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Die Muschelsucher

Die Muschelsucher

Titel: Die Muschelsucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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ich kann noch nichts Festes vereinbaren, weil ich nicht Herr meiner Zeit bin.«
    »Das ist kein Problem. Irgendwann. Kommen Sie einfach vorbei, wenn Sie Lust haben. Wir sind immer da.« Er wollte sich aus seinem Sessel stemmen, aber Lomax legte ihm die Hand auf die Schulter und hielt ihn zurück. »Bemühen Sie sich bitte nicht.«
    »Hm.« Der alte Herr ließ sich dankbar zurücksinken. »Vielleicht haben Sie recht. Penelope wird Sie hinausbringen.« Während sie gespielt hatten, hatte sie am Feuer gesessen und gestrickt. Sie steckte die Nadeln in das Wollknäuel und stand auf. Er drehte sich zu ihr und lächelte. Sie ging zur Tür und hörte ihn sagen: »Gute Nacht, Sir, und nochmals vielen Dank.«
    »Keine Ursache.«
    Sie ging ihm voran durch die dunkle Diele und öffnete die Haustür. Der Garten war in blaues Licht getaucht, und die Luft war schwer von Levkojenduft. Eine schmale Mondsichel, wie eine Wimper, hing am Himmel, und unten am Strand flüsterte die See. Die Baskenmütze in der Hand, trat er hinter ihr auf die Schwelle. Sie blickten beide nach oben zu den feinen Wolkenschleiern und dem schwachen Schimmer des Monds. Es ging kein Wind, doch vom Rasen stieg eine feuchte Kühle empor, und Penelope schlug die Arme um sich und erschauerte.
    Er sagte: »Ich habe den ganzen Abend kaum ein Wort mit Ihnen gesprochen. Hoffentlich halten Sie mich nicht für ungezogen.«
    »Sie sind gekommen, um sich mit Papa zu unterhalten.«
    »Nicht nur, aber ich fürchte, so hat es sich dann entwickelt.«
    »Sie werden wiederkommen.«
    »Ich hoffe es. Aber wie ich schon sagte, ich kann kaum über meine Zeit verfügen. Ich kann keine Pläne machen oder mich verabreden.«
    »Ich weiß.«
    »Aber ich werde wiederkommen, wenn ich kann.«
    »Tun Sie das.«
    Er setzte die Mütze auf und zog sie zurecht. Das Mondlicht glänzte auf dem silbernen Abzeichen. »Es war ein sehr gutes Dinner. Noch nie hat mir eine Makrele so gut geschmeckt.«
    Sie lachte. »Gute Nacht, Penelope.«
    »Gute Nacht, Richard.«
    Er drehte sich um und entfernte sich, wurde langsam vom duftenden Dunkel des Gartens verschluckt, und dann war er fort. Sie wartete, bis sie das Klicken der ins Schloß fallenden Pforte hörte. Sie stand in ihrer dünnen Bluse an der Schwelle und merkte, wie sie an den Armen eine Gänsehaut bekam. Sie erschauerte wieder, ging ins Haus zurück und schloß die Tür hinter sich.
    Zwei Wochen vergingen, ehe sie ihn wiedersahen. Aus irgendeinem sonderbaren Grund quälte es Penelope nicht. Er hatte gesagt, er würde kommen, wenn er könne, und sie wußte, daß er es tun würde. Sie konnte warten. Sie dachte sehr oft an ihn. Er war in all den Tagen, in denen sie von morgens bis abends kaum einen Augenblick der Muße hatte, nie lange aus ihren Gedanken verschwunden, und nachts trat er in ihre Träume, und beim Aufwachen lächelte sie in schläfriger Befriedigung und hielt die Erinnerung an den Traum fest, bevor er verblaßte und für immer starb.
    Lawrence machte sich mehr Sorgen als sie. »Immer noch nichts von diesem netten Burschen gehört, diesem Lomax«, brummte er dann und wann vor sich hin. »Ich hab mich so auf eine neue Partie Backgammon gefreut.«
    »Oh, er wird wiederkommen, Papa«, beruhigte sie ihn gelassen, weil sie wußte, daß es so war.
    Inzwischen war es September. Altweibersommer. Kühle Abende und Nächte, aber Tage mit einem wolkenlos blauen Himmel und warmer, goldener Sonne. Die Blätter begannen, sich zu verfärben, und einige von ihnen lösten sich von den Zweigen und schwebten in der unbewegten Luft auf den Rasen hinunter. Auf der Rabatte vor dem Haus blühten die Dahlien, und die letzten Rosen des Sommers öffneten ihre Blüten und erfüllten die Luft ringsum mit einem Duft, der, weil er so kostbar war, doppelt so stark zu sein schien wie im Juni.
    Ein Sonnabend. Beim Mittagessen verkündeten Clark und Ronald, sie würden zum Strand hinuntergehen, um ein paar Schulkameraden zu treffen und zu baden. Doris, Penelope und Nancy wurden nicht aufgefordert mitzugehen. Dann brachen die beiden mit Handtüchern und Schaufeln, einem Päckchen Marmeladebroten und einer Flasche Limonade beladen auf und rannten den Gartenweg hinunter, als ob sie keine Sekunde zu verlieren hätten. Nun, wo die Jungen fort waren, senkte sich die Stille des warmen Nachmittags auf sie nieder. Lawrence zog sich ins Wohnzimmer zurück, um ein Nickerchen am offenen Fenster zu halten. Doris brachte Nancy in den Garten hinaus. Penelope ging, da das Geschirr

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