Die Muschelsucher
war nur eine Idee. Und ich kann auch alleine fahren.«
»Es ist sehr weit, ich meine, allein im Auto.«
»Ich könnte gut mit dem Zug fahren.«
»Warum fragst du nicht Lalla Friedmann, ob sie mitkommen will. Ich glaube, sie würde Cornwall gern einmal sehen.«
»Lalla. Ich habe gar nicht an sie gedacht. Hm, wir werden sehen.« Damit ließ Penelope das Thema fallen und wandte sich wieder zu Hank. »Aber wir reden und reden, und ich habe Ihnen noch nicht einmal etwas zu trinken angeboten. Was möchten Sie?« Das Essen dauerte lange und war köstlich. Während sie sich den leckeren Lendenbraten schmecken ließen, den Hank geschnitten und vorgelegt hatte, nicht ohne seine Bewunderung dafür auszudrücken, daß er innen genau den richtigen Rosaton aufwies, und Penelope zu dem knackigen Gemüse, der Meerrettichsoße, dem Bratensaft und dem Yorkshire-Pudding gratulierte, bombardierte diese ihren männlichen Gast mit Fragen. Über Amerika, über sein Heim und seine Frau und seine Kinder. Olivia sorgte derweil dafür, daß die Gläser nicht leer wurden. Sie wußte, daß ihre Mutter nicht fragte, weil sie höflich sein und Konversation machen wollte, sondern aus aufrichtigem Interesse. Menschen waren ihre ganze Leidenschaft, vor allem Menschen aus fernen Ländern, die so einnehmend und charmant waren wie Hank.
»Sie leben also in Dalton. In Georgia? Ich kann mir nicht vorstellen, wie Dalton ist. Haben Sie eine Wohnung oder ein Haus mit einem Garten?«
»Ich habe ein Haus mit einem schönen großen Garten.«
»Ich nehme an, in dem Klima kann man praktisch alles pflanzen und anbauen.«
»Ich fürchte, ich weiß nicht sehr viel darüber. Ich lasse all das von einem Gärtner machen. Ich muß gestehen, daß ich nicht mal das Gras selbst mähe.«
»Das ist vernünftig. Nichts, dessen man sich schämen müßte.«
»Und Sie, Mrs. Keeling?«
»Mama hat nie fremde Hilfe gehabt«, antwortete Olivia an Penelopes Stelle. »Alles, was du da draußen siehst, ist ihre eigene Schöpfung. «
Hank schaute zweifelnd. » Das kann ich nicht glauben. Erstens ist es einfach zuviel.«
Penelope lachte. »Sie brauchen nicht so entsetzt auszusehen. Es ist für mich keine lästige Arbeit, sondern ein Vergnügen. Da man aber leider nicht immer so weitermachen kann, habe ich mich um einen Gärtner gekümmert, und übermorgen kommt er zum erstenmal. Ich werde den Tag im Kalender rot anstreichen.« Olivia machte große Augen. »Wirklich? Ist das dein Ernst?«
»Ich habe dir doch gesagt, daß ich mich nach jemandem unsehen will.«
»Ja, aber ich war nicht sicher, daß du es tun würdest.«
»In Pudley gibt es eine gute Gärtnerei. Sie heißt Autogarden, was ich nicht sehr geistreich finde, aber das spielt keine Rolle. Sie werden dreimal die Woche einen jungen Mann herschicken. In dieser Zeit müßte er wenigstens das Umgraben schaffen, und wenn er nett und zugänglich ist, werde ich ihn überreden, noch ein paar andere Dinge zu machen, zum Beispiel Holz zu sägen und Kohlen zu schaufeln. Wir werden sehen, wie es läuft. Wenn sie mir einen faulen Kerl schicken, der nichts vom Gärtnern versteht, oder wenn es mir zu teuer wird, kann ich jederzeit kündigen. Oh, Hank, nehmen Sie doch noch eine Scheibe von dem Braten.«
Das üppige Mahl dauerte bis weit in den Nachmittag. Als sie sich endlich vom Tisch erhoben, war es kurz vor vier Uhr. Olivia traf Anstalten, das Geschirr zu spülen, aber ihre Mutter hinderte sie daran, und sie zogen statt dessen ihren Mantel an und gingen in den Garten, um frische Luft zu schnappen. Sie spazierten herum und ließen sich alles zeigen, und Hank half Penelope, einen Klematiszweig festzubinden, der in eine Richtung wachsen wollte, wo er keinen Halt finden würde, und Olivia fand unter einem der Apfelbäume ein Büschel Winterling und pflückte einen winzigen Strauß für ihr Haus in London.
Als es Zeit wurde, sich zu verabschieden, gab Hank Penelope einen Kuß.
»Ich kann Ihnen nicht genug danken. Es war herrlich bei Ihnen.«
»Sie müssen mich wieder besuchen.«
»Vielleicht. Eines Tages.«
»Wann fliegen sie nach Amerika zurück?«
»Morgen früh.«
»Das war ein kurzer Besuch. Wie schade. Ich habe mich sehr gefreut, Sie kennenzulernen.«
»Ganz meinerseits.«
Er ging zum Auto und öffnete Olivia die Tür. »Auf Wiedersehen, Mama.«
»O Liebling.« Sie umarmten sich. »Noch einmal, es tut mir so leid wegen Cosmo. Du darfst nicht zu traurig sein. Sei dankbar dafür, daß du jene Zeit mit ihm hattest. Nicht
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