Die Muschelsucher
weggekommen sind. Podmore’s Thatch wird im Handumdrehen verkauft sein und uns viel Geld einbringen. Brüte also nicht über vermeintliches Unrecht nach. Es würde ohnehin nichts nützen, sondern bloß Kummerfalten machen.« Er lächelte. Ein recht trübes Lächeln, aber immerhin. »Es ist eine verdammt bittere Pille, aber mir bleibt ja wohl nichts anderes übrig. Trotzdem würde ich gern wissen, warum sie uns nie etwas von den Skizzen gesagt hat, ja nicht einmal ihre Existenz erwähnt hat. Und warum sie sie dem jungen Mann vermacht hat?« Olivia zuckte die Achseln. »Weil sie ihn mochte? Weil er ihr leid tat? Vielleicht wollte sie ihm helfen?«
»Es muß mehr sein als das.«
»Vielleicht«, räumte sie ein. Sie gab ihm einen Kuß auf die Wange. »Aber ich glaube nicht, daß wir es jemals herausfinden werden.« Er stieg in den Jaguar und fuhr fort, und Olivia blieb noch eine Weile stehen und lauschte dem leiser werdenden Geräusch des Motors und des defekten Auspuffs, bis es in der abendlichen Stille erstorben war und sie wieder die Geräusche des Landes ringsum hören konnte, die Schafe von den Hängen auf der anderen Seite der Straße, den auffrischenden Wind, der die Zweige bewegte, fernes Hundegebell. Sie hörte rasche Schritte aus der Richtung, wo das Dorf lag, und dann junge Stimmen. Danus und Antonia kamen vom Sudeley Arms zurück. Ihre Köpfe erschienen über der Mauer, und als sie durch das offene Tor traten, sah sie, daß Danus den Arm um Antonias Schultern gelegt hatte und daß Antonia einen knallroten Schal trug und daß ihre Wangen gerötet waren. Sie blickte auf und sah, daß Olivia auf sie wartete. »Olivia. Was machst du ganz allein hier draußen?«
»Noel ist eben gefahren. Ich habe euch kommen hören. Habt ihr euch gut amüsiert?«
»Wir sind nur auf ein Glas hingegangen. Ich hoffe, es hat dir nichts ausgemacht. Ich bin vorher noch nie im Pub gewesen. Er ist herrlich. Richtig altmodisch, und Danus hat mit dem Briefträger Dart gespielt.«
»Haben Sie gewonnen?« fragte Olivia.
»Nein. Ich bin ein hoffnungsloser Fall. Ich mußte ihm ein Glas Guinness spendieren.«
Sie gingen zusammen ins Haus. In der warmen Küche angekommen, band Antonia ihren Schal ab. »Ist das Familientreffen vorbei?«
»Ja. Nancy ist auch fort. Aber Mr. Enderby ist noch da.« Sie drehte sich zu Danus um. »Er möchte kurz mit Ihnen sprechen.« Danus schien es kaum glauben zu können. »Mit mir?«
»Ja. Er sitzt im Wohnzimmer. Lassen Sie ihn lieber nicht warten, der arme Mann möchte wieder nach Hause zu seiner Frau.«
»Aber was sollte er mir zu sagen haben?«
»Ich habe keine Ahnung«, bemerkte Olivia. »Warum gehen Sie nicht zu ihm und finden es selbst heraus?«
Er sah verwirrt drein, aber er ging. Die Tür fiel hinter ihm ins Schloß.
»Warum will er bloß mit Danus reden?« Antonia machte ein besorgtes Gesicht. »Glaubst du, es ist etwas Schlimmes?« Olivia lehnte sich an den Küchentisch. »Nein, ich glaube nicht.« Antonia schien jedoch nicht überzeugt zu sein. Da sie nicht weiter darüber reden wollte, wechselte Olivia entschlossen das Thema. »Oh, was essen wir bloß heute abend? Bleibt Danus zum Dinner?«
»Wenn du nichts dagegen hast.«
»Natürlich nicht, warum sollte ich? Er bleibt am besten gleich die Nacht über hier. Wir werden irgendwo ein Bett für ihn finden.«
»Ja, das wäre sehr gut. Er ist seit zwei Wochen nicht mehr in seinem Haus gewesen. Inzwischen wird es bestimmt ganz feucht sein. Und ziemlich freudlos.«
»Erzähl mir, was in Edinburgh passiert ist. Hat er gute Nachrichten mitgebracht?«
»O ja, es ist alles in Ordnung, er ist vollkommen gesund, Olivia! Es geht ihm gut. Er hat gar nicht Epilepsie, und er hat sie nie gehabt.«
»Oh, das ist eine frohe Botschaft.«
»Ja. Wie ein Wunder.«
»Er bedeutet dir viel, nicht wahr?«
»Ja.«
»Und du ihm auch, denke ich.« Antonia nickte strahlend.
»Und habt ihr schon gemeinsame Pläne geschmiedet?«
»Er möchte eine Gärtnerei aufmachen und später vielleicht ein richtiges Gartencenter. Und ich werde ihm dabei helfen. Wir werden den Betrieb gemeinsam aufziehen.«
»Und seine Stelle bei Autogarden?«
»Er wird am Montag wieder zur Arbeit gehen und mit vierwöchiger Frist kündigen. Sie sind sehr fair zu ihm gewesen und er findet, das ist das mindeste, was er tun kann. Ich meine, nicht von heute auf morgen zu kündigen, sondern noch einen Monat dazubleiben.«
»Und dann?«
»Dann wollen wir uns nach etwas umsehen, was wir pachten
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