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Die Muschelsucher

Die Muschelsucher

Titel: Die Muschelsucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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einmal ganz anders aus. Donnerstag war der Tag, an dem die beiden jungen Männer eigentlich nach Edinburgh zurückfahren wollten. Sie standen nun in der offenen Tür der primitiven Kate, schauten in den Regen und berieten. Nach einer Woche mit langweiligen Beschäftigungen war der Versuchung, die Heimfahrt zu verschieben, schwer zu widerstehen. Aber sie mußten natürlich verschiedene Dinge bedenken.
    »Ich muß erst am Montag wieder ins Büro«, sagte Roddy schließlich. »Was mich betrifft, können wir ruhig noch bleiben. Die Entscheidung liegt bei dir, alter Junge. Du bist derjenige, der nach Haus möchte, um zu erfahren, was die verdammten Ärzte herausgefunden und beschlossen haben. Wenn du keinen Tag länger warten kannst, um das Urteil zu hören, packen wir unsere Sachen und fahren los. Aber ich finde, da du schon so lange gewartet hast, kommt es auf einen Tag mehr auch nicht an, und dann weißt du wenigstens, daß wir zum Angeln hergekommen sind. Und ich glaube nicht, daß deine Mutter eine Nervenkrise bekommt, wenn du heute abend nicht zum Essen erscheinst. Du bist inzwischen ein großer Junge, und wenn sie den Wetterbericht hört, wird sie zwei und zwei zusammenzählen und wissen, was los ist.« Danus lächelte. Er war dankbar für die lässige Art, mit der Roddy den Kern seines Dilemmas ansprach. Sie waren seit Jahren befreundet, sich aber erst in den vergangenen Tagen, in denen sie keine andere Gesellschaft gehabt hatten, richtig nahe gekommen. Hier, in diesem entlegenen und so gut wie unzugänglichen Winkel des Landes, gab es nur wenige Möglichkeiten, sich zu zerstreuen, und wenn sie abends gegessen und ein Torffeuer angezündet hatten, gab es nicht anderes zu tun, als sich zu unterhalten. Es hatte Danus gutgetan, zu sprechen und sich alles von der Seele zu reden, was er in seinem Unglück aus falscher Scham viel zu lange für sich behalten hatte. Er hatte Roddy von Amerika erzählt und von dem plötzlichen Ausbruch seiner Krankheit, und so, einem Freund anvertraut, verloren die Geschehnisse viel von ihrem Schrecken. Als er alles erzählt hatte, fühlte er sich dazu imstande, auch über die jüngsten Entwicklungen zu sprechen. Seine Gründe für den Berufswechsel darzulegen und seine Zukunftspläne zu skizzieren. Er erzählte, daß er in Podmore’s Thatch arbeitete, für Penelope Keeling. Er erzählte von der zauberhaften Woche in Cornwall. Und zuletzt erzählte er von Antonia.
    »Heirate das Mädchen«, hatte Roddy ihm geraten. »Ich würde es gern tun. Aber zuerst muß ich diese Sache in Ordnung bringen.«
    »Was gibt es da in Ordnung zu bringen?«
    »Wenn wir heiraten, möchten wir auch Kinder haben. Ich weiß nicht, ob Epilepsie erblich ist.«
    »Ach Quatsch, natürlich nicht.«
    »Und meine Tätigkeit bringt nicht gerade viel ein. Ich verdiene kaum genug für mich selbst.«
    »Nimm ein Darlehen bei deinem alten Herrn auf. Er hat ja mehr als genug auf der Bank.«
    »Das könnte ich natürlich, aber ich möchte lieber nicht.«
    »Mit deinem Stolz wirst du es nicht weit bringen, mein Junge.«
    »Vielleicht hast du recht.« Er dachte darüber nach, wollte sich aber nicht festlegen. »Ich werde sehen«, war alles, was er versprach. Jetzt wandte er sein Gesicht in den Regen und dachte an Edinburgh und das gefürchtete Urteil, das ihn bei seiner Ankunft erwartete. Er dachte an Antonia, die in Podmore’s Thatch die Tage zählte und auf das Klingeln des Telefons horchte, auf seinen Anruf wartete.
    Er sagte: »Ich habe Antonia versprochen, daß ich sie heute anrufen würde, sobald ich wieder in Edinburgh wäre.«
    »Tu es morgen. Wenn sie diejenige ist, für die ich sie nach all dem halte, was ich von dir gehört habe, wird sie es verstehen.« Der Fluß würde inzwischen Hochwasser führen. Danus meinte das Rucken an der Lachsrute zu spüren, die er bis jetzt noch kein einziges Mal benutzt hatte. Er hörte, wie die Rolle abgespult wurde, und merkte, wie der Fisch zerrte und zog. Es gab da eine Stelle, wo die großen Lachse besonders gern standen. Roddy wurde ungeduldig. »Los, entschließ dich. Leben wir gefährlich und gönnen uns noch einen Tag. Lassen wir es darauf ankommen. Wir haben bis jetzt nur Forellen gefangen, und die haben wir alle aufgegessen. Die Lachse warten dort unten auf uns. Wir sind ihnen schuldig, daß sie sich ein bißchen mit uns messen können.«
    Er brannte offensichtlich darauf, zum Fluß zu eilen. Danus wandte sich um und sah ihn an. Roddy machte ein Gesicht wie ein kleiner Junge,

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