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Die Muschelsucher

Die Muschelsucher

Titel: Die Muschelsucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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Miss Keeling.« Sie gab sich damit zufrieden. »Wann werden Sie es ihm sagen?«
    »Sobald sich eine passende Gelegenheit dazu ergibt.«
    »Meinen Sie, daß heute abend eine passende Gelegenheit wäre?«
    »Ja, wenn es möglich ist, unter vier Augen mit ihm zu sprechen.« Olivia lächelte. »Sie meinen, sobald Noel und Nancy fort sind?«
    »Es wäre vielleicht besser, bis dann zu warten.«
    »Werden Sie denn nicht zu spät nach Hause kommen?«
    »Wenn ich meine Frau anrufen könnte.«
    »Natürlich. Ich möchte, daß Danus es so schnell wie möglich erfährt, weil er morgen wahrscheinlich wiederkommt, und es könnte eine gezwungene Atmosphäre zwischen uns entstehen, wenn ich es weiß und er nicht.«
    »Ich verstehe vollkommen.«
    Noel kehrte mit dem vollen Eiswürfelbehälter zurück. »Olivia, auf dem Küchentisch liegt eine Nachricht für dich. Danus und Antonia sind auf einen Drink ins Sudeley Arms gegangen. Sie sind gegen halb sieben wieder hier«, sagte er ganz unbefangen. Er sprach ihre Namen zum erstenmal ohne einen giftigen oder gehässigen Unterton aus. Was in Anbetracht der Umstände beruhigend war. Olivia wandte sich an Mr. Enderby. »Können Sie bis dann warten?«
    » Selbstverständlich.«
    »Ich bin Ihnen sehr dankbar. Sie hatten eine Engelsgeduld mit uns.«
    »Das gehört zu meinem Beruf, Miss Keeling. Zu meiner Arbeit.« Nachdem sie einige Zeit oben gewesen war, um sich zu kämmen, ihre Nase zu pudern und sich wieder zu fassen, kam Nancy zu ihnen ins Eßzimmer zurück und erklärte, daß sie nach Hause fahren werde.
    Olivia war überrascht. »Willst du nicht noch wenigstens auf einen Drink hierbleiben?«
    »Nein. Lieber nicht. Ich habe eine lange Fahrt vor mir und möchte keinen Unfall haben. Auf Wiedersehen, Mr. Enderby, und vielen Dank für Ihre Hilfe. Behalten Sie bitte Platz. Auf Wiedersehen, Noel, gute Rückfahrt nach London. Du brauchst nicht mitzukommen, Olivia, ich finde den Weg allein.«
    Trotzdem stellte Olivia ihr Glas hin und brachte ihre Schwester zum Wagen. Der herrliche Frühlingstag neigte sich seinem Ende zu; es war merklich kühler geworden. Der hohe, klare Himmel hatte sich im Westen rosarot verfärbt. Die obersten Zweige der Bäume raschelten in der frischen Brise, und vom Hügel hinter dem Dorf konnte man deutlich das Blöken der Schafe und Lämmer hören.
    Nancy sah sich um. »Was für ein Glück wir mit dem Wetter gehabt haben. Sonst hätte es bestimmt nicht so gut geklappt. Es ist alles gutgegangen, Olivia. Du hast die Sache fabelhaft organisiert.« Sie bemühte sich offenbar, nett zu sein. »Danke«, sagte Olivia. »Eine Menge Arbeit. Das ist mir bewußt.«
    »Ja, da kam einiges auf mich zu. Und ich muß immer noch ein paar Dinge erledigen. Unter anderem der Grabstein. Aber darüber können wir ein andermal sprechen.«
    Nancy stieg in ihren Wagen. »Wann fährst du zurück nach London?«
    »Morgen abend. Ich muß am Montagmorgen in der Redaktion sein.«
    »Ich ruf dich dann an.«
    »Ja, tu das.« Olivia zögerte, und dann fielen ihr wieder ihre guten Vorsätze vom Nachmittag ein. Mama hatte nie eines ihrer Kinder ohne einen Abschiedskuß gehen lassen. Sie beugte sich zum geöffneten Wagenfenster, steckte den Kopf hindurch und küßte Nancy auf die Wange. »Fahr vorsichtig«, ermahnte sie ihre Schwester und fügte dann, plötzlich schuldbewußt, hinzu: »Und grüß George und die Kinder von mir.«
    Als sie wieder ins Haus gegangen war, stellte sie fest, daß die beiden Männer das Eßzimmer verlassen hatten, um sich in das gemütlichere Wohnzimmer zu setzen. Noel hatte die Vorhänge zugezogen und das Feuer angezündet, doch sobald er seinen Whisky ausgetrunken hatte, sah er auf die Uhr, stand auf und sagte, er müsse jetzt heim. Mr. Enderby meinte, das sei vielleicht eine gute Gelegenheit, seine Frau anzurufen, und Olivia zeigte auf das Telefon und begleitete ihren Bruder zur Tür.
    Sie sagte: »Ich habe ein Gefühl, als hätte ich heute den ganzen Tag nichts anderes getan, als Leute zu verabschieden.«
    »Du mußt todmüde sein. Am besten, du gehst früh ins Bett.«
    »Ich glaube, wir sind alle sehr müde. Es war ein langer Tag.« Ihr war plötzlich kalt. Sie verschränkte die Arme, um ein Erschauern zu unterdrücken. »Es tut mir leid, daß es so gelaufen ist, Noel. Es wäre schön gewesen, wenn du die Skizzen bekommen hättest. Du hast weiß Gott genug dafür getan. Aber so wie die Dinge stehen, kannst du nichts unternehmen. Und du mußt zugeben, daß wir drei sehr gut

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