Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Muschelsucher

Die Muschelsucher

Titel: Die Muschelsucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
Vom Netzwerk:
nicht da, als ich zum Essen hier war.«
    »Stimmt. Ich war mit den Jungen im Mikado.«
    »Hat es ihnen Spaß gemacht?«
    »O ja, sehr. All die schönen Melodien. Und auch sehr lustig. Sie haben sich totgelacht.«
    »Das freut mich.« Er richtete seine Aufmerksamkeit auf Nancy, die voll Staunen über den großgewachsenen Fremden, der soeben in ihr Blickfeld und ihr Leben getreten war, dasaß und zu ihm hinaufstarrte. »Ist das Ihre kleine Tochter?« Penelope nickte. »Ja. Das ist Nancy.«
    Er hockte sich hin. »Hallo.« Nancy starrte ihn an. »Wie alt ist sie?«
    »Knapp drei.«
    Nancys Gesicht war voll Sand, und der Hosenboden ihres Overalls war feucht. »Was machst du denn da?« fragte Richard. »Backst du Kuchen? Da, laß mich mal.« Er hob den Spielzeugeimer hoch und nahm den Holzlöffel aus Nancys williger Hand. Er schaufelte den Eimer voll, kippte ihn geschickt um und hob ihn ab. Er gab einen perfekten Sandkuchen frei, den Nancy umgehend zerstörte. Er lachte und gab ihr das Spielzeug zurück. »Sie hat die richtigen Instinkte«, bemerkte er und setzte sich ins Gras, wo er als erstes die Baskenmütze abnahm und den eng sitzenden Kragen seiner Kampfuniform aufknöpfte.
    Penelope sagte: »Sie sehen aus, als ob Sie schwitzen.«
    »Das tue ich auch. Es ist viel zu warm für diese Montur.« Er öffnete die restlichen Knöpfe des hinderlichen Kleidungsstücks und zog es aus, krempelte die Ärmel seines Baumwollhemds hoch und sah plötzlich aus wie ein ganz normaler Mensch, der sich in seiner Haut wohl fühlte. Vielleicht empfand Nancy das als ermutigend, denn sie krabbelte aus ihrer Sandkiste und kletterte auf Penelopes Schoß, wo sie den Gast gut im Blick hatte und unverwandt mustern konnte.
    »Ich kann nie raten, wie alt fremde Kinder sind«, sagte er. »Haben Sie selbst welche?« fragte Doris ganz harmlos. »Nicht daß ich wüßte.«
    »Wie bitte?«
    »Ich bin nicht verheiratet.«
    Penelope beugte den Kopf nach unten und legte die Wange an Nancys seidige Locken. Richard lehnte sich auf beide Ellbogen zurück und ließ sein Gesicht von der Sonne bescheinen. »Es ist so heiß wie im Hochsommer, nicht wahr? Ideales Wetter, um im Garten zu sitzen. Wo ist Ihr Vater?«
    »Er hält seinen Mittagsschlaf. Das heißt, wahrscheinlich ist er jetzt wieder wach. Ich gehe gleich hinein und sage ihm, daß Sie da sind. Er sehnt sich danach, Sie wiederzusehen und eine Partie Backgammon mit Ihnen zu spielen.«
    Doris sah auf die Uhr, steckte die Nadel ins Nadelkissen und stellte den Flickkorb ins Gras. Sie sagte: »Es ist gleich vier. Warum gehe ich nicht rein und mach uns allen einen Tee? Sie möchten doch sicher auch einen, Richard, nicht wahr?«
    »Ich wüßte nicht, was mir jetzt lieber wäre.«
    »Ich sag deinem Vater Bescheid, Penelope. Er trinkt seinen Tee gern im Garten.«
    Sie stand auf und ging ins Haus. Sie sahen ihr nach. Richard sagte: »Was für ein nettes Mädchen.«
    »Ja.«
    Penelope pflückte einige Gänseblümchen und fing an, eine Kette für Nancy daraus zu flechten. »Was haben Sie die ganze Zeit gemacht?«
    »Auf den Klippen herumgeklettert. Mich in diesen verflixten Landungsbooten von der Brandung hin und her werfen lassen. Naß geworden. Befehle abgefaßt, Übungen geplant und lange Berichte geschrieben.« Sie schwiegen. Penelope pflückte noch ein paar Gänseblümchen, um die Kette zu vervollständigen. Nach einer Weile fragte er unvermittelt: »Übrigens, kennen Sie General Watson-Grant?«
    »Ja, natürlich. Warum fragen Sie?«
    »Er hat Colonel Mellaby und mich für Montag abend auf einen Drink eingeladen.«
    Sie lächelte. »Papa und mich auch. Mrs. Watson-Grant hat heute morgen angerufen und gefragt, ob wir kommen möchten. Mr. Ridley - das ist der Lebensmittelhändler - hat ihnen ein paar Flaschen Gin besorgt, und sie fanden, das sei ein guter Vorwand, um eine kleine Party zu geben.«
    »Wo wohnen sie?«
    »Etwa anderthalb Kilometer von hier, oben am Hügel, aber außerhalb vom Ort.«
    »Wie werden Sie dorthin kommen?«
    »Der General läßt uns mit seinem Wagen abholen. Sein alter Gärtner kann fahren. Verstehen Sie, er bekommt Benzin, weil er die hiesige Bürgerwehr kommandiert. Es ist sicher illegal, aber es ist sehr freundlich von ihm, denn sonst könnten wir nicht hin.«
    »Ich hatte gehofft, daß Sie auch kommen würden.«
    »Warum?«
    »Damit ich jemanden hätte, den ich kenne. Und weil ich dachte, ich könnte Sie danach zum Essen einladen.«
    Die Gänseblümchenkette war recht lang geworden. Sie

Weitere Kostenlose Bücher