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Die Muschelsucher

Die Muschelsucher

Titel: Die Muschelsucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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wunderbar«, sagte Madame Jolie. Sie ging zu dem Spiegel und versuchte sich mit Richards Augen zu sehen. Das Kleid hatte einen viereckigen Ausschnitt, gepolsterte Schultern und einen weiten Plisseerock. Der breite Gürtel ließ ihre Taille sehr schmal erscheinen, und als sie sich umdrehte, um die Rückansicht zu begutachten, breitete der Rock sich unten aus und schwang in einer eleganten Bewegung, die sehr feminin und reizvoll wirkte, und sie empfand unwillkürlich Stolz und Freude über ihr Aussehen. Noch nie hatte ihr ein Kleidungsstück soviel Selbstvertrauen gegeben. Es war wie Liebe auf den ersten Blick, und sie wußte, daß sie es haben mußte. »Was kostet es?«
    Madame Jolie tastete in ihrem Nacken nach dem Preisschild. »Sieben Pfund und zehn Shilling. Und ich fürchte... ja, sieben Textilmarken.«
    »Ich nehme es.«
    »Sehr gut. Es ist wie für Sie gemacht. Stellen Sie sich vor, das erste Kleid, das Sie anprobiert haben. Ich habe schon in dem Augenblick daran gedacht, als Sie hereinkamen. Wirklich, es hätte extra für Sie gemacht sein können. Ein Glücksfall.«
    »Papa, magst du mein neues Kleid?« Sie nahm es aus der Papiertüte, schüttelte es glatt und hielt es sich an. Er nahm die Brille ab und lehnte sich mit halb geschlossenen Augen in seinem Sessel zurück, um es zu begutachten.
    »Die Farbe steht dir. Ja, ich mag es. Aber warum kaufst du dir auf einmal ein neues Kleid?«
    »Weil wir heute abend auf einen Drink zu den Watson-Grants gehen. Hast du es vergessen?«
    »Nein, aber ich habe vergessen, wie wir dorthin kommen sollen.«
    »Der General läßt uns abholen.«
    »Wie freundlich.«
    »Und irgend jemand wird dich zurückbringen. Weil ich danach essen gehe.«
    Er setzte die Brille wieder auf und betrachtete seine Tochter einen langen Augenblick über die Gläser hinweg. Dann sagte er: »Mit Richard Lomax«, und es war keine Frage. »Ja.«
    Er langte nach seiner Zeitung. » Gut.«
    »Papa, hör zu. Meinst du, ich soll gehen?«
    »Warum solltest du nicht?«
    »Ich bin eine verheiratete Frau.«
    »Aber keine kleinbürgerliche Person.«
    Sie zögerte. »Angenommen, ich fange an, etwas für ihn zu empfinden.«
    »Ist das wahrscheinlich?«
    »Es könnte so kommen.«
    »Gut. Dann tu es.«
    »Weißt du was, Papa? Ich mag dich wirklich.«
    »Ich bin sehr dankbar dafür. Warum?«
    »Aus tausend Gründen. Aber vor allem, weil wir immer miteinander reden konnten.«
    »Es wäre eine Katastrophe, wenn wir es nicht könnten. Und was Richard Lomax angeht, so bist du kein Kind mehr. Ich möchte nicht, daß deine Gefühle verletzt werden, aber du hast einen eigenen Verstand. Du triffst deine Entscheidungen selbst.«
    »Ich weiß«, sagte sie. Sie sagte nicht: »Ich habe es schon getan.«
    Sie kamen als letzte zu der Party bei den Watson-Grants. Als John Tonkins, der alte Gärtner des Generals, nach Cam Cottage gekommen war, um sie abzuholen, saß Penelope noch an ihrer Frisierkommode und überlegte verzweifelt, was sie mit ihrem Haar machen sollte. Sie hatte schließlich beschlossen, es aufzustecken, aber im letzten Moment hatte sie dann ungeduldig und gereizt alle Nadeln herausgezogen und es glatt geschüttelt. Danach mußte sie einen Mantel auftreiben, denn das neue Kleid war sehr dünn, und die Septemberabende konnten unangenehm kühl werden. Sie hatte keinen Mantel, nur ihren Schottenkaro-Poncho, und der sah so schrecklich aus, daß weitere Minuten dafür draufgingen, eine alte Kaschmirstola von Sophie herauszukramen. Sie hielt sie krampfhaft umklammert, als sie nach unten lief und ihren Vater suchte. Er war in der Küche, nachdem er plötzlich beschlossen hatte, seine Schuhe zu putzen.
    »Papa, das Auto ist da. John wartet.«
    »Dafür kann ich nichts. Dies sind meine guten Schuhe, und sie sind seit vier Monaten nicht mehr geputzt worden.«
    »Woher weißt du, daß es vier Monate her ist?«
    »Weil wir vor vier Monaten zuletzt bei den Watson-Grants waren.«
    »O Papa.« Seine verkrüppelten Hände mühten sich mit der Schuhcremedose ab. »Gib her, ich werde es machen.« Sie tat es, so schnell sie konnte, schwang die Bürste und bekam überall an den Händen braune Schuhcreme. Sie wusch sich die Hände, während er die Schuhe anzog, und kniete dann hin, um die Senkel zuzuschnüren. Als sie endlich das Haus verließen und durch den Garten zum oberen Tor gingen, wo John Tonkins neben dem alten Rover stand und auf sie wartete, richtete sich das Tempo nach Lawrences langsamen Schritten. »Tut mir leid, daß Sie so

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