Die Muschelsucher
Es war nicht sehr wahrscheinlich, aber warum hätte er sonst mit ihm reden wollen. Sie hörte Mr. Enderbys Wagen davonfahren. Sie dachte nicht mehr an das Abendessen und lehnte sich, in einer Hand das Messer, in der anderen die Möhre, an das Spülbecken. Sie wartete darauf, daß Danus zurückkam.
»Was wollte er von dir?« fragte sie, als er kaum zur Tür herein war. »Worüber habt ihr gesprochen?«
Danus nahm ihr behutsam das Messer und die Möhre fort, legte beides auf das Abtropfbrett und schloß sie in die Arme. »Ich muß dir was sagen.«
»Was denn?«
»Du brauchst die Ohrringe von Tante Ethel nicht zu verkaufen.«
»Hallo!«
»Mrs. Plackett?«
»Wo sind Sie?«
»Hier oben, in Mamas Zimmer.« Mrs. Plackett stieg die Treppe hinauf. »Sie haben schon angefangen, ja?«
»Nicht wirklich. Ich überlege nur, wie wir es am besten machen. Ich glaube nicht, daß etwas hier wertvoll genug ist, um es zu behalten. Mamas Sachen waren alle so alt und so ausgefallen, daß sich bestimmt niemand findet, der sie haben will. Ich habe ein paar Müllsäcke aus dem Besenschrank geholt. Ich denke, wir stecken einfach alles hinein und stellen sie nach draußen, damit der Müllmann sie mitnimmt.«
»Mrs. Tillingham macht nächsten Monat einen kleinen Basar zugunsten der Orgelkollekte.«
»Oh, wirklich? Dann werde ich die Entscheidung Ihnen überlassen. Hm. Sie könnten vielleicht den Schrank ausräumen, und ich übernehme die Kommode.«
Mrs. Plackett ging an die Arbeit. Sie machte die Schranktüren weit auf, holte einen Armvoll oft getragener und vertrauter Kleidungsstücke nach dem anderen heraus und legte alles aufs Bett. Einige Sachen waren so abgetragen, daß sie richtig schäbig wirkten. Olivia konnte kaum hinsehen. Es kam ihr fast unanständig vor. Sie hatte sich schon vor dieser traurigen Pflicht gefürchtet, und jetzt schien es noch schlimmer zu sein, als sie gedacht hatte. Aber Mrs. Placketts nüchterne Herangehensweise machte ihr Mut, und sie kniete sich hin und öffnete die unterste Schublade. Pullover und Strickjacken, die meisten an den Ellbogen gestopft. Ein weißer Babyschal aus Shetlandwolle, eine marineblaue Jacke, die Mama immer beim Gärtnern angehabt hatte.
Während sie ausräumten und sortierten, fragte Mrs. Plackett unvermittelt: »Was wird eigentlich mit dem Haus?«
»Wir werden einen Makler beauftragen, es zu verkaufen. Mama hat es so gewünscht, und außerdem würde keiner von uns hier wohnen wollen. Aber Antonia und Danus werden fürs erste hier bleiben, die Interessenten herumführen und es in Ordnung halten, bis es verkauft ist. Und dann werden wir uns auch überlegen müssen, was mit den Möbeln werden soll.«
»Antonia und Danus?« Mrs. Plackett nickte heftig vor sich hin und überlegte, was das bedeuten mochte. »Wie schön.«
»Und dann wollen sie sich nach einem Stück Land umsehen, das sie pachten oder kaufen können. Sie möchten zusammen eine Gärtnerei aufmachen.«
»Klingt ganz so, als wollten sie ein Nest bauen«, sagte Mrs. Plackett. »Wo sind sie überhaupt? Ich hab keinen von ihnen gesehen, als ich ins Haus gekommen bin.«
»Sie sind in die Kirche gegangen.«
»Oh, wirklich?«
»Das scheint Sie angenehm zu überraschen, Mrs. Plackett.«
»Es ist immer gut, wenn junge Leute in die Kirche gehen. Kommt heutzutage nicht mehr oft vor. Und ich freue mich, daß sie zusammen bleiben wollen. Ich finde nämlich, daß sie sehr gut zusammenpassen. Sicher, sie sind noch ziemlich jung. Aber sie scheinen keine Flausen im Kopf zu haben. Was ist damit?«
Olivia sah auf. Mamas altes Deckscape. Sie hatte urplötzlich ein Bild vor Augen. Wie Mama und die kleine Antonia am Flughafen von Ibiza eintrafen; Mama hatte das Cape angehabt, und Antonia war losgerannt, um sich in Cosmos Arme zu werfen. Es schien so schrecklich lange her zu sein.
Sie sagte: »Das ist zu gut zum Fortwerfen. Legen Sie es beiseite für den Basar.«
Aber Mrs. Plackett schien nicht recht zu wollen. »Es ist schön dick und warm. Hält bestimmt noch lange Jahre.«
»Dann nehmen Sie es. Darin werden Sie auf dem Rad nicht frieren.«
»Das ist sehr freundlich von Ihnen, Miss Keeling. Vielen Dank.« Sie legte es über einen Stuhl. »Ich werde jedesmal an Ihre Mutter denken, wenn ich es trage.« Die nächste Schublade. Unterwäsche, Nachthemden, wollene Strumpfhosen, Gürtel, Tücher und ein mit tiefroten Pfingstrosen bestickter chinesischer Seidenschal mit dichten Fransen. Und eine schwarze Spitzenmantille.
Der Schrank war
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