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Die Muschelsucher

Die Muschelsucher

Titel: Die Muschelsucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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Garten der Oakley Street gefunden. Sie und ihr Mann hatten damals gewisse finanzielle Schwierigkeiten, und sie wollte nicht, daß die Skizzen nur deshalb verkauft wurden, um etwas Bargeld zu haben.«
    »Wann sind sie endlich ans Licht gekommen?«
    »Sie bat Mr. Brookner, nach Podmore’s Thatch zu kommen, um den Wert zweier anderer Werke Ihres Großvaters schätzen zu lassen und sie vielleicht zu veräußern. Dabei zeigte sie ihm die Mappe mit den Skizzen.«
    »Wann haben Sie zum erstenmal von ihrer Existenz gehört?«
    »Mrs. Keeling erzählte mir die Geschichte an dem Tag, als sie in meine Kanzlei kam, um den Zusatz aufzusetzen. Einen Tag, bevor sie starb. Sie möchten etwas sagen, Mrs. Chamberlain?«
    »Ja. Ich habe kein Wort von dem verstanden, was Sie gesagt haben. Ich weiß überhaupt nicht, wovon Sie reden. Niemand hat je mit mir über diese Skizzen gesprochen, und ich höre zum erstenmal davon. Was soll eigentlich die ganze Aufregung? Warum findet Noel, daß sie so wichtig sind?«
    »Sie sind wichtig, weil sie sehr wertvoll sind«, klärte ihr Bruder sie auf.
    »Skizzen? Ich dachte, das sind Dinge, die man irgendwann wegwirft. «
    »Nicht, wenn man seine fünf Sinne beisammen hat.«
    »Und, was sind sie denn wert?«
    »Vier- oder fünftausend das Stück. Und es sind insgesamt vierzehn. Vierzehn«, wiederholte er mit erhobener Stimme, als wäre Nancy schwerhörig. »Du kannst den Wert also selbst ausrechnen, wenn du das große Einmaleins beherrschst, was ich bezweifle.« Olivia hatte es bereits ausgerechnet. Siebzigtausend. Obgleich Noel sich abscheulich benahm, hatte sie Mitleid mit ihm. Er war so sicher gewesen, daß sie irgendwo in Podmore’s Thatch lagen. Er hatte sogar jenen langen verregneten Sonnabend auf dem Dachboden verbracht, angeblich, um auszumisten, in Wahrheit aber, um nach den Skizzen zu suchen. Sie fragte sich, ob Penelope den wahren Grund für seine unvermutete Hilfsbereitschaft erraten hatte, und was sie in diesem Fall veranlaßt haben mochte, nichts zu sagen. Die Antwort auf die zweite Frage lautete wahrscheinlich, daß Noel nicht nur das Aussehen, sondern auch den Charakter seines Vaters geerbt hatte und daß Penelope ihm nicht uneingeschränkt traute. Also hatte sie nichts gesagt und sie statt dessen Mr. Brookner mitgegeben und dann, nur einen Tag vor ihrem Tod, bestimmt, daß Danus sie bekommen sollte. Aber warum? Aus welchem Grund?
    »Mr. Enderby.« Sie machte zum erstenmal seit der Erwähnung des Testamentszusatzes den Mund auf, und Mr. Enderby war offenbar erleichtert, ihre gelassene Stimme zu hören. Er sah sie aufmerksam an. »Hat sie irgendeinen Grund dafür genannt, daß sie die Skizzen Danus Muirfield vermachen wollte. Ich meine« - sie wählte ihre Worte mit Bedacht, weil sie nicht habgierig oder neidisch erscheinen wollte - , »sie waren offensichtlich etwas ganz Besonderes und Persönliches. und sie hat ihn erst kurze Zeit gekannt.«
    »Ich kann die Frage nicht beantworten, weil ich die Antwort nicht kenne. Aber nach allem, was sie mir neulich sagte, mochte sie ihn sehr, und ich nehme an, sie wollte ihm helfen. Soviel ich weiß, möchte er sich selbständig machen, und er wird das Startkapital gut gebrauchen können.«
    »Können wir den Zusatz anfechten?« fragte Noel. Olivia fuhr zu ihm herum. »Wir werden gar nichts anfechten«, sagte sie befehlend. »Selbst wenn es juristisch möglich wäre, möchte ich nichts damit zu tun haben.«
    Nancy, die sich bis jetzt mit Kopfrechnen herumgeplagt hatte, griff wieder in die Diskussion ein. »Aber fünf mal vierzehn ist siebzig. Soll das heißen, dieser Mensch kriegt siebzigtausend Pfund?«
    »Ja, Mrs. Chamberlain. Natürlich nur, wenn er die Skizzen verkauft. «
    »Aber das ist unmöglich. Das geht nicht. Sie hat ihn doch kaum gekannt. Er war ihr Gärtner.« Nancy brauchte nur Sekunden, um sich in höchste Erregung hineinzusteigern. »Das ist unerhört. Ich hatte doch recht, was ihn betrifft. Ich habe immer gesagt, daß Mutter ihm auf irgendeine unheimliche Weise hörig war. Ich habe es dir schon am Telefon gesagt, stimmt’s, Noel, als ich dir erzählte, daß sie Die Muschelsucher verschenkt hat? Und die Ohrringe von Tante Ethel. auch einfach verschenkt. Und jetzt das. Das ist der Tropfen, der das Faß zum Überlaufen bringt. Alles einfach zu verschenken. Sie kann nicht bei Verstand gewesen sein. Sie war krank, das muß sich auf ihre Urteilskraft ausgewirkt haben. Eine andere Erklärung ist nicht möglich. Wir müssen etwas dagegen

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