortkarg, so in dich selbst zurückgezogen. Es mußte etwas passiert sein. Warum hast du es nicht gleich gesagt?«
    »Es hat nichts damit zu tun, daß ich mich schäme oder Angst habe. Ich wollte nur den richtigen Augenblick abwarten. Ich wollte Zeit haben, um darüber zu sprechen.«
    »Ich hab mir solche Sorgen gemacht. Ich habe gespürt, daß du unglücklich warst und das, was du getan hast, bedauert hast. Oder daß du irgendwelche Schwierigkeiten hast.«
    Penelope wußte nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. »Habe ich die nicht?«
    »Natürlich nicht!«
    »Weißt du, du setzt mich immer wieder in Erstaunen.« Sophie überhörte es. Sie packte das Problem bei den Hörnern. »Du bist ganz sicher, daß du schwanger bist?«
    »Ja.«
    »Bist du bei einem Arzt gewesen?«
    »Das brauche ich nicht. Und der einzige Arzt, zu dem ich in Portsmouth gehen könnte, ist der Marinestabsarzt, und zu dem will ich nicht.«
    »Wann ist es soweit?«
    »Im November.«
    »Und wer ist der Vater?«
    »Er ist Oberleutnant zur See. Er war auf der Wal-Insel stationiert. Er hat einen Artillerie-Lehrgang gemacht. Er heißt Ambrose Keeling.«
    »Wo ist er jetzt?«
    »Oh. Er ist immer noch da. Er hat die Prüfung nicht geschafft und muß den ganzen Lehrgang wiederholen. Sie nennen es einen Schwanz machen.«
    »Wie alt ist er?«
    »Einundzwanzig.«
    »Weiß er, daß du schwanger bist?«
    »Nein. Ich wollte es zuerst dir und Papa sagen.«
    »Wirst du es ihm jetzt sagen?«
    »Natürlich. Wenn ich zurückkomme.«
    »Wie wird er reagieren?«
    »Ich habe keine Ahnung.«
    »Es klingt nicht so, als ob du ihn gut kennst.«
    »Ich kenne ihn gut genug.« Weit unter ihnen, im Tal, ging ein Mann mit seinem Hund über den Hof, öffnete das Tor und schritt zu dem Hang, auf dem seine Kühe weideten. Penelope ließ sich zurücksinken, stützte sich auf einen Ellbogen und beobachtete ihn. Er hatte ein rotes Hemd an, und der Hund tollte um ihn herum. »Weißt du, es stimmt, ich war unglücklich«, fuhr Penelope fort. »Ich glaube, in der ersten Zeit auf der Wal-Insel war ich so unglücklich wie noch nie in meinem ganzen Leben. Wie ein Fisch, den man. den man aus seinem Element genommen hat. Und ich hatte Heimweh und fühlte mich einsam. Als ich mich für das Hilfskorps verpflichtete, dachte ich, ich greife zum Schwert und fange an zu kämpfen wie alle anderen, aber dann tat ich nichts anderes, als Essen zu servieren und Verdunkelungsvorhänge zuzuziehen, und ich lebte mit Frauen und Mädchen zusammen, mit denen ich nichts gemeinsam hatte. Und ich konnte nichts dagegen unternehmen. Ich mußte weitermachen. Wenn ich gegangen wäre, wäre ich mir wie eine Fahnenflüchtige vorgekommen. Dann lernte ich Ambrose kennen, und da wurde alles besser.«
    »Ich habe nicht gewußt, daß es so schlimm war.«
    »Ich habe es auch nicht geschrieben. Was hätte es genützt?«
    »Wirst du das Hilfskorps verlassen müssen, wenn du ein Kind bekommst?«
    »Ja, sie werden mich entlassen. Wahrscheinlich unehrenhaft.«
    »Wird es dir etwas ausmachen?«
    »Ausmachen? Ich kann es kaum erwarten, daß sie mich wegschicken.«
    »Penelope. du bist doch nicht absichtlich schwanger geworden?«
    »Großer Gott, nein. So verzweifelt war ich nun doch nicht. Nein. Es passierte einfach. Eins von den Dingen, die man nicht ändern kann.«
    »Du weißt doch. du weißt doch sicher, daß. daß man Vorsichtsmaßnahmen treffen kann.«
    »Natürlich, aber ich dachte, das macht der Mann.«
    »O Liebling, ich hatte keine

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